Sind Sie froh derzeit nicht mit Bruce Darnell zusammen in der ARD auf Sendung zu sein?

So kann man das nicht sagen. Ich bedauere nach wie vor, wie das damals im Zusammenhang mit der Christiansen-Nachfolge gelaufen ist und ich glaube, dass es manchen in der ARD auch so geht. Ich will dem Sender dafür auch nicht ewig gram sein. Die ARD war damals etwas in Turbulenzen, mit dem Schmidt-Vertrag, mit Boßdorf und der Diskussion um Schleichwerbung. Möglicherweise haben wir einfach den denkbar schlechtesten Zeitpunkt erwischt, um zueinander zu finden. Und dann kamen noch ein paar vereinzelte föderale Krankheitserreger, die sich auch noch Bahn gebrochen haben - und schließlich hat wohl niemand so richtig ernsthaft damit gerechnet, dass ich irgendwann die Reißleine ziehen würde. Dabei hatte ich intern schon deutlich gemacht, dass mit mir viel, aber eben nicht alles zu machen ist.

Zu einem günstigen Zeitpunkt würden Sie die Gespräche mit der ARD also noch einmal aufnehmen? Wie ist ihr Verhältnis zur ARD seitdem?


Das ist für mich im Moment kein Thema. Es ist schwer zu beantworten, wie das Verhältnis zu einem Senderverbund ist, bei dem man es immer wieder mit anderen Verantwortlichen zu tun hat. Das ist wie im Supermarkt: Mal erwischen Sie einen Filialleiter, mit dem sie gut können. Dann wieder die etwas schusselige Verkäuferin, die aber im Grunde ganz nett ist. Schwierig wird es, wenn der Eigentümer des Marktes auch noch mitreden will, obwohl er vom Sortiment und den Kundenwünschen so gar keine Ahnung, aber zur Erhaltung des Ladens komischerweise immer ausreichend Geld hat. Aber ich bin jemand, der sich mit vielen versteht, ohne einer manchmal auch leidenschaftlichen Diskussion aus dem Wege zu gehen. Beim Abschied von NDR-Intendant Jobst Plog habe ich lange mit ZDF-Intendant Markus Schächter zusammengesessen, bis ARD-Programmdirektor Günter Struve ganz traurig in sein Pils schaute. Das endete dann morgens um fünf Uhr in der Haifischbar. Bis dahin hatten wir gemeinsam alle Probleme des deutschen Fernsehens von der ARD bis zu den "Ruf mich an!"-Sendern gelöst.

Sie haben also in diesem Jahr keine Ambitionen, zu neuen Ufern aufzubrechen?

Um es frei nach Walter Ulbricht zu sagen: "Niemand hat die Absicht, neue Sendungen zu moderieren." Es gibt bei mir persönlich derzeit aber tatsächlich kein neues Projekt. Ein Jahr kann auch mal eine Politik der ruhigen Hand vertragen. Anders sieht es mit I&U aus. Hier stoßen wir sehr viele neue Projekte an und entwickeln Ideen und konkrete Programme. Wir haben uns länger gegen jede Expansion gewehrt, weil das im Fernsehen sehr risikobehaftet ist. Aber jetzt wagen wir es doch. Im Sommer ziehen wir um und dann zählen wir mehr als 100 Angestellte. Das ist einerseits eine gute Nachricht, die mir aber manchmal auch die eine oder andere schlaflose Nacht bereitet.

Aber Sie bleiben in der Kölner Innenstadt?

Die meisten Mitarbeiter sind dafür und diese perfekt ausgestatten Medientower zwischen zwei Autobahnkreuzen fördern ja auch nicht unbedingt die Kreativität.

Wieviel Jauch steckt in I&U abgesehen von den Geschäftsanteilen?

Als wir vor acht Jahren mit der Firma anfingen, lag der Prozentsatz der Sendungen, die von mir moderiert wurden, bei 100 Prozent. In den vergangenen Jahren habe ich immer gesagt, dass die Zukunft und Entwicklung von I&U davon abhängt, inwieweit man sich von mir als Moderator emanzipieren kann. Es gibt so viele Fernsehideen - die kann ich ja nicht alle moderieren. Und will es auch nicht. In 2007 ist der Anteil der von mir moderierten I&U-Sendungen erstmals auf unter 50 Prozent gesunken. Und wenn er weiter zurückgehen würde, wäre das auch sinnvoll für die Firma.
 
