Foto: Roland HornWo wir gerade beim Fiktionalen sind: In einigen Artikeln wird Ihr emotionaler, oft betroffener Moderationsstil als Schauspielerei bezeichnet.

Ich habe dazu - auch in einem Interview zur 600. Sendung – meine stille Erwartung enthüllt, dass meine Moderationen irgendwann mal im Deutsch-Unterricht besprochen werden, so interessant wie sie offenbar sind (lacht). Ich halte das nicht für Schauspiel, gar nicht. Es ist eine sehr elaborierte Text- und Vortragsform, sich unterschiedlichen Themen zu nähern. Und es ist auch eine Frage des Stils im Umgang mit dem Zuschauer, ob sich der Gastgeber dem Thema widmet oder nur unterkühlt einen Beitrag ankündigt. Um es abzukürzen: Ich komme mit mir selber gut klar (lacht) und hoffe, daß sich die Kritiker inzwischen an meine Moderationen gewöhnt haben.

Kommen wir von "Akte" zu "Ein Job - Deine Chance". Die von Ihnen produzierte Dokusoap tut sich am Mittwochabend sehr schwer...

Die Rubrik ist innerhalb der "Akte" hervorragend gelaufen. Eine eigenständige Dokusoap daraus zu machen, ist ein mutiger Schritt, weil es in der Primetime für Sat.1-Zuschauer ein völlig neues Genre ist. Deshalb braucht die Einführung eines neuen Genres einen längeren Atem. Und wenn es nicht dieses Thema sein sollte, dann bitte das nächste. Deshalb ist es auch keine Format-, sondern nur eine Themenfrage. Und da können Sie schnell umschalten. Und der Sender auch.

Bei unserem letzten Gespräch plante Sat.1 gerade eine wöchentliche Talkshow - mit dem bekannten "Erfolg". Ist das Genre tot oder würde es Sie persönlich als Moderator und/oder Produzent noch einmal reizen?

Es reizt mich unter beiden Gesichtspunkten. Eine Talkshow ist für die Privatsender ein schwerer Brocken, den sich niemand anzuheben traut. Noch sehe ich auch nirgends ein ernsthaftes Engagement, das dem in regelmäßigen Abständen auftauchenden Beschwören einer sich abzeichnenden Renaissance auch Taten folgen lässt. In der Primetime wird wohl jeder Talkshowproduzent, der keine mittelfristige Bestandsgarantie vom Sender bekommt, nach zehn Folgen die Segel streichen müssen. Ich glaube auch nicht, dass man in der späteren Primetime noch einmal eine Talkshow mit nur einem Thema über 45 Minuten ziehen kann.
 


Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Das mangelnde Interesse der Zuschauer unter 50 zeigt, wie sehr das deutsche Publikum inzwischen an schnelle Reize und den Wechsel dieser Reize gewöhnt ist. Wie viel passiert in einer Minute "CSI", wie viel in einer Minute Talk? Sehen Sie. Deshalb heißt die Aufgabe nichts weniger als: Wie führen wir die Zuschauer wieder an die Magie des gesprochenen Wortes heran? Das kann gelingen, aber nicht mit einer monothematischen Talkshow. Zumindest nicht beim jüngeren Publikum.

Wären also "Der heiße Stuhl" und "Einspruch" auch nicht mehr denkbar?


Wenn sie die Talkkonzepte der 90er Jahre nehmen, egal ob "Der heiße Stuhl" oder "Einspruch", sie modernisieren und um Einspielfilme ergänzen, kommen sie bei Frank Plasberg und "Hart aber fair" heraus. Mein Glückwunsch für ihn. Aber: Der öffentlich-rechtliche Erfolg des Kollegen beruht auf Konzepten, für die das Privatfernsehen vor 15 Jahren gescholten wurde. So ändern sich die Zeiten, was insbesondere dann auffällt, wenn Privatsender sich gerade mit diesem Genre heute so schwer tun.

Aber auch ohne Talk muss man sich um Meta Productions also nicht sorgen?

Sie rühren mich. Wir haben neben "Akte" und "Ein Job - Deine Chance" für Sat.1 in diesem Jahr für den MDR die Reihe "Die Spur der Täter" mit Peter Escher realisiert, für Dmax die sechsteilige Reihe "Operation Afghanistan" gedreht und blicken für MTV hinter die Kulissen einer ganz bestimmten Musikrichtung, ohne dass ich dazu schon mehr verraten kann.

Letzte Frage. Sie haben einmal vor einigen Jahren im Hinblick auf die Themenwahl bei "Akte" gesagt, "der Boulevard ist die elegante Flanierstraße, aber er ist auch die Straße wo Hunde hinscheißen und kleine Nutten das Röckchen hochheben". Meine Frage: Ist die Straße inzwischen sauberer geworden?

Die Straße ist sauberer geworden. Zumindest dort wo unsere Kehrmaschine fährt