Das Prominentenleben ist auch nicht einfach. Bei öffentlichem Fehlverhalten läuft man jederzeit Gefahr, als Social-Media-Klickhit zu enden; auf Preisverleihungen stellen die Boulevardfuzzis verlässlich nur nervige Fragen; und egal, wie man sich in ein neues Format reinhängt: am Ende hat der Programmchef trotzdem schlecht Laune wegen Niedrigquote. Kurz gesagt: Es gibt viele gute Gründe, kein Gesicht zu haben, mit dem man in der Supermarktschlange sofort erkannt wird, während einem beim erbetenen Spontanselfie gerade die Tiefkühlpizza auf dem Band antaut.

Und seit kurzem sogar: noch einen mehr.

Denn Sender und Produktionsfirmen erwarten von der hiesigen TV-Prominenz neuerdings ständig, in Abenteuern zu glänzen, für die man um den halben Globus geschickt wird, damit sich das TV-Publikum nachher an einem daraus kondensierten zehnminütigen Einspielfilm ergötzen kann.

Kuhherz bis zur Kotzgrenze

Joko und Klaas haben damit angefangen, als sie sich fürs "Duell um die Welt" plötzlich von anderen Bekanntheiten sekundieren ließen, um anschließend den "Weltmeister"-Titel der selbst erdachten TV-Disziplin abzugreifen. (Seit diesem Frühjahr gibt es erstmals mehr "Duell"-Fälschungen als Originale.) Und weil das so gut läuft, setzt ProSieben seit einigen Monaten alles daran, das "DudW"-Prinzip zu kopieren, um es in zusätzlichen Formaten wieder und wieder aufführen zu lassen, manchmal nur in minimaler Variation.

Bei "Die Unschlagbaren" stieg Joachim Llambi in einen selbstausgehöhlten Kürbis, um damit über einen österreichischen See zu paddeln; Larissa Marolt musste sich auf den Philippinen beim Wettschatzschnorcheln zwecks Schamanenbesänftigung beweisen; und Simon Gosejohann sollte nach dem Genuss von Hähncheninnereien und Kuhherz bis zur Kotzgrenze Achterbahnfahren.

Für "Mission: Job unkonwn" mussten Nadja und Lucy von den No Angles mit der "Paranormal Supranatural Investigation" Geister in Irland erpendeln; Patricia Kelly und Ross Antony und sollten bei sengender Hitze vorm Wiener Schloss Schönbrunn in elf Metern Höhe die Hecken schneiden; und Jasna Fritzi Bauer saß mit Anni Friesinger für eine Nacht in der südafrikanischen Wildnis, um das Leben eines Safari Guide zu verinnerlichen.

Ich trau's mich trotzdem – hurra, geschafft!

Bei "Local Hero" wurde Jenke von Wilmsdorff vor den Augen von Nikeata Thompson zum Klippenspringer von Acapulco; Verona Pooth und Wigald Boning avancierten in Thailand von Tuk-Tuk-Lenker:innen zu Thaibox-Profis; und Thomas Hajo stellte sich mit Michael Michalsky in Japan dem Samurai-Wettkampf.

Aus einer ursprünglich witzigen Idee – Prominente mit stumpfen Mutproben, artistischen Herausforderungen oder märchenhaft erzählten Gaga-Aufträgen zu konfrontieren und zuzugucken, wie sie damit umgehen – ist mittlerweile ein ganzes Genre geworden.

Das auch noch immer gleich erzählt wird: Zwei ahnungslose Promis werden in die Ferne geflogen, um dort keck angedeutet zu kriegen, was auf sie zukommen könnte, kauzige Einheimische überreichen kuriose Utensilien und Videobotschaften des Auftraggebers. Dann: Einmal noch schlafen, und es geht los. Uiuiuiui, das ist aber ganz schön krass. Ich trau's mich trotzdem. Hurra, geschafft!

In 5 "Missionen" durch den Abend

Längst ist auch RTL auf den Geschmack gekommen – wobei man der dortigen Promi-Challenge-Adaption immerhin zu Gute halten kann, dass sie sich einen tieferen Sinn und Zweck leistet: Bei der "Großen GEO-Show" sollen Prominente dem vom ZDF weggelockten Dirk Steffens dessen Abenteuer nachreisen und so dem Publikum auf spielerische Weise veranschaulichen, wie wichtig und wertvoll es ist, den Planten zu erhalten.

