Für die nötige Prise Humor zwischen Laudatoren, Dankesreden und Showeinlagen soll am Sonntagabend Comedian Andy Samberg sorgen, der Nominierte und Zuschauer durch den Abend navigiert. Obwohl im Gegensatz zum letzten Jahr bei den 67. Primetime Emmy Awards in der Kategorie "Beste Comedy-Serie" nicht nur sechs, sondern gar sieben Teilnehmer um die Wette lachen, wurde "Brooklyn Nine-Nine" mit dem Gastgeber in der Hauptrolle auch in diesem Jahr wieder nicht von den über 20.000 Mitgliedern der TV-Academy in diesem Bereich bedacht. Stattdessen nominiert sind andere Neuzugänge, Wiederkehrer und Alt-Bekannte.

Würde man Barney Stinson aus der bereits zu Ende erzählten Comedy-Serie "How I Met Your Mother" bei der Frage nach dem Frischegrad zu Rate ziehen, wäre die Antwort wohl "Neu ist immer besser" und der Kreis der potentiellen Sieger würde sich weiter minimieren. Mit hohen Siegeschancen zu finden wäre da vor allem die Amazon-Serie "Transparent". Nicht nur, dass der Golden Globe in der Kategorie "Beste Serie - Comedy/Musical" an diese Produktion ging und Jeffrey Tambor mit einer Auszeichung im Bereich "Bester Serien-Hauptdarsteller - Komödie/Musical" bedacht wurde, sie war mit drei Auszeichnungen bereits bei den letzten Sonntag verliehenen Creative Arts Emmys erfolgreich. Zur Duftmarke der Golden Globes und Creative Arts Emmys gesellt sich zudem der Fakt, dass der Neueinstieg der Serie direkt in Begleitung einer zweistelligen Nominierungszahl erfolgte. Auf elf Nominierungen bringt es die wohl am besten als Dramedy zu klassifizierende Serie, womit sie den Highscore unter allen sieben Nominierten aufstellt.

Analog zu den Golden Globes steht Jeffrey Tabmbor auch bei den Emmys auf dem Nominierungszettel als "Bester Hauptdarsteller in einer Comedy-Serie". Sollte dieser die Kategorie für sich entscheiden wäre der mittlerweile siebenfach Nominierte mit 71 Jahren zugleich der älteste Sieger in der Geschichte der besten Protagonisten in diesem Segment. Und auch Gaby Hoffmann ist nominiert und zwar als "Beste Nebendarstellerin". Nominiert war sie zudem für den besten Gastpart in der HBO-Comedy-Serie "Girls". Siegreich war in dieser Kategorie jedoch Joan Cusack für ihren Handlungsbogen in der Showtime-Serie "Shameless".

Doch nochmals kurz zurück zu "Transparent", dem direkt hoch ins Klassement eingestiegenen Neuzugang: Das übergreifende Thema der Serie bringt Mort Pfefferman, Professor der Politikwissenschaft, bereits in der ersten Folge gegenüber einer seiner Töchter in einem Satz auf den Punkt: "My whole life I've been dressing up like a man". Dieser entschließt sich nämlich in hohem Alter zu einem Outing und einem nicht mehr nur heimlichen Leben als Maura Pfefferman. Für ihr Umfeld ergeben sich aus dem Statement zur Transsexualität viele Fragen. Allen voran für seine drei Kinder und Ex-Frau Judith: Familiäre Strukturen müssen neu verhandelt, andere Verknüpfungspunkte geschaffen und alternative Lebensstile akzeptiert werden.

Ähnlich und doch wieder ganz anders verhält es sich mit einer ebenfalls nominierten Serie, die das Thema Familie bereits im Titel als noch stärkere Klammer aufweist. "Modern Family", das Gegenstück des Neuzugangs, um nicht zu sagen der Senior in diesem Bereich, könnte in diesem Jahr einen neuen Rekord aufstellen. Erst im letzten Jahr zog die Familien-Comedy durch den fünften Sieg mit "Frasier" gleich. Ein weiterer Sieg würde einen alleinigen Eintrag in den Geschichtsbüchern sichern, denn bislang konnte noch keine Comedy-Serie insgesamt sechs Siege auf dem eigenen Konto verbuchen. Apropos sechs: die ABC-Serie bringt es in diesem Jahr gerade einmal auf sechs Nominierungen. Unter anderem mit dabei sind Vorjahressieger Ty Burrell und Julie Bowen im Bereich der besten NebendarstellerInnen. Seit dem ersten Jahr der Teilnahme war der Nominierungswert immer zweistellig. Eine der großen Fragen des Abends wird also sein, ob der erfahrene Mockumentary-Klassiker trotz sinkender Tendenz der neuen, mit den meisten Nominierungen bedachten Serie "Transparent" Paroli bieten kann. Entgegenhalten könnte man "Transparent"-Euphorikern und Golden-Globe-Apologeten, dass beispielsweise die Telenovela-Adaption "Jane the Virgin" zwar bei der ersten Preisverleihung des Jahres mit einem Sieg für Gina Rodriguez erfolgreich war, diese jedoch bei den Emmys verschmäht wurde. Die Golden Globes sind also bekanntlich nur sehr begrenzt ein Gradmesser für Emmy-Erfolge.

