Foto: SR/Thomas Gundelwein
Herr Raff, hat Google der ARD eigentlich schon ein Angebot gemacht, die Archive zu digitalisieren und ins Netz zu stellen?
 
Von solch einem Angebot weiß ich nichts. Mal abgesehen davon, dass hier Urheberrechtsfragen zu klären sind, ist doch die entscheidende Frage, ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk dieses überhaupt will. Denn es kann kaum im Interesse einer freien und unabhängigen Presse sein, wenn Google zu einem Monopolisten des Weltwissens und der Meinungsbildung wird.
 
Wer bei Google sucht, klickt meist die ersten drei Treffer an, selbst bei Dissertationen sind es nur die ersten 100. Firmen geben deshalb Millionen aus, um ihre Seiten so zu trimmen, dass sie dort auftauchen. Welchen Anspruch haben da eigentlich ARD und ZDF?
 
Es kann nicht Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sein, bei Google auf Platz eins zu landen. Wenn wir da durch die Qualität des Angebots nicht hinkommen, dann macht Google etwas falsch, nicht wir. Ich vertraue darauf, dass die Nutzer wissen, wo sie seriöse und qualitativ hochwertige Ergebnisse bekommen. Deshalb gibt es auch innerhalb unserer Angebote eigene Suchoptionen, die den Nutzer schnell zu Ergebnissen führen.
 

 
Google ist auch auf dem Weg selbst Inhalte anzubieten. Der Konzern will dies ausbauen, bietet zum Beispiel Berichten zufolge auch um die Internetrechte für die Olympischen Winterspiele 2014. Droht hier nicht die Gefahr des Aufbaus eines Meinungsmonopols, gegen das die Fusion von Springer und ProSiebenSat.1 beinahe zu vernachlässigen ist?
 
Meinungsmonopole sind immer gefährlich, aber der Untergang des Abendlandes droht trotzdem nicht. Es besteht aber die Gefahr, dass immer mehr interessengeleitete Angebote auf den Markt kommen, die nicht von jedem Nutzer gleich durchschaut werden. Dabei bleibt dann die Breite und Unabhängigkeit der Information auf der Strecke. Olympia ist hier ein gutes Beispiel. Wer mit dem Erwerb der Rechte Geld verdienen muss, der wird nur auf massenattraktive Inhalte setzen können, also lieber dreissig Mal das 100-Meter-Finale der Männer zeigen als den Wettbewerb im 50 km Gehen.
 
Kann gegen solche Entwicklungen überhaupt mit deutscher respektiver europäischer Medienpolitik gegengesteuert werden?
 
Die Medienpolitik hat zumindest die Aufgabe, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Möglichkeiten zu geben, in einer sich verändernden digitalen Medienwelt zu bestehen. Wenn die deutschen und die europäischen Medienpolitiker uns hier mit allzu starren Beschränkungen reglementieren, dann geht das letztendlich zu Lasten der Gebührenzahler und hindert uns an der Erfüllung unseres verfassungsmäßigen und gesellschaftlichen Auftrags.
 
In der Diskussion sind derzeit auch die Digitalkanäle von ARD und ZDF. Welche Bedeutung messen Sie diesen Angeboten zu?

Die ARD selbst hat ja im Sommer 2007 mit ihrer Digitalstrategie eine klarere Profilierung von EinsExtra, EinsPlus und EinsFestival angekündigt. EinsExtra zum Beispiel ist seit zehn Jahren das Digitalprogramm der ARD mit dem Schwerpunkt Information. Deshalb wird EinsExtra neben dem  ausgeweiteten Nachrichtenanteil auch weiterhin einen signifikanten Anteil anderer Informationsformen anbieten. Das wird so bleiben.
 
Aber würden Sie die Digitalkanäle nicht gerne auch als Spielwiese und Fläche für Experimente nutzen?
 
Das ist ein Problem, dass eher das ZDF betrifft, nicht die ARD. In unseren Dritten Programmen haben wir diese Spielwiesen, zum Beispiel das „Debüt im Dritten“.  Und ich verweise gerne darauf, dass auch Plasberg zunächst im Dritten des WDR seine Sendung hatte und heute ein nicht mehr wegzudenkender Akteur im Ersten ist.
 
Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie die ARD sich auf die ästhetischen Veränderungen einstellt, mit denen das Medium Fernsehen derzeit konfrontiert wird und wie Fritz Raff zum Massengeschmack steht.