Im Gespräch: Tele 5-Geschäftsführer Jochen Kröhne

Foto: Jochen KroehneDWDL: Herr Kröhne, zunächst herzlichen Dank, dass sie sich die Zeit genommen haben. Apropo Zeit: Beginnen wir doch in der Vergangenheit und arbeiten uns in Zukunft heran. Wie zufrieden sind sie mit den ersten anderthalb Jahren des "neuen" Tele 5?

Jochen Kröhne: Es klingt vielleicht vollmundig, aber wir liegen tatsächlich im Plan. Auf eine technische Reichweite von 73 % hätte ich im April 2002 nicht unbedingt mein Haupthaar verwettet. Wir senden bundesweit rund um die Uhr mit einem Eigenproduktionsanteil von etwa 20 % und haben abschnittsweise sogar schon beachtliche Marktanteile.

DWDL: Können Sie als Kenner des "alten" Tele 5 verstehen, dass einige Fernsehzuschauer im letzten Jahr verärgert darüber waren, dass im neuen Tele 5 recht wenig von dem drinsteckt, was viele sich davon erwartet haben?

Jochen Kröhne: Wer ein Retro-Erlebnis haben will ist bei www.tele5-chronik.de sicher besser aufgehoben. Und viele Programme strahlen in der Erinnerung besser als heute on air. Ich denke, ich darf das sagen, denn ich war damals der Programmdirektor. Unser jetziges Tele 5 ist ein ambitionierter Sender im Aufbau, der dem heutigen Zuschauer attraktive Unterhaltung bietet.

DWDL: Worin lag eigentlich der Ursprung der Idee, nach so vielen Jahren auf einmal Tele 5 wieder aufleben zu lassen? Wie kam es dazu?

Jochen Kröhne:Das Ende vom analogen Premiere-Sender im bayerischen Kabel war der Beginn von Tele 5. Ein Kabelplatz wurde frei und die Tele München Gruppe unter Dr. Herbert Kloiber konnte nach Tele 5 (1), RTL II und TM3 das vierte TV-Projekt mit dem Arbeitstitel TM-TV starten. Aus TM-TV wurde durch einen glücklichen Zufall Tele 5: Die Juristen der KirchGruppe hatten vergessen den Titelschutz des alten Senders zu verlängern. So war die Taufe für das Neugeborene möglich.

DWDL: In den vergangenen 17 Monaten gab es bereits einige Entwicklungen im Programm. Doch noch bleibt immer der etwas fade Beigeschmack, dass Tele 5 so etwas wie der RTL II-Resteverwerter ist...

Jochen Kröhne: Big Brother und Fame Academy waren sinnvolle Programmkooperationen. Wir zeigen die XXL-Version der Kurzfassung von RTL II. Also das, was RTL II aus zeitlichen Gründen nicht ausstrahlen kann. Wenn man noch klein ist, kann man auf diese Weise von der Programm- und Promotionkraft des Größeren profitieren. Das finden wir eigentlich ganz clever. Demnächst machen wir sicher noch andere überraschende Dinge, auch ohne RTL II. Wait and see.

DWDL: Die Vorabendschiene rund um das Thema Reisen wurde ja erst Anfang September auf Live-Betrieb umgestellt. Neu ist der "Tele 5 Reiseführer". Wie wichtig ist dieses Vorabendprogramm und mutiert Tele 5 jetzt zum zweiten 9Live?

Jochen Kröhne: Das läge mir fern. Aber das Call-Business, das 9 Live übrigens auch gar nicht erfunden hat, ist heute eben eine legitime Einnahmequelle, neben der klassischen Werbung und Direktverkäufen. Hier muss man in der Tat Augenmaß bewahren. Die wichtigste Einnahmequelle für uns ist und bleibt die werbetreibende Industrie. Reine Call-Sendungen und hippelige Quizsendungen über Stunden werden Sie bei uns nicht finden, eher schon Spielfilme, Serien und Cartoons. Die Reiseschiene mit unserem Kooperationspartner KarstadtQuelle (Neckermann Urlaubswelt TV) ist aber ein kommerziellell hoch bedeutendes Programm für uns.

DWDL: Interaktive Unterhaltung gibt es bei Tele 5 auch am späten Abend: Der "Nachtfalke" begleitet momentan das nur mäßig-erfolgreiche RTL II-Castingformat "Fame Academy". Wohin soll der "Nachtfalke", wenn man das Format nicht mit RTL II-Shows branden kann?

