Die Briten und die Emmys - eine komplizierte Beziehung? So schien es in den vergangenen Jahren häufig. Produktionen mit britischem Ursprung oder größerem britischen Anteil schaffen es zwar schon immer häufig auf die Nominierungslisten, mit Auszeichnungen taten sich die - weit überwiegend amerikanischen - Academy-Mitglieder aber schwer. Davon war in diesem Jahr gar nichts zu spüren, ganz im Gegenteil: So britisch wie in diesem Jahr waren die Emmys noch nie - ob "Chernobyl", "Fleabag", "Bandersnatch", "A Very English Scandal", John Oliver oder "Killing Eve.

Doch der Reihe nach: Zum Start in den Abend setzte Amazon Prime Video seinen großartigen Lauf im Comedy-Bereich fort. Im vergangenen Jahr war es "The Marvelous Mrs. Maisel", die mit fünf Auszeichnungen bei fünf Nominierungen den Abend in dieser Kategorie dominierte, in diesem Jahr gesellte sich zu "Maisel", das zwei Preise für Tony Shalhoub und Alex Borstein in den Nebenrollen-Kategorien erhielt, auch noch "Fleabag" hinzu. Phoebe Waller-Bridge avancierte dabei zum Star des Abends in Sachen Comedy und konnte gleich zwei Emmys persönlich mit nach Hause nehmen - sowohl als Autorin als auch als Hauptdarstellerin. Und auch für die Regie gab's noch einen Preis für "Fleabag". Vier Emmys - so viele sollte keine andere Produktion an diesem Abend gewinnen.

Abseits vom Amazon-Triumph konnte einzig und allein Bill Hader für die HBO-Comedy "Barry" einen der Preise als Bester Hauptdarsteller entführen. In dieser Kategorie war Amazon aber auch gar nicht nominiert. Eine herbe Enttäuschung war der Abend im Umkehrschluss für die Macher von "Veep" - die Comedy von und mit Julia Louis-Dreyfus war in der Vergangenheit drei Mal als beste Comedy-Serie ausgezeichnet wurde - doch die erwarteten Farewell-Preise für die finale Staffel blieben nun komplett aus, nachdem die Serie ja auch bereits bei den Creative Arts Emmys in der vergangenen Woche leer ausgegangen war.

Game of Thrones

Das Team von "Game of Thrones" gewann den finalen Emmy des Abends (Foto: Television Academy)

Dieses Schicksal blieb "Game of Thrones" an diesem Abend erspart. Es wurde zwar nicht der ganz große Triumphzug, den manche erwartet hatten, auch der Rekord für die meistausgezeichnete Serie, wurde nicht erreicht. Aber "Game of Thrones" setzte sich zum Abschied standesgemäß nochmal in der Königskategorie "Beste Drama-Serie" gegen die Konkurrenz durch. Der zweite "Thrones"-Preis des Abends ging an Peter Dinklage für die beste Nebenrolle in einer Drama-Serie. Bei den Frauen im Nebenrollen-Fach hatten sich hingegen gleich vier Nominierte aus "Game of Thrones" wohl nicht zuletzt gegenseitig die Stimmen weggenommen - und so den Weg für Julia Garner aus "Ozark" frei gemacht. Jason Bateman holte zudem noch einen zweiten Preis für die Netflix-Serie - allerdings nicht als Hauptdarsteller, sondern für seine Regie-Arbeit.

Als beste Schauspielerin in einer Hauptrolle ausgezeichnet wurde Jodie Comer für ihre Rolle der Auftragskillerin Villanelle in der - und hier sind die Briten wieder - BBC-America-Serie "Killing Eve". Fürs Fernsehen umgesetzt wurde die Serie übrigens in Staffel 1 von der im Comedy-Fach an diesem Abend so vielfach ausgezeichneten Phoebe Waller-Bridge, die sich zur zweiten Staffel allerdings etwas zurückgezogen hatte. Der Preis für die beste männliche Hauptrolle ging unterdessen an Billy Porter aus der FX-Produktion "Pose". Allgemein gab's im Drama-Bereich damals diesmal ein sehr breites Feld an Gewinnern, zu denen an diesem Abend auch noch die HBO-Serie "Succession" zählte, die fürs Drehbuch ausgezeichnet wurde.

