Wenn über nachhaltiges Produzieren und grünes Drehen gesprochen wird, sollte man in jedem Fall auch ein Blick auf die Filmförderungsanstalten haben. Diese sind es nämlich, die das Thema nun schon seit einiger Zeit ganz besonders forcieren und Produktionsfirmen und Sendern damit ganz konkrete Anreize geben, um bestimmte Maßnahmen umzusetzen. 2017 war dabei ein wichtiges Jahr für die Anstalten. Ganz vorne mit dabei ist die Filmförderung Hamburg/Schleswig-Holstein (FFHSH), die sich mit ihrem Grünen Drehpass aber nun schon seit rund sechs Jahren für umweltbewusstes Drehen einsetzt.

Diesen Pass vergibt die FFHSH an solche Produktionen in Norddeutschland, die sich in bestimmten Punkten dazu verpflichten, grün zu produzieren. Um den Pass zu erhalten, müssen die Produzenten in vier von sechs Handlungsfeldern den Energieverbrauch senken und andere Maßnahmen umsetzen. Das reicht von der Ausstattung (Reduzierung von Elektromüll) bis hin zum umweltgerechten Catering sowie der Bildung von Fahrgemeinschaften. Die Initiatoren bei der FFHSH betonen, dass der Grüne Drehpass Spaß machen und nicht als lästiges Beiwerk empfunden werden soll. Zu den Trägern des Grünen Drehpasses gehören unter anderem die ZDF-Quizshow "Der Quiz Champion", einige Folgen des "Tatortreinigers" sowie die gesamte 28. Staffel der ARD-Serie "Großstadtrevier" und der NDR-"Tatort" mit dem Titel "Treibjagd".

Doch es gibt auch Kritik am Grünen Drehpass. Joachim Langen, Geschäftsführer des externen Dienstleisters Jola-Rent, kritisierte zuletzt gegenüber DWDL.de etwa die "inflationäre Vergabe" der Siegels. "Es kann nicht Sinn und Zweck sein, eine solche Auszeichnung zu vergeben, wenn fast jede zweite Produktion das ausgestellt bekommt", so Langen. Diese Kritik kennt man bei der FFHSH. Christiane Dopp, zuständig bei der FFHSH für den Grünen Drehpass, sagt auf diese Kritik angesprochen: "Man kann bei ca. 140 Auszeichnungen in sechs Jahren nicht wirklich von ‘inflationär’ sprechen. Ich denke, man muss bei der Kritik unterscheiden, woher der Unmut kommt. Die einen finden, dass nicht genug Maßnahmen umgesetzt werden müssen, die anderen halten jede Form von Umweltmaßnahmen für überflüssig und zeitaufwendig."

In der Praxis, so Dopp weiter, zeige sich immer wieder, dass es den Produktionsteams schwer falle, die Maßnahmen auch wirklich umzusetzen. "Darum ist unser wichtigstes Ziel, mit dem Grünen Drehpass bei den Filmteams ein Bewusstsein für nachhaltiges Drehen zu schaffen, also die Branche für das komplexe Thema zu sensibilisieren." Man starte mit kleinen Schritten, um dann bei erfolgreichen Umsetzungen auch die "Zweifler und ewigen Nörgler mitzunehmen und zu beweisen, dass selbst kleine Maßnahmen bereits zu einem positiven Effekt führen können". Das Problem, das auch Joachim Langen kritisiert: Es gibt keine echte Kontrolle der angekündigten Maßnahmen. "Mit dem Grünen Drehpass wollen wir die Filmteams motivieren, ihren ökologischen Fußabdruck im Blick zu behalten. Darum erfolgt während der Dreharbeiten auch keine ‘Kontrolle’", so Dopp. Man befinde sich aber immer in einem engen Austausch mit den Filmteams und erkundige sich bei Setbesuchen, wie Team und Cast die veränderten Abläufe wahrnehmen würden. Bei jeder Produktion gibt es zudem nach ungefähr der Hälfte der Dreharbeiten eine Zwischenbilanz mit den Maßnahmen, die gut umgesetzt worden sind - und solchen, bei denen man sich noch verbessern kann. Am Ende folgt ein Abschlussbericht über das Ergebnis der ökologischen Maßnahmen.

