Ich kann keine Krimis mehr sehen. Keine Kommissare mehr und auch keine Pathologen, die sagen, dass sie noch nichts Genaues sagen können. Ich bin auch der Menschen überdrüssig, die einfach weiter tun, was sie tun, wenn die Polizei anrückt, so als hätte man alle paar Tage Bullenbesuch und als sei der Abwasch wichtiger als alles andere auf dieser Welt.

Ich mag keine Ermittler mehr, die daheim Probleme haben, ihre Halbwüchsigen erziehungstechnisch auf Kurs zu bringen. Mir hängen Beamte zum Hals heraus, die immer wieder in irgendeiner Weise mit irgendeinem Halbweltler verbandelt sind. Ich kriege Gehirnplaque bei all diesen Vorhersehbarkeiten, diesen „Wo waren Sie Sonntagabend“-Fragen. Wo soll ich Sonntagabend schon gewesen sein? Ich war daheim, „Tatort“ gucken.

Gerade beklagt sich alle Welt, dass die Bienen und die Vögel rar werden, weil auf den Äckern Monokultur betrieben wird und deshalb erst die Insekten und dann die Vögel aussterben. Es ist immer dieselbe Fruchtfolge, bis die Böden ausgelaugt sind und nur noch wächst, was nicht mehr zum Verzehr, sondern höchstens noch zum Verfeuern taut. Der Bauer richtet erst die Tiere hin und damit etwas später seine Lebensbasis zugrunde. Er hackt die Hand ab, mit der er sich bislang zu füttern wusste.

Genau so ist es beim Fernsehen. Es ist alles nur noch diese eine Soße, derselbe Kram, unterteilt in zwei, drei Qualitätsklassen. Oder sollte ich besser sagen: Schrottklassen? Hier diese unsäglichen Vorabendkrimis der Soko-Klasse, dort die aufgebretzelten „Tatort“-, „Wilsberg“- oder Brunetti-Filme, die locker mal anderthalb Millionen Euro in der Produktion verschlingen. Für was ? Für nichts. Für die ewig gleiche Volksbeunlustigung, für die Vermittlung des Gefühls, dass alles immer schlimmer wird. Im echten Leben wie im Fernsehen. Amen.

Ich mag da nicht mehr mittun. Ich bin es leid, meine Fernsehrubriken durchzuforsten nach „Tatort“-Folgen, die aus dem Einerlei herausstechen, nach dem einen Schwedenkrimi, in dem die Ermittler mal nicht zur Depression neigen oder ein dunkles Geheimnis in ihrer Vergangenheitsschublade bewahren. Diese Suche ist so mühsam, weil selbst einst originelle Marken wie die Münsteraner oder Dortmunder Kommissare längst zu Abziehbildern ihrer selbst verkommen sind, weil selbst ein Rostocker „Polizeiruf 110“ in all seiner Bukow-Könighaftigkeit so vorhersehbar bleibt wie die Ameisenstraße auf der Picknickdecke.

Natürlich gibt es hier und da immer noch das eine oder andere Juwel, das aus dem Schrottplatz eine Fundgrube macht. Aber stelle ich mich deshalb auf eine Müllhalde und beginne zu graben? Was müssen das für Leben sein, in denen fünf Krimis die Woche zur Grundversorgung gehören? Wie öde darf ich meine Existenz einschätzen, wenn ich immer wieder diese komplett voraussagbaren Abläufe zur Aktivierung oder Sedierung meiner Restemotionen brauche?

Sind Fernsehkrimis nicht heute das, was früher die Schrankwand im Gelsenkirchener Barock war? Ein Relikt aus einer Zeit, da man noch keinen eigenen Geschmack hatte und sich deshalb einrichtete, wie es Opa wollte? Wäre es nicht an der Zeit, mal selbstständig zu werden? Wollten wir nicht längst ein erwachsenes Leben führen?

Ich sage ja zum Leben und deshalb nein zum Krimi allgemein und zum deutschen insbesondere. Dieser ächzende Zug der Zeit muss jetzt mal ohne mich fahren. Ich schaue Krimis nur noch, wenn ich dafür bezahlt werde. Und ich denke, dass es nicht mehr allzu lang dauern wird, bis es mir auch andere gleichtun werden.

Dann werden sie sich wundern bei ARD und ZDF, wenn ihnen ihre Monokultur um die Ohren fliegt, wenn sie merken, dass sie nur noch Massenware aus mentaler Käfighaltung im Angebot haben. Was bleibt denn übrig, wenn man aus dem deutschen Fernsehen all die Krimis herauslöst und einfach mal eine Weile weglässt?

Ich dichte dazu mal einen bekannten Hippiespruch um: Es kommt der Tag, da werdet ihr feststellen, dass man Fernsehkrimis nicht essen kann.