Alle waren da. Sogar James Blunt durfte hin. Genau, James Blunt, der Jammerbarde, dieser britische Troubadix, der Gottseidank nicht singen durfte. Auch James Corden wurde verwehrt, seine Karaoke-Skills auszuspielen. Dafür hatte die Juristin Amal Clooney ihren Schauspieler-Gatten mitgebracht und das Spice-Girl Victoria Beckham ihren maximal tätowierten Fußballer. Alle waren da. Auch Elton John mit zwei rosa Wagenrädern vor den Augen. Nur Heidi Klum und ihr Kaulitz fehlten. Jammer. Sie wären mittendrin gewesen in dieser phantastriablen Mischung aus "The Crown", "Downton Abbey" und Hogwarts.

Auch das ZDF und RTL waren da. Lange nicht mehr so viele Adels-, Society- und Unterhaltungsexperten auf einem Haufen gesehen, Menschen, die das eminent wichtig finden, was diese Königskinder so anstellen, die hysterische Mentalergüsse verspüren, wenn irgendein Heinz von Wichtig pupst.

Es war aber auch eine richtig große Adelsshow an Royal-Soße, romantisch serviert in der Einflugschneise von London-Heathrow, wo Prinz Harry und seine Meghan sich das Ja-Wort gaben. Von zwei Milliarden Zuschauern brabbelte Guido Maria Kretschmer vorab gleich mal. Ja, ne, is klar. Da schaut mal eben ein knappes Drittel der Weltbevölkerung zu. Drunter tun sie es nicht bei RTL, wo Frauke Ludowig dem smarten GMK beisteht, wenn er während der Präliminarien das Outfit der anrauschenden Gäste taxiert, so als kämen die geradewegs vom Promishopping.

Tolle Sätze hört man da von GMK in seinem üblichen Therapeuten-Timbre. "Wer Apricot trägt, ist schmal", findet er und räsoniert ausführlich über Hüte und die Frage, wie man am besten auffällt. "Wer Gelb trägt, weiß, ich bin dabei", sagt GMK und sieht "viele slicky-Frisuren, ganz kühl, ganz gerade". "Da kommt noch ein tolles Kleid mit einem tollen Hut", assistiert La Ludowig. Keine Ahnung, wie die Beschriebene heißt. Ist auch wurscht. Äußerlichkeit ist alles an diesem royalen Tag.

Irgendwo in der Menge steht noch Ross Anthony, macht hemmungslos einen auf Ballermannanimateur und kreischt im Minutentakt "Es ist der Wahnsinn." Oder "Oh, Mein Gott". Das verschafft Ludowig via Knopf im Ohr einen veritablen Tinnitus. Oh, Mein Gott.

Davon ist sie offenbar noch traumatisiert, als die royalen Brüder Harry und William in Uniform aus einem schmucklosen Transporter klettern. "Das sind doch süße Brüder", schmalzt Ludowig und gibt sich hemmungslos dem Affekt hin. Ab und an spricht sie noch die hauseigene Adelsexpertin an. Die heißt Leontine Gräfin von Schmettow. What a name! So muss man heißen, wenn man diese geschüttelte Adelsplörre angemessen verabreichen will.

Irgendwann geht es dann rüber zum ZDF, wo man sich zu viert um die Befindlichkeit des blauen Blutes kümmert. Augenblicklich wird deutlich, wie viel besser die das bei RTL hinkriegen. Im ZDF wirkt alles ein bisschen hüftsteif, einen Hauch zu devot. Es fehlt halt diese unbedingte Bereitschaft, sich selbst in Champagnerlaune zu brabbeln, komplett Nichtiges zur Größe hochzureden, aus einem Nichts alles zu machen. Im Prinzip funktioniert das wie eine Formel-1-Übertragung, nur mit dem Unterschied, dass es hier nicht um Reifen, sondern um Kleider und Hüte geht.

Da tut es zwischendrin ein bisschen weh, als die ZDF-Expertin sich leicht im Ton vergreift. "Meghan ist so alt wie Diana als sie starb", sagt sie, und für einen Augenblick zieht sich im Zuschauer einiges zusammen: "Grrrrrrrrr."

Dann folgt die offizielle Trauung. Da müssen alle deutschen Kommentatorennasen über eine Stunde schweigen. Da sieht man die traditionell gewandete Queen, deren Kostüm GMK vorher fachlich taxiert hat  ("Ist das zitronengelb? Ja, das ist zitronengelb. Fast schon Limette."). Ob Elisabeth auch Shopping Queen wird, erfährt man nicht, denn im Mittelpunkt der feierlichen Zeremonie steht natürlich das schmucke Brautpaar. Herzig, sie mit ihrem langen Schleier ("gestickt", GMK). Süß, er mit dieser komischen Uniform.

Dann kommt ein wildgewordener Prediger, der ein bisschen an James Browns Auftritt in den "Blues Brothers" erinnert. Er macht aus seinen vom iPad abgelesenen Worten eine große, eine ziemlich wilde Show. Er faselt von Feuer, frei und gefesselt. Man spürt sofort, wie das in der sonst eher Betulichkeit gewohnten Queen den dringenden Wunsch weckt, ihn hinterher von ihren Hunden bis an den Horizont jagen zu lassen.

Am Ende erklingt die Nationalhymne, und die Queen singt nicht mit. Das verwirrt manche bestimmt, die sofort einen Özil-Moment vermuten, aber dann wird irgendwann auch dem letzten deutlich, dass es in der Hymne ja um sie geht.

"Es war ein schöner Gottesdienst", urteilt Ludowig in den beginnenden Auszug hinein, und prompt brabbelt auch GMK wieder los. Währenddessen pflegt man beim ZDF noch dezentes Schweigen. Very royal. Sehr höflich, aber irgendwie auch very gehemmt. Das haben sie einfach besser drauf bei RTL, dieses Aufpumpen von Nichtigkeiten.

Dann der erste Kuss des Brautpaars im Lärm der von Heathrow heranrauschenden Flugzeuge. Im selben Moment meint man, GMK schmelzen zu spüren. "Ach, wie schön", sagt er und immer wieder "Wunderschön." So geht Pomp und Pop.

Gelernt hat der Zuschauer bei der über dreistündigen Sause auch was, denn es gab eine Anleitung zum royalen Winken. Doch, doch. Das wollte man nie wirklich wissen, aber jetzt hat man es halt drauf, falls man zur nächsten Hochzeit auch eingeladen wird. Merke: Man darf das mit dem Winken in die Massen nur sehr verhalten tun, den Arm nie zu hoch heben und vor allem niemals die Achselhöhlen zeigen dabei. Sage also niemand, das Fernsehen bilde nicht weiter.