Als Oliver Berben im März 2024 den Staffelstab an der Konzernspitze vom langjährigen Vorgänger Martin Moszkowicz übernahm, war die wirtschaftliche Verfassung der Constantin Film nicht die beste. Fürs Vorjahr mussten die Münchner knapp hundert Millionen Euro Umsatzeinbruch vermelden, das Nachsteuerergebnis rutschte in die roten Zahlen. Nicht wenige Branchenbeobachter fragten sich damals, ob das Traditionsunternehmen angesichts der allgemein trüben Lage von Kino und Fernsehen überhaupt wieder an alten Glanz anknüpfen könne.
20 Monate später lautet die Antwort: Es kann. Gegen den Markttrend befindet sich die Constantin in einem deutlichen Aufwärtskurs. Mit rund 200 Millionen Euro Umsatz in den ersten neun Monaten wird der Vorjahreszeitraum um etwa ein Drittel übertroffen. Das liegt auch – aber nicht nur – am "Kanu des Manitu", das den deutschen Kinofilm dieses Jahr quasi im Alleingang hochhält. Auch sonst steuert Berben seine Gruppe geschickt in die richtige Richtung – mit Nachdruck, aber ohne Getöse.
"Seit knapp zwei Jahren hat die Constantin mit Oliver Berben einen neuen Chef", antwortete Michael "Bully" Herbig auf die Frage der "Süddeutschen Zeitung", was den Anstoß zum "Manitu"-Sequel geliefert habe. "Wir haben uns getroffen und ausgetauscht, wie man mal wieder zusammenkommen könnte." Nachdem man bereits über die Constantin-Entertainment-Produktion "LOL" verbunden war, arrangierte der Neu-CEO auch Bullys filmische Rückkehr zur Constantin nach 15 Jahren Pause. Das Resultat: bis dato über fünf Millionen Kinobesucher und über 50 Millionen Euro Einspielergebnis – ein starker Vorsprung gegenüber Warners "Minecraft Movie" und Disneys "Lilo & Stitch". "Das Kanu des Manitu" allein erlöst an den Kinokassen fast genauso viel wie die übrigen 17 Filme zusammen, die Constantin seit Jahresbeginn herausgebracht hat.
Jenseits der großen Leinwand baut Berben die Präsenz des Konzerns auf sämtlichen Plattformen weiter aus – ein mühsames, aber notwendiges Unterfangen, das ohne eine gewisse Masse nicht funktioniert. Anfang Dezember wurde bekannt, dass Constantin neben dem Lokalrivalen Leonine Studios einer von zwei exklusiven Content-Partnern zum Deutschland-Start des Streaming-Dienstes HBO Max ist. Alle nationalen und internationalen Kinofilme, die Constantin produziert oder ankauft, werden zehn Monate nach Kinostart auf der Plattform von Warner Bros. Discovery abrufbar sein, ebenso wie der bestehende Filmkatalog der Constantin. Man darf davon ausgehen, dass Warner mehr für den Deal zahlt als Netflix, wo das Pay-One-Auswertungsfenster in den vergangenen zwei Jahren lag. Berben hatte das Timing – kurz vor der geplanten Warner-Übernahme durch Netflix – klar auf seiner Seite.
Mit dem Streaming-Marktführer bleibt man ohnehin im Geschäft, wenn es um lokale Eigenproduktionen geht. Immerhin haben Constantin-Töchter mehrere der meistgestreamten deutschen Serien der vergangenen zwei Jahre geliefert: "Kaulitz & Kaulitz" von Constantin Entertainment, "Achtsam Morden" von Moovie, "Cassandra" von Rat Pack und "Liebes Kind" von der früheren Constantin Television, die im Frühjahr mit der Constantin Film Produktion verschmolzen wurde. Die ersten beiden gehen 2026 mit neuen Staffeln weiter, das "Liebes Kind"-Team steckt mit "Die Falle" in der Postproduktion der nächsten Psychothriller-Verfilmung. Die deutsche Erstauswertung der internationalen Koproduktion "Smillas Gespür für Schnee", die Netflix nicht mehr haben wollte, konnte Berben ersatzweise bei MagentaTV unterbringen, ehe sie Ende 2026 in der ARD läuft.
Der Produzent aus Leidenschaft, der inzwischen den ganzen Konzern führt, liegt auf Kurs, seine eigene Umsatzprognose fürs laufende Geschäftsjahr einzuhalten. Einen Korridor zwischen 300 und 330 Millionen Euro hatten Berben und seine Vorstandskollegen Martin Bachmann und Hanns Beese in Aussicht gestellt. Das wären zwischen 15 und 27 Prozent mehr als im Vorjahr – und das erste Mal seit 2022, dass vorn wieder eine 3 stünde. Noch ist das Jahr nicht vorbei: Hohe Erwartungen liegen auf dem Blockbuster-Sequel "Der Medicus II", produziert von Wolf Bauer mit Zeitsprung Pictures, das Constantin am ersten Weihnachtstag in die Kinos bringt.

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