Foto: RTL

 
Gab es bei den Formaten des vergangenen Jahres auch eins, bei dem Sie gemerkt haben, dass es nicht zu I&U passt?

(überlegt) Das versuchen wir im Vorfeld zu klären. Aber um mal ein historisches Beispiel zu nennen: Wir wurden vor ein paar Jahren gefragt ob wir nicht "Der Bachelor" produzieren können. Da haben wir aber einfach nicht unsere Kernkompetenz gesehen.

War "Paul Panzers 33" Ihre Kernkompetenz?

Das war der Versuch, einen guten und interessanterweise sehr nachdenklichen Mann, der im Radio ein absoluter Erfolgstyp war und ist, ins Fernsehen zu holen. Das ist immer eine große Herausforderung. Ich weiß das vielleicht auch, weil ich selbst vom Radio komme. Die sechs Sendungen sind von der Akzeptanz her ordentlich, aber eben nicht so großartig gelaufen, wie es sich der Sender gewünscht hat. Natürlich kann man bei weit über hundert Sendungen pro Jahr nicht immer den Megaerfolg landen. Aber im Produzentenranking von "kress" lagen wir in 2007 deutschlandweit trotzdem auf Platz 4 - und das obwohl wir gegenüber MME oder Grundy-UFA oder Sony oder der Constantin Entertainment oder Endemol doch von der Größe her absolute Zwerge sind. So gesehen haben wir wohl eine ganz gute Trefferquote. Dass nicht jede Kugel direkt in die 12 geht, ist aber fast schon Gesetz. Den chronischen und ausschließlichen Erfolgsproduzenten gibt es nicht. Nirgendwo.

Stimmt es, dass I&U für RTL auch an einem täglichen Daytime-Format arbeitet? Bislang konzentrieren Sie sich ja eher auf Primetime-Events oder wöchentliche Formate...

Mir ist davon nichts bekannt.

Der Versuch einer scheinbar ganz banalen Frage: Wer gefällt Ihnen als Fernsehzuschauer besser, Anne Will oder Frank Plasberg?

(lacht) Bei Schmidt habe ich im vergangenen Herbst gesagt, dass mir zwei von drei neuen ARD-Sendungen gut gefallen und es bei einer noch nicht so rund läuft. Belassen wir es dabei. Ich hätte auf der einen Seite den Sonntagabend gerne gemacht, auf der anderen Seite läuft Plasberg am Mittwoch jetzt ausgerechnet gegen "Stern TV". Das habe ich mir nicht gewünscht. Wenn wir uns aus dem Weg gehen würden, hätten wir beide etwas davon. Aber ich fürchte, dass keiner von uns beiden nachgibt.
Aber ist es richtig, dass Sie Frank Plasberg nach Ihrer Absage an die ARD viel Glück gewünscht haben?

Ich habe ihn angerufen und gesagt "Ich wünsche Ihnen Glück, wozu auch immer", weil ich schon ahnte, dass meine Entscheidung gegen die ARD Folgen für ihn haben könnte, wenn auch nicht am Sonntagabend. Der Anruf wurde dann fälschlicherweise von einigen Medien als Gratulation an Frank Plasberg gewertet. Aber lassen Sie mich das noch sagen: Ich habe zu Frank Plasberg ein prima Verhältnis und auch zu Anne Will, mit der ich in Potsdam schon lange Spaziergänge um den See gemacht habe als es darum ging, ob sie das Angebot annehmen soll, die "Tagesthemen" zu moderieren. Ich habe ihr damals sehr zugeredet. Ich hatte sie übrigens mal bei RTL als Nachfolgerin von Heiner Bremer beim "Nachtjournal" empfohlen, konnte mich aber damals nicht durchsetzen.
 
Sie sprachen eben von der ersten Ausgabe von "Schmidt & Pocher": Konnten Sie lachen, als Oliver Pocher darüber scherzte, wie leicht man es doch zur ARD schaffen kann?

Klar. Pocher wurde ja auch von Harald Schmidt eingestellt und dann haben sich einige bei der ARD erstmal bei ihren Kindern erkundigen müssen, wer dieser Herr Pocher eigentlich ist. Ich kann übrigens ziemlich oft über ihn lachen und glaube, dass Harald Schmidt trotz gigantischer Mäkelei von außen absolut Recht hatte, ihn zu holen. Die ARD hat den Vertrag mit den beiden ja auch verlängert. Das war eine weise Entscheidung. Jetzt fehlt Oliver Pocher dem Privatfernsehen.