
Unendlich. Wir bilden in erster Linie die Realität ab. Da uns die Themen vor allem auch durch unsere Zuschauer zugetragen werden, kann man die "Akte" unendlich fortsetzen. Die Frage bleibt aber stets, wie sich Magazine im Fernsehmarkt behaupten. Da haben wir in diesem Jahr gemerkt, wie widerstandsfähig die "Akte" sein kann. Also: Ein Ende ist nicht abzusehen.
Und persönlich? Haben Sie eigentlich alle Folgen moderiert?
Ich habe sie alle und gerne gemacht. Sogar die eine Notsendung, die wir aufgezeichnet haben, nachdem wegen eines Blitzeinschlags einmal gar nichts mehr ging. Die ist aber noch nie ausgestrahlt worden, weil die Satellitenleitung seither Gott sei Dank immer stand. Krank war ich in den 13 Jahren nie oder zumindest nicht so sehr, dass ich mich nicht noch vor der Kamera senkrecht hätte halten können. Das kann man hinkriegen, wenn man ein bisschen auf sich aufpasst. Und das tue ich auch weiterhin.
Also trotz der Quotenschwankungen bei der "Akte"-Quote keine Sorgen?
Schwanken setzt immer Stehen voraus. Aber das Thema greift weit über unser Magazin hinaus. Ich glaube, wir haben dieses Jahr eine Schwäche des ganzen Genres Magazin bei den Privatsendern beobachten können. So etwas wie die Schwäche des klassischen Sechsminüters. Aus der Krise heraus, die sicher auch einen finanziellen Aspekt hat, wurden die Stücke bei vielen Magazinen länger. Die Kollegen von "Extra" bestreiten inzwischen eine Sendung mit viel weniger Stücken als früher, die heute bis zu 19 Minuten lang sind. Ähnlich „stern tv“. Das ist eine interessante Entwicklung. Offenbar nimmt der Zuschauer längere Stücke dankbar an, bei denen er die Entwicklung einer Story leichter, weil fließender und ohne Sprünge mit begleiten kann. Wie er es schätzen gelernt hat bei den vielen, deutlich ruhiger erzählenden Dokusoaps.
Würden Sie der Darstellung widersprechen, dass "Akte" bei Sat.1 wie auch "Extra" bei RTL die stillen Arbeiter der beiden Sender sind? Beide Formate laufen langjährig, meist aber eher pflichtbewusst als herausragend in Quote oder Aufmerksamkeit...
Na, na. Pflichtbewusstsein ist eine meine Lieblingstugenden... Ein Programmschema braucht ein Rückgrat. Das liefern journalistische Formate. Die aber brauchen nicht den Dauerglamour. "Akte" ist das journalistische Aushängeschild des Senders, auch weil wir das am längsten laufende Magazin sindund eine starke Marke. Die können Sie konzentrieren oder erneuern. Bei der Sendung des Kollegen Jauch beobachten ich seit einiger Zeit eine Art "Schreinemakerisierung". Sehr erfolgreich!
Was verstehen Sie darunter?
Als es vor einigen Monaten schwierig wurde, mit klassischen Stücken die Quote zu halten, hat man sich bei "Stern TV" entschieden, ganz einfache, geradezu hausfrauliche Themen sehr persönlich anzugehen, um so eine neue Emotionalität zu gewinnen. Da haben die für sich ein gutes Rezept gefunden, das so aber woanders nicht funktionieren würde.
Bleiben wir kurz bei "Stern TV". Vervollständigen Sie doch bitte den Satz: "Günther Jauch ist Ihr...."
Nachbar in Potsdam.
Die beiden spektakulärsten Themen der "Akte"-Geschichte - einmal Bundeswehr, einmal Koks im Reichstag - liegen schon länger zurück. Wie relevant ist die "Akte 07"?
Sie werden sich doch erinnern: Wir haben Anfang des Jahres den Kinderpornoskandal "Mikado" aufgedeckt und sind damit bis in die "Tagesschau" gekommen. Das ist sicher Beweis genug, dass "Akte“ auch im 13. Jahr nichts an Kraft verloren hat. Aber solche Themen finden sich nicht mit Regelmäßigkeit. Unsere Sendung leistet eher stille, sorgfältige Arbeit. Wir sind in erster Linie der Weiße Ritter an der Seite unserer Zuschauer und kämpfen für ihn. Darauf, auf unseren Markenkern, haben wir uns im Frühjahr neu konzentriert. Und damit erreichen wir stabile Quoten. Die liegen zwar nicht mehr so hoch wie zu den Zeiten, da „Schwester Stephanie“ vor uns und nichts gegen uns lief. Aber nach so langer Sendedauer sind wir eines der Formate, die der Zuschauer auf Befragung sofort mit unserem Sender verbindet. Über 600 Sendungen liegen hinter uns, die nächsten 600 haben längst begonnen.
Lässt sich die schwankende und teils schwache Quote auch auf die generelle Situation von Sat.1 zurückführen?
Ich sehe die „Akte“ auf gutem Weg. Was der Sender jetzt garantiert nicht braucht, sind Stimmen, die schon immer wussten, wie es geht. Wir müssen alle kämpfen. Generell ist festzuhalten, dass im deutschen Fernsehmarkt alle Zeichen derzeit auf amerikanischer Lizenzware stehen und die liegt nun mal bei den Kollegen von RTL und ProSieben aus. Vor einigen Wochen haben wir trotzdem mit 14,4 Prozent Marktanteil 14/49 den Jahresbestwert geholt, was zeigt, dass Luft nach oben ist.