Foto: Phoenix/Volker LannertHerr Minhoff, Herr Dr. Radke, als Phoenix vor zehn Jahren an den Start wurden Sie noch von Skepsis begleitet. Heute wird der Sender als Erfolg gefeiert. Wie schwierig war der Weg dorthin?

Radke (auf dem Foto rechts): Es ist schön, dass wir die Skeptiker im Land der Bedenkenträger davon überzeugen konnten, dass Phoenix eine Notwendigkeit ist. Insgesamt haben wir uns nicht zu beklagen. Die erste Etappe war die Verbesserung der technischen Reichweite, die anfangs ziemlich mager war. Dann kam zur Zeit der CDU-Spendenaffäre im Jahr 2000 der publizistische Durchbruch, als alle Welt festgestellt hat, dass Pressekonferenzen doch interessant sein können. Zudem haben wir mit der Übertragung von interessanten Ereignissen, herausragenden Dokumentarfilmen und guten Moderatorinnen und Moderatoren auf uns aufmerksam gemacht. Ab 2001 waren die Skeptiker nicht mehr zu sehen.

Phoenix nennt sich selbst „Ereigniskanal“. Die große Mehrheit interessiert sich heutzutage allerdings eher für Ereignisse wie die "Wok WM" oder den "Eurovision Song Contest"...

Minhoff: Was Sie ansprechen sind Events aus dem Unterhaltungsgenre, die keine gesellschaftspolitische Relevanz haben – soweit ist es bei der Wok-WM zumindest noch nicht gekommen. Was uns zum Ereignisfernsehen macht, ist, dass die Zuschauer bei uns grundsätzlich mit dabei sein können: Mit im Raum stehen, mit am Tisch sitzen. Sie können bei uns unkommentiert und in voller Länge Augen- und Ohrenzeuge werden. Das ist nicht nur ein Wert an sich, sondern auch eine Möglichkeit, sich am gesellschaftlichen und politischen Prozess persönlich durch eigene Inaugenscheinnahme zu beteiligen.
 


Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" schrieb einmal, der Presse drohe ein Verlust der Deutungsmacht, da Phoenix den Zuschauern Zugang zu Informationen gibt, die bisher der Presse vorbehalten waren. Sehen Sie das ähnlich?

Minhoff: Wir bieten authentisch, ungekürzt und unverfälscht dokumentarisch Ereignisse an, zu denen sich jeder seine Meinung selbst bilden kann. Bei interessierten Phoenix-Zuschauern, die sich selber einen Eindruck verschaffen wollen, haben andere in der Tat die Deutungsmacht verloren. Wir wollen damit nicht die hochwertige Arbeit der Kollegen aus dem Nachrichtenbereich ersetzen, sondern lediglich ergänzen.

Versteht sich Phoenix denn auch als Nachrichtensender?

Radke: Wir sind es von der Struktur nicht, wir könnten es mit unserem Etat nicht bezahlen und wir wollen es nicht sein. Das ist auch ein Vorteil für die Erfüllung unseres Programmauftrages. Denn wenn wir stündlich Nachrichten bringen würden, müssten wir unsere Ereignisübertragungen ständig unterbrechen und könnten nicht mehr gemäß unserem Credo „Machen Sie sich das ganze Bild“ übertragen. Wir können es auch nicht, weil wir das Personal gar nicht haben. Zudem kostet ein Nachrichtenkanal ein Vielfaches von unserem Jahresbudget.
 
Das Nachrichtengeschäft und die damit verbunden Themen bewegen sich immer schneller und zum Teil auch oberflächlicher. Welche Rolle spielt Phoenix bei dieser Entwicklung?

Radke: Wir sind unabhängiger von den Stimmungen und der jeweiligen Aufmerksamkeit der öffentlichen Meinung als die Nachrichtenredaktionen. Wir wollen auch in unseren Gesprächssendungen Akzente setzen, die wir für wichtig halten. Mit Dokumentationen und Reportagen können wir zudem auch Themen wieder aufgreifen. Die Meldung „Es ist nochmal alles gut gegangen“, die im Fernsehen immer vermisst wird, die bekommen sie bei Phoenix zu sehen und zu hören – wenn es denn so ist.