Fans amerikanischer TV-Serien blicken jedes Jahr im Mai zunächst nach New York City. Dort werden gebündelt in einer Woche allerlei Spekulationen über neue Serien, Fortsetzungen und Absetzungen endgültig beendet, wenn die großen amerikanischen Networks und inzwischen auch einige Kabelsender ihren Werbekunden ganz offiziell das Programm-LineUp für die kommenden TV-Saison präsentieren. All das in der Hoffnung, dass ihre Werbekunden möglichst viel Budget schon upfront - also im Voraus - in die Werbepausen der jeweiligen Serien und Shows oder aber Product Placements innerhalb der Produktionen investieren. Gefeiert wird dies meist mit den Stars der Networks. Es ist die ganz große Verkaufsshow für den heimischen Markt, dessen Botschaften jedoch weit darüber hinaus reichen.

Wenn das Spektakel an der Ostküste endet, geht es in Los Angeles erst richtig los: An der Westküste sind es jedoch nicht die US-Networks, die im Mittelpunkt stehen. Der stärkeren Bedeutung der Produktionsfirmen bzw. Studios in den USA entsprechend, präsentieren hier die Produktionshäuser in Eigenregie ihren Output den internationalen TV-Einkäufern. Herzlich willkommen bei den LA Screenings, dem Frühlings-Schlussverkauf des amerikanischen Fernsehens. Knapp 2.000 Einkäufer aus aller Welt reisen nach Los Angeles, um den neuesten TV-Nachschub aus den USA zu begutachten. Je nach Hollywood-Studio mischen sich auch die kommenden Kino-Highlights darunter. Doch wie hat man sich diese LA Screenings vorzustellen?

Die großen Häuser - etwa Fox, CBS Studios, HBO, NBC Universal, Warner Bros., Sony Pictures und Disney/ABC Studios - laden Einkäufer aus den für sie wichtigen Territorien zu eigenen Screenings ein. Mal findet dies in kleineren Gruppen nach Territorien getrennt statt. Mal wird - wie bei Warner Bros. - im größten Kinosaal auf dem Studio-Gelände von morgens bis abends mit nur einer Mittagspause das gesamte Programmangebot gezeigt. Man könnte scherzen: Hier wurde das Bingewatching erfunden. Sony wiederum baut eine seiner Soundstages - also Studios - in eine überdimensionale Screening-Lounge um. Weil die Kapazitäten hier wie dort nicht für alle Fachbesucher reichen, werden die Präsentationen in der Woche der LA Screenings in der Regel täglich wiederholt.

LA Screenings© DWDL.de


Anders als bei den Upfronts in New York, wo im Rahmen der knackigen Präsentationen kurze Trailer einen Eindruck der neuen Serien geben sollen, gibt es in Los Angeles die Piloten aller Serien in voller Länge. Kurz und knackig ist hier nichts. Sitzfleisch ist gefragt. Je nach Studio werden die Serien am Stück gezeigt oder von kurzen Auftritten der Macher oder beteiligten Schauspieler unterbrochen. Der Stil dieser stundenlangen Präsentationen wechselt je nach Studio. Manche davon laden abends noch zum Get Together. Wichtige Einkäufer aus wichtigen Märkten wie etwa Deutschland bekommen gar die VIP-Behandlung. Manche Dinner-Party in den Hollywood Hills entspricht genau dem, was man sich spontan darunter vorstellt.

Aus deutscher Sicht haben die LA Screenings einen eher kuriosen Reiz: Während die meisten TV-Einkäufer aus aller Welt nach Los Angeles reisen, um zu entscheiden für welche Serien man die Rechte erwerben will, ist genau das im deutschen TV-Markt traditionell durch langlaufende Deals geklärt. Früher waren es Output-Deals, heute wird der Ausdruck Volumen-Deal bevorzugt. Der Unterschied liegt im Detail: Früher war es üblich den gesamten Output eines Studios abzunehmen. Doch weil auch die großen Hollywood-Studios längst nicht nur Erfolge produzieren, kamen in den vergangenen Jahren Volumen-Deals in Mode, die den Einkäufern ein Schlupfloch lassen, nicht jede Produktion abnehmen zu müssen. Sowohl die Mediengruppe RTL Deutschland als auch ProSiebenSat.1 haben ihre mehrjährigen Deals - wobei sich die RTL-Gruppe zuletzt zurückhaltender zeigte.