Preisverleihungen wie der Deutsche Fernsehpreis stehen vor einem Dilemma: Zum Einen soll das Fernsehen in seiner ganzen Bandbreite und auch mit Blick auf die zahlreichen Gewerke, die an erfolgreichen Produktionen beteiligt sind, gewürdigt werden. Hier muss der Deutsche Fernsehpreis einen anderen Anspruch haben als vorrangig auf die PR-Wirkung bedachte Veranstaltungen. Zum Anderen soll aber trotzdem eine sehenswerte Show herauskommen, die auch ein größeres Publikum zuhause interessiert.
Um diesem Problem zu begegnen, hat der Deutsche Fernsehpreis 2022 erstmals eine Zweiteilung eingeführt: Neben der TV-Gala gibt es seither auch die „Nacht der Kreativen“. In dieser werden bereits die Preise für Regie, Buch, Kamera, Musik, Montage übergeben. Seit 2023 verzichtet man bei dieser explizit auf die Inszenierung als TV-Show, stattdessen gibt es einen entspannten Abend mit einem gesetzten Dinner und ausreichend Zeit für eine Würdigung in hochwertigem Ambiente. Am zweiten Fernsehpreis-Abend lag in den vergangenen Jahren der Fokus dafür um so stärker auf der TV-Gala, während am Drumherum sichtlich gespart wurde. Und so drängte man sich danach in einem abgesperrten Teilbereich, um sich nach den teils arg länglichen Verleihungen eine Stärkung und ein Getränk zu organisieren.
Das wirkte auch im Vergleich zum Abend zuvor nicht allzu wertschätzend – und es trug der Tatsache nicht Rechnung, dass eine Veranstaltung wie der Fernsehpreis stets auch den Charakter eines Branchentreffs hat. Dass in diesem Jahr ungewöhnlich viele Nominierte dem Fernsehpreis-Abend fern blieben, dürfte auch damit zu tun haben und gab auch nach außen kein gutes Bild ab. Wer soll sich für eine Verleihung interessieren, die selbst vielen Nominierten keine Anreise wert ist? Von einem Must-Attend-Event entfernte sich der Fernsehpreis nach und nach.
Dabei haben die Fernbleibenden diesmal einiges verpasst, weil unter TV-Chef Arnim Butzen, der für die Telekom den Vorsitz der Stifter übernommen hatte, und Dorothea Jacob, die für die Telekom im Beirat sitzt, vieles richtig gemacht wurde. Als die Deutsche Telekom 2020 neu in den Stifterkreis kam, wurde gerätselt: Wie würde es wohl werden, wenn die Verantwortung für den Fernsehpreis erstmals nicht mehr bei einer der Sendergruppen, sondern bei der Telekom liegen würde? Ist der Abend dann nur noch im Stream von Magenta TV zu sehen? Und wie ernst würde die Telekom den Abend überhaupt nehmen?
Als Fazit lässt sich sagen: Etwas Besseres hätte dem Deutschen Fernsehpreis kaum passieren können, weil man eigene Stärken und eigene Schwächen richtig erkannte. Das begann schon mit der Entscheidung, die Hoheit über die TV-Show lieber jenen zu überlassen, die damit mehr Erfahrung haben – in diesem Fall dem ZDF. Dafür brachte man als unabhängige Plattform die kluge Idee ein, die nominierten Produktionen erstmals auf einer Seite der Telekom gebündelt anzubieten. Damit konnte man dem interessierten Publikum überhaupt erstmal gezielt vor Augen führen, was die Jury denn für potenziell auszeichnungswürdig befunden hatte.
Vor allem aber ist die Telekom durchaus geübt darin, große Events zu organisieren – und ganz wichtig: Sie hat auch das nötige Kleingeld dafür und war bereit, zusätzliches Budget locker zu machen, um die Veranstaltung vor Ort erheblich aufzuwerten. Weil dadurch endlich wieder wie in früheren Jahren die gesamte Mall des Coloneums bespielt werden konnte, fand man sich schon nach dem Gang über den Roten Teppich und vor dem Wechsel ins Studio in feierlich geschmücktem Ambiente statt der kahlen Umgebung der Mall wieder, um dort ein Gläschen zu trinken und zu plauschen.
Auf der Aftershow-Party fanden sich Preisträgerinnen und Preisträger dann nicht wie in den letzten Jahren mit allen anderen Gästen im dichten Gedränge vor wenigen Streetfood-Ständen wieder. Stattdessen gab es viel Platz für Networking und Gespräche, besseres Essen und eine deutlich größere Auswahl an Kaltgetränken. Eine Live-Band sorgte für Stimmung und dafür, dass auch die Tanzfläche nicht lange leer blieb. Und die Strategie, auch die anderen Stifter und Partner des Fernsehpreises mit einzubinden und sie dort mit eigenen Ständen auftauchen zu lassen, tat ihr Übriges zu dem gelungenen Eindruck, den der Abend hinterließ.
Kurz gesagt: Arnim Butzen und Dorothea Jacob brachten den Glamour zurück zum Deutschen Fernsehpreis. Wenn sich jetzt noch herumspricht, dass sich die Reise nach Köln auch mit Blick darauf wieder lohnt, wird die Abwesenheitsrate künftig vielleicht auch wieder geringer. Klar: Die Sparzwänge werden in den nächsten Jahren kaum geringer werden. Doch wer die Besten der Branche einmal im Jahr ehren und feiern will, ist gut beraten, diesen eingeschlagenen Weg auch in Zukunft weiter zu beschreiten.

von 