Jochen Kröhne: Richtig erkannt. Der Nachtfalke steht beständig auf dem Prüfstand. Es liegt in der Natur derartiger Formate, dass die Halbwertszeit möglicherweise unter der des Caesiums liegt.

DWDL: Bei Tele 5 wird gerne experimentiert: Formate kommen und gehen, wie auch beim "Nachtfalken" ja schon diverse Moderatoren bzw. Moderatorinnen vor der Kamera standen. Wie kommt es zu dieser hohen Fluktuation bei Tele 5?

Jochen Kröhne: Unsere Moderatoren Jochen Bendel, der Schwede, Kerstin Linnartz und Caro Grove machen beim Nachtfalken einen sehr guten Job. Jochen und der Schwede übrigens von Anfang an. Mandana Naderian ist nicht mehr dabei, weil ihr die Fame Academy nicht so gefiel und Simone Derricks fühlte sich generell im Livebetrieb nicht zuhause. Beide Frauen sind aber meiner Meinung nach vor der Kamera hervorragend. Ansonsten war es ja gerade das Experimentelle, was vielen am alten Tele 5 so gut gefiel, oder ?

DWDL: Von der Gegenwart jetzt zur Zukunft: Mitte September hat Tele 5 den Titelschutz für verschiedene "Gates" beantragt. Verraten Sie uns, was es mit `Action Gate`, `Serien Gate`, `Quiz Gate` und Co. auf sich hat?

Jochen Kröhne: GATE ist die "Gattungsmarke" der digitalen Projekte der Tele München Gruppe. Toongate ist im übrigen auch der Name unserer Cartoonschiene. Sollten in den nächsten Monaten die digitalen Pläne der Netzbetreiber wie Kabel Deutschland und ISH tatsächlich realisiert werden, dann wird es ziemlich sicher auch digitale Spartenkanäle unter dem Gate-Logo geben.

DWDL: Können Sie uns einen Ausblick auf die Tele 5-Programmhighlights der kommenden Monate geben? Stichwort: "Basic Instinct".

Jochen Kröhne: Wir planen ab Ende Oktober 2003 eine Programmoffensive, weil wir jetzt langsam die dazu notwendige technische Reichweite haben. Wir bieten den Zuschauern gegen Ende des Jahres z.B. wöchentlich 10 Spielfilme. Das macht sonst kein anderer Free-TV-Sender. Dabei haben wir uns auch mit zahlreichen Highlights eingedeckt: Basic Instinct, 2001 - Odyssee im Weltraum, Wag the Dog, Little Big Man, Twelve Monkeys und viele andere.

DWDL: Folgt bei den kommenden Änderungen des Tele 5-Programms auch ein neues OnAir-Design?

Jochen Kröhne: Das ist gut möglich, hat aber nicht oberste Priorität. Die Verpackung ist sehr wichtig, der Inhalt aber doch noch wichtiger. Zumindest ist das meine Lebenserfahrung als Programm-Macher.

DWDL: Welchen Marktanteil peilt Tele 5 mittelfristig an und wie sehen die wirtschaftlichen Zielsetzungen des Senders aus?

Jochen Kröhne: Wir peilen natürlich die Ein-Prozent-Marke an. Wir wollen uns mittelfristig in der 2. Reihe positionieren: jünger als Kabel 1, älter als RTL II und etwas männlicher als VOX. Ansonsten wollen wir natürlich reich werden und unsere Zuschauer glücklich machen.

DWDL: Diese vorletzte Frage kann einfach beim Thema Tele 5 nicht ungestellt bleiben: Wird es ein Comeback von "Ruck Zuck" geben? Herr Kloiber hat dies in einem Interview gegenüber Blickpunkt:Film bereits schon einmal ins Gespräch gebracht.

Jochen Kröhne: Ich habe sogar schon mit Jochen Bendel und Werner Schulze-Erdel darüber gesprochen. Ruck Zuck, die gute alte Tante, lief nun schon auf 4 Sendern. Ich glaube aber zur Zeit, dass hier die Retro-Argumenete von etwas weiter oben gelten. Ausschließen will ich aber nichts. Eh man sich versah erwachte auch Dornröschen aus hundertjährigem Schlaf.

DWDL: Unsere legendäre nicht ganz ernste letzte Frage auch an Sie: Wofür steht ihrer Meinung nach unser Kürzel DWDL?

Jochen Kröhne: "Das Weiß Die Lucy."

DWDL: Herr Kröhne, herzlichen Dank für das Gespräch.