Gehen wir vom fiktionalen Bereich zu den Shows und Dokusoaps. Da haben Sie in einem "Focus"-Interview das große "Promi-Pilgern" angekündigt. Können Sie sich vorstellen, dass jemand dabei an Trash-TV denkt?

Ist Hape Kerkeling Trash-TV? Ich könnte die Auffassung nicht teilen. Uns hat das Thema gereizt, weil es etwas Neues ist. Vor ein paar Jahren hätte niemand gedacht, dass Pilgern mal durch Bücher wie das von Hape Kerkeling so eine Aufmerksamkeit bekommt. Wir schicken jetzt einige Promis auf den Weg und werden sehen. Ich freue mich auf ein ungewöhnliches Format zu einem ungewöhnlichen Thema.

Wieviele Millionen haben Sie Hape Kerkeling geboten?

(lacht) Nicht einen einzigen Cent. Er ist ja exklusiv bei RTL. Ich glaube aber auch, dass er den Weg nicht noch einmal machen würde.

Sie kündigen für die kommende Saison mehr Dokutainment in der Primetime an. Am Dienstagabend läuft es derzeit aber nur mit Ach und Krach. Sie gehen auf volles Risiko...

Warten wir mal wie sich "Gülcans Traumhochzeit" und "We are family" entwickeln. Wir sind damit gerade erst gestartet. Wir setzen am Dienstagabend aber auch weiterhin auf Reality: Im August starten wir auf dem 20.15 Uhr-Sendeplatz "Survivor". Und schauen Sie sich am Donnerstag "Das Model und der Freak" an, dass sich zu einem echten Sommerhit entwickelt.

Foto: ProSiebenSat.1Stichwort "Model und der Freak": Es gibt international ein ähnliches Format namens "Beauty and the Geek". Warum haben Sie nicht die Lizenz erworben?

Die beiden Formate haben wenig Ähnlichkeit. Ich kenne "Beauty and the Geek" natürlich und wenn Sie sich die beiden Sendungen anschauen, merken Sie schnell die Unterschiede. "Das Model und der Freak" ist bei uns aus einer Rubrik hervorgangen, die wir in "taff" schon seit über einem Jahr probieren. Das war so erfolgreich, dass wir daraus ein einstündiges Format gemacht haben.

Es gab also auch keine Gespräch zwischen den Rechteinhabern von "Beauty and the Geek" und ProSieben?

Nein.

Mit "Survivor" bringen Sie jetzt die Original-Adaption der US-Show, nachdem sich mehrere Sender vor einigen Jahren mehr oder weniger erfolgreich an Kopien versucht haben. Wie kommt jetzt ProSieben auf das Format?

Bevor wir uns für die Adaption von "Survivor" entschieden haben, haben wir natürlich auch noch einmal nachgeschaut. Und zumindest das Format "Inselduell" bei unserem Schwestersender Sat.1 lief damals gar nicht so schlecht mit Marktanteilen von über 15 Prozent. Das hat man ein bisschen vergessen. Der Anlass für die Adaption von "Survivor" ist der anhaltende Erfolg des Formats in vielen Teilen der Welt, nicht nur in den USA. Es sind inzwischen auch schon die ersten Folgen eingetroffen und wir sind sehr sehr zufrieden. Ab dem 14. August werden wir sehen, ob die Zuschauer uns zustimmen.

Eine weitere geplante US-Adaption ist die NBC-Gameshow "Identity". Gibt es dort schon grünes Licht?

Wir haben "Identity" vor einigen Wochen pilotiert, das ist richtig. Und wir sind auch recht zufrieden damit. Jetzt sind wir in der Marktforschung und werden danach sehen, ob und wann wir mit dem Format einstarten.

Schon entschieden ist das Engagement von Boris Becker. Der hatte schon bei Premiere und dem DSF Personality-Formate - und wenig Erfolg. Was macht Becker bei ProSieben erfolgreicher?

Bei Premiere weiß man ja nicht, wie erfolgreich die Sendungen sind. Beim DSF hatte Boris Becker eine klassische Talkshow. Wir starten mit ihm eine Reportagereihe, in der Becker Prominente besucht und mit Ihnen einen oder mehrere Tage verbringt. Damit werden wir im späten Herbst starten.

Gibt es schon einen Termin für das geplante Tennis-Turnier?


Wir suchen einen Termin Ende des Jahres. Aber für ein großes Allstar-Turnier mit ehemaligen Tennislegenden müssen Sie auch erst einmal einen passenden Termin finden, an dem die gewünschten Beteiligten Zeit haben.
 


Nach Boxen jetzt Tennis. Bleibt Sport bei ProSieben in erster Linie Unterhaltung oder gibt es ernste Ambitionen?

