Vor allem „Kommissarin Lund“ hat in Großbritannien einen regelrechten Hype ausgelöst. Hauptdarstellerin Sofie Gråbøl wurde Ende letzten Jahres für einen Gastauftritt in der populären britischen Sitcom „Absolutely Fabulous“ engagiert – als Kommissarin Lund in einer Traumsequenz. Sogar Prinz Charles und seine Frau Camilla haben sich als Fans der Serie geoutet – und während einer Skandinavien-Reise im März einen Setbesuch bei den Dreharbeiten zur dritten Staffel eingelegt. Die Tatsache, dass die Serien im Originalton mit Untertiteln ausgestrahlt werden, scheint die Briten nicht zu stören. Ganz im Gegenteil: Es wird offenbar als Herausforderung begriffen. Zu „Inspector Montalbano“ bietet die BBC jedenfalls sogar einen begleitenden Italienisch-Kurs im Internet an.

Die europäischen Serien-Importe sind aber nicht nur für die Einschaltquoten und das Profil von BBC Four gut. Sie wirken auch umgekehrt auf die Serien selbst – und vor allem ihren Erfolg auf dem Weltmarkt zurück. Die Tatsache, dass Lund und Konsorten auf dem hart umkämpften britischen Fernsehmarkt eine solche Wirkung erzielt und im Zuschauererfolg zum Teil sogar mit US-Produktionen gleichgezogen haben, wird international schließlich sehr genau registriert. „Engrenages“-Produzent Alain Clert würdigte deshalb am Rande einer Präsentation auf dem diesjährigen Festival Großes Fernsehen in Köln ausdrücklich die Rolle, welche die BBC dabei gespielt habe, dass die französische Serie in mittlerweile 70 Länder verkauft worden ist. Erst kürzlich ist bekannt geworden, dass die US-amerikanische Online-Videothek Netflix „Engrenages“ als erste nicht-englischsprachige Serie für ihr Portfolio erworben hat. Unter der Ägide von BBC Worldwide wird außerdem aktuell eine US-Adaption der Serie entwickelt.

Für nicht-englischsprachige Serien wird Großbritannien damit mehr und mehr zu einem wichtigen Testfall und Türöffner: Wer es hier schafft, ausgestrahlt zu werden und beim Publikum anzukommen, der hat auch sehr gute Chancen, in anderen Teilen der anglophonen Welt wahrgenommen zu werden.

Deutsche Serien sind dabei allerdings bislang außen vor geblieben. Selbst während eines Programmschwerpunkts, den BBC Four vor ein paar Jahren auf Deutschland gelegt hat, fand die deutsche Serie keine Beachtung. Möglicherweise haben die Briten immer noch nicht das Trauma überwunden, das ihnen die „Black Forest Clinic“ bereitet hat, welche Anfang 1988 auf Channel 4 gezeigt worden ist – und laut The Telegraph die Zuschauer „in Scharen zum Abschalten bewegt hat“. In aller Fairness muss man allerdings sagen, dass „Die Schwarzwaldklinik“ auch eine der letzten ausländischen Serien gewesen ist, die man in Großbritannien synchronisiert gesendet hat. Einen Eindruck davon, wie das geklungen hat, kann man sich in folgender Programmankündigung von Channel 4 aus der damaligen Zeit verschaffen (ab 1:28). Der Misserfolg der „Black Forest Clinic“ kann also sehr wohl auch mit der abnehmenden Akzeptanz der Synchronisation beim britischen Publikum zusammenhängen.

Seit dieser Zeit hat kaum eine deutsche Serie den Weg über den Ärmelkanal gefunden. Zu den großen Herausforderungen hiesiger Sender und Produzenten wird es deshalb gehören, ob sie in der Lage sein werden, das zu ändern – und zur Riege der europäischen Qualitätsserien aufzuschließen, die über Großbritannien ein Sprungbrett zur weltweiten Beachtung gefunden haben. Die Voraussetzungen auf britischer Seite sind dafür auf jeden Fall vorhanden: Das Publikum zieht zwar eigene Serien vor, ist Produktionen aus dem Ausland gegenüber aber sehr wohl aufgeschlossen – und dabei keineswegs nur auf US-Serien fixiert. There you go.