Wenn alle mal für einen Moment innehalten könnten und einige sich eben mal kurz den Geifer von den Lippen wischten, würde ich gerne mal ein Bekenntnis loswerden. Fertig? Na, gut. Hier kommt’s. Ich zahle gerne meinen Rundfunkbeitrag.

Peng! Das saß. Nun ist ein Moment der Stille. Er ist vergleichbar jener Sekunde, die man erlebt, wenn Kinder hingefallen sind. Sie gucken dann immer erst sehr erstaunt in die Welt, so als könnten sie gar nicht verstehen, was ihnen da zugestoßen ist. In solchen Augenblicken scheint die Erde sehr in sich zu ruhen. Aber es ist nur die Ruhe vor dem Sturm. Im nächsten Augenblick geht es dann nämlich los. Der Vulkan bricht aus, oder das Kind plärrt los, was ungefähr aufs gleich rauskommt. Das Kind brüllt so laut es kann. Der Schmerz ist angekommen, und er muss raus, auf dass alle Welt teilhaben möge an diesem Unglück.

Genau jetzt ist diese Schrecksekunde auch hier vorbei. Genau jetzt setzen die üblichen Maulhelden zum Plärren an. Man kann die Tags schon vorab setzen. Sie lauten „Gebührenverschwendung“, „Zahl ich nicht“, „Betrugsservice“ und „mit welchem Recht“. Mit kaum einem Thema kann man so sicher auf öffentlichen Empörungsschaum hoffen wie mit einer Aussage zum Rundfunkbeitrag. Ähnliches Erregungspotential findet man sonst nur bei der Frage nach einem generellen Tempolimit auf Autobahnen und bei der Frage, wer in einem Länderspiel wie zu bewerten ist.

Ich wiederhole noch einmal. Ich zahle gerne meinen Rundfunkbeitrag. Ich finde, wir haben ein hervorragendes Fernsehen und ein manchmal noch besseres Radio. Ich habe keine Probleme, rund um die Uhr ansprechendes Programm zu finden, und da ich auch mit einer Festplatte befreundet bin, kann ich Durststrecken leicht überstehen.

Um es mal vorsichtshalber einzuschieben: Ich bin nicht mit dem gesamten System der Gebührenfinanzierung einverstanden. Ich sehe jede Menge Missstände, die es zu beseitigen gilt. Zu viele Apparatschiks und Talkshows, zu wenig Mut, zu viel Yvonne Willicks. Gleichzeitig ist meine Hoffnung, dass diese Missstände rasch beseitigt werden, sehr gering. Trotzdem habe ich die Nase voll von diesen billigen Berufserregern, die aber auch jede Chance nutzen, um ARD und ZDF eins reinzuwürgen. Sie empören sich, weil es nichts kostet. Nicht einmal Mut. Man plappert halt nach, was man gehört hat.

Sehr schön war das kürzlich wieder einmal zu belegen, als der Spiegel mit der Meldung nach vorne preschte, dass die Öffentlich-Rechtlichen möglicherweise bald 500 Millionen Euro mehr in der Kasse haben. Heissa, was war da los. „Haben wir es doch gewusst“, hieß es, worauf rasch die Frage folgte, was denn ARD und ZDF mit 500 Millionen im Jahr wollen. Dass die 500 Millionen nicht für ein Jahr galten, sondern für eine ganze Gebührenperiode – geschenkt. Dass die Zahlen eher auf einer Mischung aus Hochrechnung und Phantasie basierten – auch geschenkt. Medien funktionieren so. Ihre Schlagzeilen erigieren schneller als der Geschlechtsapparat eines 15-Jährigen beim Anblick von Miley Cyrus auf der Abrissbirne.

Was mich stört, ist die wohlfeile Empörung in der Breite. In Legionenstärke stürzen sich die Kritiker aufs System und geißeln es als Ganzes. ARD und ZDF – brauchen wir nicht. Ist sowieso alles Betrug.

Nur mal zur Erinnerung. In Deutschland gelten Gesetze, und die werden beschlossen von demokratisch gewählten Volksvertretern. Und wenn sie denn beschlossen sind, dann haben sich die Menschen auch daran zu halten. Wenn sie nicht wollen, was beschlossen wurde, müssen sie halt andere Volksvertreter wählen. Aber wahrscheinlich sind die Empörer genau jene, die sich auch echauffieren, wenn sie in einer Tempo-30-Zone mit 60 kmh geblitzt werden. Dann schreien sie laut „Abzocke“.

Die Empörer können natürlich auch deshalb so laut schreien, weil ARD und ZDF nicht in der Lage sind, sich adäquat zu wehren. Was zählen schon Fakten, wenn die Schlagzeilen so viel besser klingen?

Auch auf die Gefahr hin, unfassbar langweilig zu wirken, sage ich es nochmal: Ich zahle gerne meinen Rundfunkbeitrag. Genauso gerne wie ich mit meinen Steuern Krankenhäuser und Schulen und Straßen finanziere. Spricht eigentlich in diesem Zusammenhang irgendwer von Zwangssteuern? Oder von einem Bezahlstaat? Niemand tut das, wenn es um wichtige Einrichtungen geht. Auch ich halte all dies für sinnvoll, weil ich ein funktionierendes Gemeinwesen für eine wichtige Grundlage von Zivilisation halte. Natürlich finde ich auch Krankenhäuser, Schulen und Straßen verbesserungswürdig. Aber veranstalte ich deshalb jedes Mal einen Affentanz, wenn ich ein Schlagloch entdecke? Maule ich alle paar Tage neu über Verschwendung von Mann und Material bei der Bundeswehr? Nein. Deshalb ein letztes Mal: Ich zahle gerne meinen Rundfunkbeitrag.

Für alle, die es ach so gerne tun: Jetzt eine kurze Sekunde innehalten, Totenstille erzeugen und dann losplärren, was das Zeugs hält. „Gebührenverschwendung! Zahl ich nicht! Betrugsservice! Mit welchem Recht! Zwangsgebühren! Rabäääääää! Rabäääääää! Rabäääääää!“