Herr Enßlin, in der deutschen Medienbranche ist aktuell oft die Rede von einer Krise. DMC Production handelt anders als viele andere Unternehmen und wagt mit der Übernahme von Plazamedia und der rt1.tv mobile production den Markteintritt. Wieso gerade jetzt?
Wir haben den deutschen Markt als DMC schon länger beobachtet und sind generell auf Expansionskurs, allen voran im Bereich Remote Production. Wir hatten erst ein organisches Wachstum geplant, aber dann haben sich die Möglichkeiten zur Übernahme von Plazamedia und der rt1.tv mobile production ergeben. Die machen deshalb Sinn, weil sich beide Unternehmen wunderbar ergänzen, einerseits die Außenproduktion bei rt1 und andererseits Studiokapazitäten, Playout und Postproduktion bei Plazamedia.
Und die Krise?
Für DMC macht der Markteintritt jetzt Sinn, weil wir bereits in dieser Branche in anderen und angrenzenden Ländern tätig sind. Das schafft Synergien und in Deutschland wollen wir - wie an unseren anderen Standorten - in Remote-Kapazitäten investieren, um neues Business zu generieren.
Plazamedia und rt1.tv mobile production sollen in der neuen DMC Production Germany aufgehen. Wann wird dieser Prozess abgeschlossen sein?
Rechtlich sieht es derzeit so aus, dass die rt1 schon in DMC Production Germany GmbH umbenannt wurde. Diese Gesellschaft hat Plazamedia übernommen. Die Unternehmen sind also bereits in einer Konzernstruktur. Die endgültige Verschmelzung der beiden Gesellschaften soll im ersten Halbjahr 2026 durchgeführt werden. Die Vorbereitungen für die organisatorische Zusammenführung werden wir jetzt Schritt für Schritt an den Start bringen.
Wo hat die neue DMC Production Germany ihren Hauptsitz? Und bleiben die verschiedenen Standorte der bislang eigenständigen Unternehmen erhalten oder werden sie an einem Standort zusammengeführt?
Die DMC Production Germany wird zwei Standorte haben. Einen in München, wo die Plazamedia heute schon sitzt. Und einen weiteren in Köln, wo die Fahrzeuge für die Außenübertragungen stehen. Das war bislang auch schon so. Eigentlich hat rt1 ja in Augsburg firmiert, die von uns übernommene Tochterfirma für die Außenproduktionen war aber immer schon in Köln angesiedelt. Das macht auch weiterhin Sinn, da ein Großteil der Übertragungen der 3. Liga, die wir weiterhin für MagentaSport realisieren, im Westen von Deutschland stattfindet.
Holger Enßlin ist seit 2022 Director DACH von Commercial Sports Media (CSM). Das schwedische Unternehmen ist eigentlich eine klassische Sportrechte-Agentur, die aber zusätzlich in verschiedenen Sport-Tech-Unternehmen investiert ist, darunter auch in DMC Production. Gründer und CEO von CSM ist Jonas Persson, der zusammen mit Paul Henriksen, dem CEO von DMC auch die Produktionsfirma gegründet hat. Hauptgesellschafter von DMC Production ist Coral Tree Partners, ein Private Equity Fund aus Los Angeles. Holger Enßlin soll Plazamedia und die rt1.tv mobile production unter dem neuen Dach der DMC Production Germany zusammenführen. Unter dem Dach von CSM war Enßlin, der davor lange in den Diensten von Sky stand, zuvor bereits als Berater tätig, etwa für die Swisscom oder verschiedene Finanzinvestoren beim geplanten Investoreneinstieg bei der DFL. Über Holger Enßlin
Sie haben bereits mögliche Synergien angesprochen: Wie viele Arbeitsplätze bleiben erhalten? Oder suchen Sie vielleicht sogar neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter?
Das hängt natürlich immer von der Geschäftsentwicklung ab. Wichtig ist für uns, eine möglichst maximale Auslastung zu haben. Vor dem Hintergrund schauen wir uns die verschiedenen Segmente an und setzen dann entsprechende Maßnahmen. Gleichzeitig wollen wir natürlich wachsen.
Was ist Ihre Vision? Wohin wollen Sie mit DMC Production Germany?
Die Idee ist, beide Unternehmen erst einmal zusammenzuführen und Synergien zu heben. Es gibt wenige Überschneidungen zwischen den beiden Unternehmen, sie ergänzen sich sehr gut. Wir wollen ein Full-Service-Unternehmen werden. Das ist der erste Schritt. Perspektivisch wollen wir darüber hinaus in moderne Remote-Produktionskapazitäten investieren, um damit zu wachsen. Da sehen wir viel Potenzial, vor allem in der Möglichkeit, Dinge effizienter und schlanker zu gestalten. Und das sowohl in Deutschland, aber natürlich auch in Österreich und der Schweiz.
