Jörg GraboschHerr Grabosch, wie froh sind Sie angesichts der Finanzkrise, dass Brainpool sich seit knapp zwei Jahren wieder in etwas ruhigeren, nicht börsengesteuerten Gewässern treibt?

Ich weiß gar nicht, ob uns die Finanzkrise getroffen hätte. Es ist eine Krise der Banken und unser Geschäft trägt sich selbst; hat es auch zu Börsenzeiten getan. Wenn, dann macht mir die Finanzkrise eher beim Blick auf die Kundenseite Sorgen, wenn man die Situation bei ProSiebenSat.1 Media betrachtet. Wie wir alle mitbekommen, geht der private Konsum in Deutschland zurück, und in solch einer Situation wird nicht gerade mehr Werbung geschaltet. Das spüren die privaten Fernsehsender unmittelbar und sparen. Dann wird nicht unbedingt noch mehr Geld ins leider ohnehin schon zusammengesparte Programm gesteckt.. Also trifft uns die Finanzkrise eher auf der Kundenseite.

Spüren Sie schon ganz konkret erste Auswirkungen?

Aktuell noch nicht, aber es gibt ja gerade bei ProSiebenSat.1 permanent Sparprogramme. Und wenn jetzt zu den geplanten 70 Millionen Euro Einsparungen noch einmal 30 Millionen Euro kommen und diese im Programm gespart werden sollen, dann wird es wohl bestimmte Programme treffen. Aber ich glaube, dass wir mit Programmmarken wie „Schlag den Raab“ oder den „TV Total“-Events nicht davon betroffen sind. Bei „Dr. Psycho“ hingegen ist das anders. Da hat man sich zwar eine zweite Staffel geleistet, aber mit einer dritten Staffel rechnen wir jetzt nicht mehr. Im verhärteten wirtschaftlichen Wettbewerb kann man sich keine Prestige-Projekte mehr leisten.

Können Sie denn ProSieben verstehen, wenn man sich gegen eine dritte Staffel „Dr. Psycho“ entscheidet?

Eine Sendung, die bei einem Sender wie ProSieben im Schnitt nicht einmal einen zweistellligen Marktanteil in der werberelevanten Zielgruppe erzielt, muss im Massenmedium Fernsehen damit rechnen, dass sie keine Fortsetzung findet. Da braucht man sich nicht zu beschweren. Das sind die Gesetze der Branche. Wer im Fußball 0:3 verliert, hat 0:3 verloren, egal, ob er vielleicht besser gespielt hat. Deswegen fand ich die Entscheidung für eine zweite Staffel schon sehr mutig und gut. Man könnte natürlich jetzt auf die Idee kommen darüber zu streiten, ob die Programmierung gegen den starken RTL-Dienstag sinnvoll gewesen ist. Ich hätte mir für „Dr. Psycho“ auch einen leichteren Sendeplatz vorstellen können. Aber die Wahl der Sendeplätze liegt nicht in unserer Hand.

Höre ich da leichte Kritik?

Ich gehe immer davon aus, dass die Sender bei Ihren Programmierungen ja selber das Interesse haben müssen, die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen. Als Produzent ist man aber natürlich nicht immer über jeden Sendeplatz glücklich..
 

 
 
Mit der immer wichtigeren DVD-Vermarktung und bei Ihnen auch mit dem Portal MySpass.de, bekommen die Produzenten aber ja eine stärkere Rolle in der direkten Kommunikation mit dem Zuschauer: Sie können öfter selbst bestimmen, wie bzw. wann Sie dem Zuschauer Ihre Produkte anbieten...

Das stimmt. Bei MySpass.de nutzen wir diese Möglichkeit natürlich sehr bewusst, und mit „Ulmen.TV“ produzieren wir sogar erstmals ohne, dass wir einen Fernsehsender als Vermittler zum Zuschauer dazwischen stehen haben.

Wobei Sie mit Comedy Central ja doch einen Fernsehpartner haben und nicht nur auf das Internet setzen. Der Sender ist halt nur diesmal nicht Erstverwerter.

Christian Ulmen wollte unbedingt eine Geschichte fürs Netz machen, weil er Fernsehmachern und Kritikern nicht mehr erklären müssen wollte, warum z.B. seine Figur Knut Hansen nun einmal schlechte Witze erzählt und warum es nicht besser wäre, wenn er gute Witze erzählt. Keiner sollte ihm reinreden, und das geht im Internet leichter als im Fernsehen. Er hat aus eigener Tasche einen Piloten finanziert und kam dann zu uns. Wir sprachen dann über MySpass.de. Aber es ist klar, dass MySpass.de dieses Projekt in sechsstelliger Größenordnung alleine nicht tragen kann.

Wie ging es dann weiter?

Wir haben Ulmen eine Co-Produktion vorgeschlagen, bei der wir als Brainpool auch an allen Verwertungsformen von „Ulmen.TV“ beteiligt sind. Dann haben wir das Ding finanziert. Und mit der Verwertung bei Comedy Central und einer geplanten DVD-Veröffentlichung wird sich das Projekt dann refinanzieren. Allein durch das Netz wäre das nicht möglich. .

Und Sie mussten sich nicht mit einem auftraggebenden Fernsehsender um den Verbleib bzw. die Verwertung der Rechte streiten...

Man ist dann in der Tat fast in der Situation eines Hollywood-Studios, das sich den Sender für seine Produktionen frei auswählen kann, weil der Film ja schon produziert ist. Wenn RTL den Film nicht will, geh ich zu ProSieben. Das ist hier in viel viel kleinerer Form der Fall. Christian Ulmen hatte die Idee, wir haben es finanziert und jetzt können wir die Partner frei wählen. Und noch wichtiger: Wir halten die Rechte an unserer Produktion.