Chernobyl

Gleich drei Preise gab's für "Chernobyl" (Foto: Television Academy)

Auch bei den Limited Series war die dominierende Produktion in diesem Jahr eine mit großem britischen Anteil: "Chernobyl". Hier hatten HBO und Sky zusammengearbeitet. Die bedrückende Serie über das Reaktorunglück und die Folgen wurde nicht nur als Beste Limited Series ausgezeichnet, auch in der Regie- und Autoren-Kategorie ging "Chernobyl" als Sieger hervor. Die im Vorfeld so hoch gehandelte Netflix-Produktion "When they see us", die sich der Rassenproblematik widmete, musste sich letztlich mit einem einzigen Preis zufrieden geben - der ging allerdings höchst verdient an den erst 22-jährigen Jharrel Jerome als bestem Hauptdarsteller. Er war es auch, der bei der Verkündung des Preisträgers wohl den frenetischsten Applaus des Abends bekam.

Michelle Williams bekam dafür nach ihrer Dankesrede sogar Standing Ovations aus dem Publikum. Sie nutzte die Auszeichnung für die beste weibliche Hauptrolle in einer Limited Series, dafür, um auf die Equal-Pay-Problematik aufmerksam zu machen. Ihr Fall war es auch, der im Jahr zuvor schon für heftige Diskussionen über die ungleiche Bezahlung geführt hatte. Für Re-Shootings eines Films hatte sie damals 10.000 Dollar bekommen. Ihr Kollege Mark Wahlberg hatte für die gleiche Arbeit 1,5 Millionen erhalten. "Das nächste Mal, wenn eine Frau euch sagt, was sie braucht, um ihren Job zu machen, hört auf sie. Glaubt ihr, denn eines Tages könnte sie vor euch stehen und danke sagen, dass du ermöglicht hast, dass sie wegen ihrer Arbeitsumgebung erfolgreich war - und nicht trotzdem" - sagte sie und verließ die Bühne.

Michelle Williams

Michelle Williams gewinnt den Emmy für ihre Hauptrolle in "Fosse/Verdon" (Foto: Michelle Williams)

Als beste Competition-Show setzte sich wie im vergangenen Jahr "RuPaul's Drag Race" durch, nachdem in der vergangenen Woche RuPaul auch schon als bester Host ausgezeichnet worden war. Keine Überraschung gab's im Variety-Bereich: John Olivers "Last Week Tonight" wurde wieder als beste Variety Talk Series ausgezeichnet, der Preis für die beste Sketch-Show ging an "Saturday Night Live". Die zwei Preise für den NBC-Klassiker waren übrigens auch die einzigen, die an diesem Abend an Network-Produktionen gingen.

Im Sender/Plattform-Ranking setzte sich ansonsten HBO mit neun Auszeichnungen an die Spitze, inklusive der Creativ Arts Emmys bringt es HBO damit in diesem Jahr auf satte 34 Preise. Amazon brachte es vor allem dank der herausragenden Performance im Comedy-Bereich auf sieben Emmys in der TV-Gala - gemeinsam mit den acht aus den Creative-Arts-Emmys bringt Amazon es also auf 15 Preise. Netflix tat sich wie auch in den Vorjahren in den großen Kategorien eher schwer. Zu den 23 Creative-Arts-Preisen kamen nur vier weitere hinzu. Zwei Preise gab's am Emmy-Abend für FX, jeweils einer für Hulu (hier setze sich Patricia Arquette für die Serie "The Pact" durch), VH1 und BBC America.

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Ach ja: Wie hat sich nun der Verzicht auf einen festen Moderator auf die Show ausgewirkt? Das fiel - außer Jimmy Kimmel und Stephen Colbert, die sich als Presenter bitterlich beschwerten, dass ihr Job einfach wegrationalisiert wurde - nicht negativ auf, allerdings auch nicht positiv. Die paar eingesparten Minuten nutzte man, um "Game of Thrones" und "Veep" einen Abschiedsauftritt zu geben - im letzten Fall war er aufgrund der fehlenden Auszeichnungen dann ja auch bitter nötig, damit die Serie nicht völlig sang- und klanglos abtritt. Die Presenter der einzelnen Kategorien hatten hingegen kaum Zeit, mehr Worte über die Nominierten zu verlieren - aufgrund der Vielzahl der Kategorien bleibt es eine ziemlich straffe Veranstaltung. Dafür erstaunte die schiere Anzahl an Stars, die man als Presenter über die Bühne schickte - was darin gipfelte, dass zwischenzeitlich Presenter nur dazu da waren, einen anderen Presenter anzukündigen.

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