"Eine CO2-Berechnung soll obligatorisch werden, um mehr Vergleichsmöglichkeiten zu gewinnen."
Christiane Dopp, zuständig bei der FFHSH für den Grünen Drehpass

Trotz der Kritik und der schwierigen Kontrolle ist die FFHSH mit dem Grünen Drehpass Vorreiter auf dem Gebiet des grünen Produzierens. Derzeit sei man dabei, die Auszeichnung weiterzuentwickeln, so Dopp. Unter anderem plant man die Kopplung an eine "seriöse Überprüfung" der Maßnahmen. "Eine CO2-Berechnung soll obligatorisch werden, um mehr Vergleichsmöglichkeiten zu gewinnen." Bis dahin freue man sich aber über jede Produktion, die den ersten Schritt wagen wolle.

Neues Filmförderungsgesetz, gemeinsame Erklärung

Aber auch die anderen Filmförderungen engagieren sich im Bereich der Nachhaltigkeit. Die Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg (MFG) etwa hat schon 2015 einen grünen "Tatort" gefördert, bei dessen Produktion durch Zieglerfilm die CO2-Emissionen um 42 Prozent gesenkt werden konnten. Der FFF Bayern erklärte erst vor wenigen Tagen, dass das Thema Green Film Production in Bayern nun "institutionalisiert" werde. In einem Grundlagenseminar ("Green Film Production") wurden 25 Filmschaffenden zum Thema geschult. Hintergrund ist ein Beschluss des bayerischen Landtags aus dem April. Die Politiker entschieden, dass die ökologische Filmproduktion zur Aus- und Weiterbildung in der Branche gehört. Und auch in NRW beschäftigt man sich mit dem Thema: Anfang des Jahres fand an der ifs internationale filmschule köln ein Workshop zum nachhaltigen Produzieren statt, der von der Film- und Medienstiftung NRW unterstützt wurde. Im November will man das beim Film- und Kinokongress inhaltlich weiter verfolgen und verschiedene Referenten unter dem Arbeitstitel "Let’s Start Green" sprechen und diskutieren lassen.

Zum verstärkten Engagement der Filmförderungsanstalten beigetragen hat mit Sicherheit auch das neue Filmförderungsgesetz, das nach einem Beschluss des Deutschen Bundestags seit 2017 in Kraft ist. Darin heißt es unter anderem, dass die Anstalten die Aufgabe haben, "die gesamtwirtschaftlichen Belange der Filmwirtschaft in Deutschland unter Berücksichtigung ökologischer Belange zu unterstützen". "Das war ein erster Moment, in der der Branche klar wurde, dass das Thema immer wichtiger wird", sagt Green Production Manager Philip Gassmann gegenüber DWDL.de. Gassmann hält bei vielen Förderungsanstalten auch Vorträge zum Thema.

Im Dezember 2017 gab es zu "grünem Drehen" zudem eine Stellungnahme aller deutschen Filmförderungen. Darin erkannten die Anstalten unter anderem Ansätze für nachhaltiges Produzieren an und stellten klar, dass Mehrkosten, die durch grünes Produzieren entstehen, auch anteilig gefördert werden können. "Allerdings führt ‘Grünes Drehen’ nicht zwangsläufig zu höheren Kosten. Inzwischen gibt es Entwicklungen und Techniken, die es erlauben, sowohl ressourcenschonend als auch kostensparend zu arbeiten. Entstehen gleichwohl Mehrkosten durch umweltfreundliches Drehen, können diese in die Kalkulation der Herstellungskosten aufgenommen werden", so die Erklärung damals. "Das war ein gewaltiger Schritt", sagt Philip Gassmann über die koordinierte Stellungnahme aller Anstalten. Und so werden die Filmförderer auch in Zukunft eine wichtige Anlaufstelle bleiben, wenn es um das grüne Produzieren von TV- und Kino-Inhalten geht.