Effizienter und schlanker durch Remote-Produktionen wollen schon seit Jahren viele Unternehmen werden. Wo ist der USP von DMC?
Die Frage ist immer: Wie effektiv kann man das gestalten? Am Ende geht’s auch um die Logistik, die hinter solchen Produktionen steckt. Auch die muss möglichst schlank sein, denn an der Logistik hängt am Ende die Frage, ob so ein Unternehmen Geld verdient oder nicht. Also: Wie schnell und kostengünstig kann ich Teams von A nach B bewegen? Und wie groß sind diese Teams? Insbesondere durch die Tatsache, dass wir nun mit den zwei deutschen Standorten und den Präsenzen in Norwegen, Schweden, Dänemark, Finnland und der Niederlande insgesamt 6 Niederlassungen in Europa haben, haben wir einen USP.
"Wir wollen ein Full-Service-Unternehmen werden."
Ich nehme an, die Teams müssen möglichst klein und die Qualität hoch sein?
Richtig. Das sind natürlich die Herausforderungen der neuen Welt, denen wir uns jetzt auch stellen. Dabei muss man auch immer die Flexibilität bieten mit einer großen oder kleineren Anzahl an Kameras zu arbeiten. Das aber immer bei hohem Qualitätsstandard. Wir können hier die ganze Bandbreite bedienen.
Wo sehen Sie denn inhaltlich die größten Wachstumschancen? Ist es der Sport oder sind es andere Bereiche?
Es ist insbesondere der Sport. Überall dort, was nicht Bundesliga und Formel 1 ist, gibt es eine große Notwendigkeit nach schlankeren Strukturen. Hier hat sich der Druck in den vergangenen Jahren enorm erhöht. Wir wollen aber auch weithin Außen- und Studioproduktionen außerhalb des Sports realisieren, wie wir es bereits jetzt schon tun z.B. für den Bayerischen Rundfunk.
Wo liegen die Herausforderungen bei der kulturellen und operativen Fusion der zwei Unternehmen?
rt1 war ein Tochterunternehmen von einem sehr traditionellen Medienhaus, auf der anderen Seite war es eine sehr junges Organisation. Es gab dort keine festgefahrenen Strukturen und Hierarchien. Insofern war es ein sehr aufgeräumtes Unternehmen, das sehr gut zu DMC passt. DMC gibt es ja auch noch nicht lange.
Und auf der anderen Seite Plazamedia mit einer langen Tradition…
Bei Plazamedia bestehen die Strukturen wesentlich länger. Auf der anderen Seite ist das Unternehmen zuletzt durch viele Transformationen gegangen, sodass dort ein sehr unternehmerischer Spirit herrscht. Insofern denken wir, dass die Integration unter einem Dach schnell und gut gelingen kann. Wichtig ist für uns, dass wir in Zukunft als eine Einheit an den Markt gehen können.
Haben Sie schon Verbesserungspotenziale oder Investitionsnotwendigkeiten ausgemacht? Gerade Plazamedia war bei Sport1 zuletzt ja sehr offensichtlich auf dem Abstellgleis.
Plazamedia verfügt über eine starke Infrastruktur, die wir gut nutzen können. Mit dem von uns geschnürten Investitionspaket werden wir für eine Modernisierung sorgen.
Sind weitere Zukäufe geplant oder ist DMC Production Germany komplett?
Wir beschäftigen uns jetzt erst einmal mit der Integration der beiden Unternehmen. In der Folge wollen wir am liebsten organisch wachsen. Aber wenn sich eine Gelegenheit bietet, schauen wir uns das an. Warum nicht? Geplant ist es derzeit aber nicht. Generell sieht es im Moment durchaus so aus, als ob die Konsolidierung in der Medienbranche an Fahrt aufnimmt.
Wie wird DMC Germany in den Gesamtkonzern eingebunden? Wie viele Entscheidungen werden lokal getroffen, wie viele am Hauptsitz in Stockholm?
Wir versuchen, die Dinge, die zentral Sinn machen, auch zentral zu steuern. Das eigentliche Business der Sportproduktionen ist aber ein sehr lokales. Dementsprechend findet sich das in der Organisation wieder, für jedes Land hat DMC einen eigenen Geschäftsführer bestellt, der federführend für Wachstum und Kundenansprache verantwortlich ist.
Vielen Dank für das Gespräch!