Zum Auftakt im Frühjahr (DWDL.de-TV-Kritik) ließ sich Frank Buschmann in Nord-Norwegen aussetzen und beim friedlichen Lachsfrühstück am Strand vom Video-Dirk-Steffens "nicht zuviel verraten" zu lassen, bevor er anderntags vor "das größte Abenteuer seines Lebens" gestellt wurde: einen Wolf zu küssen, wie es unter Artgenossen üblich ist ("Ich könnt' heulen, echt"). Sabrina Setlur half in Südafrika beim Elefantenbesendern. Und "Let's Dance"-Gewinner René Casselly kraxelte in Equador per Kletterstuhl auf einen 30 Meter hohen Balsabaum, um dessen Samen aus der Krone zu pflücken.

Damit hat sich die "GEO Show" so eine Art Fähnlein-Fieselschweif-Variante des "Duells um die Welt" etabliert – und Steffens geplante Missionierung des RTL-Publikums, dem ein bisschen Umweltbewusstsein eingebimst werden soll, ist ja auch durch und durch ehrenwert.

Zweiter Anlauf? Zuviel Aufwand

Gleichzeitig hat man in Köln aber auch gemerkt, dass es keine kleine Aufgabe ist, die selbst geschnürten Erwartungen zu erfüllen, wenn man den Promis zuvor episch eine "Erfahrung fürs Leben" anzudichten versucht. In Ausgabe drei, die RTL am kommenden Samstag zeigt, gehen gleich zwei der geplanten Missionen schief. Einmal muss das mit Ulla Kock am Brink auf eine Heuschreckenfarm nach Mexiko gereiste Kamerateam kurzfristig umplanen, weil die für den Dreh eingespannten Protagonist:innen in der Nacht zuvor Opfer eines dramatischen Überfalls wurden – und der kurzfristig Ersatz transportiert die Botschaft, sagen wir: nur bedingt. Ein andermal fliegt Ralph Caspers nach Australien, um dort in einer Bucht nach Meeresschnecken zu tauchen – aber, Pech: See zu stürmisch, Mutprobenabbruch. Für einen zweiten Anlauf scheint keine Zeit gewesen zu sein, vielleicht war das Rückflugticket für den nächsten Tag schon gebucht.

Beim Zuschauen fühlt man sich dann leider schon ein bisschen veräppelt.

Was aber auch daran liegen könnte, dass wir jetzt so langsam ausreichend Prominente gesehen haben, die irgendwo hochklettern, runterstürzen, herumgewirbelt, angeschossen oder in die Luft gesprengt werden, um nachher in die Kamera zu sagen, was das jetzt für ein Alptraum (bei ProSieben) oder für ein unvergessliches Erlebnis (bei RTL) war.

Irgendwann sind alle Tiere besendert

Denn zum einen wiederholen sich nicht nur die ausgewählten Länder, sondern auch die "Missionen" langsam, weil irgendwann alle wilden Tiere besendert, alle Heißluftballonkunststücke vorgeführt und alle Höhlenübernachtungen absolviert worden sind.

Und zum anderen haben die ersten Promis längst die zweite, dritte, vierte Mutprobe hinter sich: Jeannine Michaelsen ließ sich in dem von ihr moderierten "Duell um die Welt" bereits in 10.000 Metern Höhe aus einem Flugzeug fallen und tauchte unter einer massiven Eisschicht hindurch, bevor sie bei "Die Unschlagbaren" in Frankreich auf einem Drahtseil über eine Schlucht balancierte; Verona Pooth und Oliver Pocher haben bei ProSieben gleich für zwei von drei erdachten Challenge-Shows unterschrieben; und auch wenn man Janin Ullmann die Angst vor Pferden nicht absprechen möchte, die es für sie zu überwinden galt, um in der Mongolei Bogenschießen aus dem Sattel zu lernen – angenehmer als die "Schaukel des Todes" beim "Duell um die Welt" dürfte die an diesem Samstag gezeigte "GEO Show"-Mission wahrscheinlich schon gewesen sein.

Deshalb, liebe Programmverantwortliche deutscher TV-Sender: Lasst es jetzt mal gut sein mit den Challenges, Aufträgen und Duellen.

Bitte nicht schubsen

Das heißt ja nicht, dass ihr vertraute Gesichter nicht mehr an entlegene Orte dieser Welt schicken dürft, um sie von dort bezaubernde Bilder mitbringen zu lassen – aber vielleicht gibt die Redaktion mal nicht dem erstbesten Reflex nach, sie dort einfach irgendwo runterschubsen zu wollen? Da haben dann ja vielleicht alles was davon.

Und damit: zurück nach Köln.

RTL zeigt die dritte Ausgabe von "Die große GEO-Show" am Samstag um 20.15 Uhr; das "Duell um die Welt: Team Joko gegen Team Klaas" geht am 7. Oktober bei ProSieben in eine neue Runde.