Fernab dieser Frage, drängen sich auch noch andere Siegeswillige im Bereich des Zwerchfells herum. Bereits letztes Jahr Erfahrung sammeln konnte diesbezüglich die HBO-Serie "Silicon Valley". Damals musste sie noch mit Chuck Lorres "The Big Bang Theory" konkurrieren, das jedoch dieses Jahr aus den Rängen fiel. Beide Serien fokussieren eine Gruppe männlicher Freunde mit überdurchschnittlichem IQ, allumfassenden mathematisch-naturwissenschaftlichen Interessen bei gleichzeitiger sozialer Schwäche im Alltag. Und doch könnte man "Silicon Valley" eher als Anti-Big-Bang-Theory bezeichnen. Wie hoch der Stellenwert der Serie - die im Gegensatz zur CBS-Serie weniger auf Pointen im Minutentakt abzielt - mittlerweile ist, dürfte sich in der schriftlichen Ankündigung zur Umstrukturierung des Weltkonzerns Google mit Alphabet als neue Muttergesellschaft gezeigt haben. Dort versteckte Google-Mitbegründer Larry Page einen Insider-Gag, der sich auf "Silicon Valley" bezog. Es könnten also mehr als nur Außenseiterchancen vorhanden sein. Ins Rennen geht die Serie mit einem noch höheren Wert als im Vorjahr: statt fünf stehen insgesamt sieben Nominierungen hinter "Silicon Valley".

Und dann wäre da ja noch "Veep". Noch nie konnte die HBO-Serie hier als Siegerin hervorgehen - obwohl sie seit 2012 das vierte Jahr in Folge nominiert ist und daher zu den Alt-Bekannten gehört. Es gibt aber ein großes "Trostpflaster": In der Julia Louis-Dreyfus, das Ex-"Seinfeld"-Ensemblemitglied, konnte bislang in jedem Jahr für ihre Rolle der Vizepräsidentin, beziehungsweise Präsidentin der Vereinigten Staaten, eine Gold-Dame mit nach Hause nehmen. Wie bereits im letzten Jahr wurden "Veep" auch in 2015 wieder neun Nominierungen spendiert. Eine Chance, seinen Titel im Bereich "Bester Nebendarsteller" zu verteidigen, hat dabei auch wieder Tony Hall. Des Weiteren ist Anna Chlumsky in der gleichen Kategorie weiblicher Prägung als Kandidatin für "Veep" vertreten. Sollte Louis-Dreyfus' Name auch in diesem Jahr wieder auf der Bühne verlesen werden, hätte sie zusammen mit den vier Emmys für ihre Darstellung als Selena Meyer und dem Preis für "The New Adventures Of Old Christine" im Jahre 2006 in dieser Kategorie übrigens so viele Preise gewonnen wie Mary Tyler Moore und Candice Bergen.

Gegen die Titelverteidigung in Serie haben aber auch noch fünf andere etwas: Edie Falco, die das sechste Mal in Folge für "Nurse Jackie" (Showtime) nominiert ist und die Kategorie vor fünf Jahren für sich entscheiden konnte, Lisa Kudrow, für ihr Comeback in "The Comeback" (HBO), Lily Tomlin für "Grace And Frankie" (Netflix) und die gerade auf der großen Leinwand durch den Film "Dating Queen" stolpernde Amy Schumer für "Inside Amy Schumer" (Comedy Central). Das Feld komplettiert Amy Poehler, die wie Edie Falco bereits das sechste Mal in Folge für ihre Rolle in "Parks And Recreation" nominiert ist, aber noch nie einen Emmy nach Hause eskortieren durfte.

Dies ist zugleich Poehlers letzte Chance auf einen Emmy für ihre Rolle als Leslie Knope. Im Vergleich zu Louis-Dreyfus' Rolle der Selena Meyer in "Veep", war der Gedanke von Poehlers Leslie Knope einmal Präsidentin der USA zu werden jedoch ungefähr so realistisch wie die Chance, dass Präsident Frank Underwood in "House Of Cards" irgendwas aus Nächstenliebe statt aus Machtgier macht. Zur Präsidentin hat es für Knope in "Parks And Reacreation" nicht gereicht, allerdings hat die finale siebte Staffel nochmals die Möglichkeit auf einen Emmy. Als Wiederkehrer mit im Feld ist die Mockumentary, die im fiktiven Staat Pawnee in Indiana spielt und nach 13 Folgen im Februar zu Ende gebracht wurde. Bereits 2011 durfte sich "Parks And Recreation" in dieser Kategorie wiederfinden - gereicht hat es in all den Jahren jedoch nicht für einen einzigen Emmy, auch wenn in allen Kategorien über die Jahre bislang 14 Nominierungen aufgelaufen sind.

