Wenn Sie wie jetzt in den USA sind: Schalten Sie im Hotel den Fernseher ein, um einen Eindruck vom aktuellen US-Fernsehen zu bekommen?

Ich halte es für notwendig, beim US-Fernsehen auf dem neuesten Stand zu sein. Man kann hier viele Trends erkennen und wenn es auch manchmal nur dazu dient, gewisse Trends als für Deutschland untauglich auszusortieren. Ich bleibe dennoch nicht nur aus beruflicher Notwendigkeit begeisterter Beobachter des amerikanischen Fernsehens. Ich bin bei jeder neuen Serie dabei, halte mich online auf dem Laufenden und natürlich gilt eine meiner zahlreichen USA-Reisen im Jahr auch den May Screenings.

Dann die Frage an einen Experten des US-TV: Muss man Amerika um sein Fernsehen beneiden?

Um die Serien muss man Amerika beneiden. Denk‘ ich an HBO, dann muss man die USA auch um das PayTV beneiden. Ich wünsche mir immer noch ein stärkeres Premiere, das sich auch in diese Richtung bewegt. Das sehe ich leider derzeit weniger denn je, nach den Äußerungen von Hans Seger (Vorstand Fiction bei Premiere, Anm. d. Red.), der ja behauptete, dass deutsche Produzenten nicht in der Lage seien auf gleichem Level zu produzieren. Darüber konnte ich mich nur amüsieren. Seger hat die Aussage aber inzwischen ja auch schon wieder relativiert.

War das ein Appell an Premiere?

Premiere könnte im Bereich der Event-Produktionen eine ganz gewaltige Rolle spielen. Mit Georg Kofler hatte ich vor einiger Zeit Modelle besprochen, bei denen man mit den großen Free-TV-Sendern zusammen produziert und die Events dann zuerst im Pay-TV laufen und dann ins Free-TV kommen. Da gibt es viele Möglichkeiten, Premiere bei Eigenproduktionen in die Pole Position zu bringen. Auch mit seriellen Produktionen. Dabei hat Premiere meiner Meinung nach nur eine Chance, wenn sie sich an HBO orientieren - also Ausnahmefernsehen zeigen, das nicht gekauft, sondern selbst produziert wird. HBO ist auch als Abspielstation gestartet und hat rechtzeitig erkannt, welchen Weg man gehen muss. Warten wir ab, ob Premiere eine ähnliche Erkenntnis haben wird.

Noch einmal zurück zum Neid auf das US-Fernsehen: Wie bewerten Sie das im Bereich der Fernsehfilme und TV-Events?

Da sieht es völlig anders aus. Das sage ich aus Stolz auf unsere teamWorx-Produktionen, aber auch generell aus deutscher Sicht. Im Einzelspiel- bzw. Eventmovie-Bereich hält Amerika den Vergleich mit unseren Produktionen nicht stand. Da ist es - anders als bei TV-Serien oft der Fall - eher das Ausland, das bei uns einkauft oder abschaut. Schaut man sich Veranstaltungen wie die MIP-Treffen in Cannes an, dann ist der deutsche Fernsehfilm weltweit das Maß der Dinge. Das drückt sich ja auch in sehr hohen Verkaufszahlen aus. Jan Mojto sagte mal, wir machen in Deutschland „Kino fürs Fernsehen“. Und anders wäre es nicht zu einer Primetime-Ausstrahlung von „Dresden“ im spanischen Fernsehen und in ganz Europa gekommen. Aber die anderen Länder imitieren unsere Erfolge inzwischen sehr schnell und zum Beispiel Frankreich oder Italien produzieren weniger Mittelmaß als sie es vor einigen Jahren noch getan haben.
Foto: Teamworx
Nico Hofmann
 
Was macht den deutschen Film international so attraktiv?

Es ist die Machart, die wir bei unseren Produktionen durchaus auch auf den internationalen Markt ausrichten. Es sind die klassischen cineastischen Mittel, die wir nutzen. Wir bedienen uns des Hollywood-Moments von großen Bildern. „Der Tunnel“ z.B. wurde in sieben Ländern verkauft und „Dresden“ war in Japan ein großer Kinoerfolg. Filme so zu inszenieren ist sicher auch immer eine Frage des Budgets.

Für „Die Mauer - Berlin '61“ hat es bei den International Emmys nicht zu einer Auszeichnung gereicht. Sind Sie enttäuscht?


Ich habe letztes Jahr die Jury in Berlin gehostet und habe dabei großen Respekt für den International Emmy bekommen, weil ich gemerkt habe, wie seriös und ernsthaft die Arbeit der Juroren ist. Deshalb freut mich auch schon die Nominierung für „Die Mauer“ sehr, weil ich weiß, dass man sich ernsthaft und sehr kritisch mit dem internationalen Fernsehen auseinandergesetzt hat. Die Nominierung war für uns schon eine ehrenwerte Auszeichnung.

Und vor gut einem Monat ist der Film ja schon mit dem Prix Europa ausgezeichnet worden. Ein guter Trost.

Ich finde es sehr interessant, dass der Film im Ausland sehr aufmerksam aufgenommen wird und neben der Emmy-Nominierung eben auch den Prix Europa gewonnen hat, aber in Deutschland bei den großen Preisverleihungen weitestgehend unbedacht blieb. Woran das auch immer liegen mag. Eine Antwort darauf habe ich nicht.
 
Ist das Kritik an deutschen Preisverleihungen? Am Deutschen Fernsehpreis?

(lacht) Was soll ich sagen? Wir haben den Deutschen Fernsehpreis in der neunjährigen Geschichte von teamWorx fünfmal in der Hauptkategorie gewonnen. Da gehört auch Einiges dazu. Und ich war in den ersten Jahren in der Jury. Die größte Bedeutung des Preises liegt im Kreis seiner Stifter, die sich auf eine Preisverleihung einigen konnten. Und aus meinen Erfahrungen der ersten Jahre kann ich sagen, dass dieses Modell der Unabhängigkeit von einem Sender oder Produzenten der Wertigkeit des Preises sehr gut getan hat. Ich fände es fatal, wenn sich daran irgendwann durch Streitigkeiten unter den Sendern etwas ändern würde.
 
Lesen Sie auf Seite 2: Wieso die deutsche Serie fast verloren ist und der "Blackout"-Flop von Sat.1 für Hofmann gar kein Mysterium sondern leicht zu erklären ist...