Die Spieler auf dem Platz bzw. Boxer im Ring sehen das natürlich als Sport. Aber es ist bestimmt nicht als Einstieg ProSiebens in das Wettbieten um Sportübertragungsrechte zu verstehen.

Wie groß ist eigentlich der Verlust von Oliver Pocher für ProSieben?
 
Wir hätten ihn gerne behalten, keine Frage. Aber er wollte sich beruflich verändern und diese Sendung mit Harald Schmidt machen. Da wünschen wir ihm jetzt alles Gute. Oliver Pocher ist ein großartiger Comedian. Die Tür für eine Rückkehr steht ihm offen. Zudem zeichnen wir in den nächsten Tagen sein Live-Programm "Aus dem Leben eines B-Promis" auf und werden es als Zweiteiler im Herbst zeigen.

Dabei wurde Pocher immer mal wieder als möglicher Erbe von Stefan Raab bei "TV Total" gehandelt. Aber da Raab seinen Vertrag ja verlängert hat...


Wir suchen keinen Nachfolger für Stefan Raab bei "TV Total" und wir haben noch nie einen gesucht, weil er einzigartig ist.

Eine klare Aussage. Aber warum ist Raab künftig nicht mehr bei den ProSieben-Fight Nights dabei?

Stefan Raab arbeitet sehr viel, aber bei der Vielzahl an Events, die wir in den kommenden zwei Jahren planen, ist es zusammen mit den vier Sendungen "TV Total" in der Woche nicht zu bewältigen. Wir sind ihm aber sehr dankbar, dass er am Anfang mit dabei war und insbesondere, dass er noch einmal gegen Regina Halmich angetreten ist.
 
Im Juli zeigt sich ProSieben zeitweise in gelb für die "Simpsons". Angesichts der guten Quoten am Vorabend bzw. beim "Simpsons"-Marathon zuletzt auch in der Primetime: Wieso läuft die Serie nicht auch regelmäßig im Abendprogramm?

Wir haben zum Start des Kinofilms zunächst einmal einen neuen "Simpsons"-Marathon im Proramm. ProSieben ist der "Simpsons"-Haussender, da begleiten wir den Kinostart selbstverständlich. Das ist für uns eine Herzensangelegenheit. Ich will nicht ausschliessen, dass wir die "Simpsons" mal wieder regelmäßig in die Primetime nehmen. Aber es gibt derzeit keine konkreten Pläne. Was ich mir zeitnah vorstellen kann, ist ein weiterer "Simpsons"-Marathon zur Primetime. Dann unter einem bestimmten Thema.

Foto: ProSiebenVon Produzenten- und Autorenseite hört man im Bereich der Comedy häufig Lob für den langen Atem den ProSieben beweist. Was macht ProSieben richtig, was andere falsch machen?

Gutes Fernsehen definiert sich nicht allein durch die Quote. ProSieben muss neue Wege gehen und Mut beweisen, wenn wir innovativ sein wollen und damit gutes Fernsehen zeigen wollen. Das haben wir bei "Stromberg" oder ganz aktuell bei "Dr. Psycho" bewiesen. Aber auch bei "Switch Reloaded". Mit dem Comeback der TV-Satire sind wir sehr zufrieden. Wir haben die innovativsten Comedys im deutschen Fernsehen. An dieser Stelle gilt das Lob aber insbesondere meinem Kollegen Jobst Benthues, der den Bereich seit Jahren mit sicherem Gespür leitet.

Sie haben schon von "Stromberg" gesprochen, lassen Sie uns doch noch etwas darüber reden. Die vierte Staffel kommt also. Das Geheimnis haben Sie am Abend in Düsseldorf gelüftet...

ProSieben bleibt im "Stromberg"-Fieber - wir werden eine vierte Staffel produzieren. Wir wissen was "Stromberg" für unsere Marke bedeutet und u.a. Ralf Husmann, Head-Autor und Produzent, hat uns mit seinen Ideen sehr überzeugt, die Serie fortzusetzen.

Anfang des Jahres zeigte sich Christoph Maria Herbst eher zurückhaltend über eine Fortsetzung. Man könne ja nicht plötzlich ein Ufo landen lassen. Und wiederholen wollen man sich auch nicht. Welche zündende Idee gab also den Ausschlag für die Fortsetzung?

Wie genau es mit "Stromberg" weitergeht, will ich jetzt noch nicht verraten. In jedem Fall aber behält die Figur Bernd Stromberg ihre Glaubwürdigkeit. Die Serie hat schon einen so extra-terrestrischen Humor, dass wir kein Ufo landen lassen müssen.

Dann freuen wir uns auf irdischen Humor. Herr Bartl, herzlichen Dank für das Gespräch.