Ein ähnlich hohes Frustpotential nach Ende der Veranstaltung dürfte in der Vergangenheit ebenfalls bei den Beteiligten an der FX-Serie "Louie" geherrscht haben. Auch wenn Vielseitigkeitstalent Louis C.K. immerhin das eine oder andere Mal mit einem Emmy für das beste Drehbuch ausgezeichnet wurde, für einen Preis in den beiden Königskategorien "Beste Comedy-Serie" und "Bester Hauptdarsteller in einer Comedy-Serie" hat es für die Serie mit der atypischen Erzählform nie gereicht. Ähnlich wie im Jahr 2012 legt C.K. nach der diesen Frühling ausgestrahlten fünften Staffel wieder eine längere Pause ein - die Rückkehr mit einer sechsten Staffel ist in Manier von "Curb Your Enthusiasm" auf unbestimmte verschoben, weswegen ein Sieg in diesem Jahr das erneut vorläufige Ende nochmals abrunden würde. Erneut im Startblock Platz nimmt C.K. auch wieder in der Darsteller-Kategorie, bei der er neben dem bereits erwähnten Jeffrey Tambor gegen folgende Kandidaten antreten darf: Don Cheadle, der bereits das vierte Jahr in Folge für die Serie "House Of Lies" (Showtime) eine Nominierung erhalten hat, Matt LeBlanc, der wie Cheadle bereits vier Mal die Chance für seine Rolle in "Episodes" (Showtime) hatte, aber keinen Preis entgegennehmen durfte, oder auch William H. Macy für seine Rolle als gewöhnungsbedürftiger Patriarch in der Serie "Shameless" (Showtime). Neben drei Protagonisten aus Showtime-Serien wird das Feld von Anthony Anderson für seine Leistung in "Black-ish" (ABC) und Will Forte für seine Darstellung in "The Last Man On Earth" (Fox) vervollständigt. Im Gegensatz zur Frauen-Kategorie kann eine Titelverteidigung hier allerdings schon per se ausgeschlossen werden: Jim Parsons, Vorjahressieger und vierfacher Emmypreisträger für seine Rolle als Sheldon Cooper, ist zum Zuschauen verdammt und muss den Preis bei der 67. Runde der Emmys einem anderen Herren überlassen.

Ebenfalls nicht dabei ist in diesem Jahr der Vorjahreshit "Orange Is The New Black" in der Kategorie "Beste Comedy-Serie". Diese findet sich aufgrund einer Regeländerung in diesem Jahr nämlich zwischen "Mad Men", "House Of Cards" und Co. in der Kategorie "Beste Drama-Serie" wieder. Ein "The Big Bang Theory" und "Orange Is The New Black" weniger, bedeutet wiederum Platz für eine andere Serie, die es als weiterer Neuzugang in diese Klasse geschafft hat. Die Tina-Fey-Produktion "Unbreakable Kimmy Schmidt" (Netflix) greift in gewisser Weise das Hauptthema des Films "Eve und der letzte Gentleman" aus dem Jahr 1999 auf und färbt dieses mit einem absurd-grotesken Humor und anders gelagerten Handlungssträngen ein. In einer dreizehn Folgen umfassenden Premierenstaffel kann man Kimmy Schmidt bei ihrem Ausbruch aus dem Bunker, dem neuen Leben in einer Zweier-WG in New York oder ihrem neuen Job als Kindermädchen bei der reichen Jaqueline Voorhes (Jane Krakowski) begleiten. Prinzipiell sieben Siege hätte es für die Netflix-Serie geben können, die einst für NBC entwickelt wurde. Weder Tina Fey, noch Jon Hamm konnten jedoch den Emmy für den besten Gastpart letzten Sonntag gewinnen, denn neben Joan Cusack war Bradley Whitford für "Transparent" erfolgreich. Auf eine Auszeichnung bei den Primetime Emmys hoffen können aber noch Tituss Burgess als bester Nebendarsteller oder Jane Krakowski als beste Nebendarstellerin. Im Abseits steht im Gegensatz dazu Ellie Kemper, die für ihre Rolle als Kimmy Schmidt leer ausgehen wird. Aber damit hat sie ja immerhin etwas mit dem Gastgeber des Abends gemein...