Foto: SR/Thomas GundelweinEs besteht aber oft der Eindruck, dass sich in der ARD neue Formate und gerade solche, die auch ein jüngeres Publikum ansprechen, schwer haben...
 
Auch ich empfinde es so, dass es manchmal schneller gehen sollte; dass wir bisweilen auch flexibler sein könnten. Die Frage ist aber doch, welche Konzepte wir wollen. „Türkisch für Anfänger“ ist zum Beispiel eine Grimme-Preis-gekrönte Produktion, die zwar ein wenig gebraucht hat, um ihr Publikum zu finden, die aber langfristig für Qualität und Erfolg steht. Dass Entwicklungen in der ARD manchmal etwas Zeit brauchen, ist systemimmanent und nicht immer negativ. Es bewahrt uns manchmal vor Schnellschüssen.
 
Sollte sich die ARD nicht von diesem Diktat der Quote verabschieden, da sie im Zeitalter der Mediatheken zunehmend nur einen Teil des Konsums widerspiegelt?
 
Es gibt kein Diktat der Quote. Aber es spricht doch nichts dagegen, mit qualitativ hochwertiger Unterhaltung, Kultur und Information auch noch Erfolg zu haben. Man sollte sein Publikum nicht unterschätzen. Wir werden es uns trotzdem aber auch weiterhin leisten, mal in der Quote nicht vorne zu liegen, dafür aber auch weniger massenattraktive Inhalte zu guter Sendezeit platzieren.
 

 
Die UFA und andere Firmen entwickeln bereits spezielle fiktionale und nonfiktionale Formate für das Internet. Wird das Ihrer Meinung nach auch mittelfristig Folgen auf die Erzählweisen im Fernsehen haben?  
 
Es ist schwierig auf eine Entwicklung von morgen schon heute zu antworten. Aber grundsätzlich gilt: Bildsprache und Erzählweise waren nie statisch sondern immer im Fluss. Das wird auch weiterhin so sein. Die neuen Formate im Internet werden aber sicherlich nicht das Medium Film neu erfinden.
 
Wenn Experten davon ausgehen, dass künftig der Konsument bestimmt, was gesehen wird, quasi der eigene Programmdirektor wird, sind wir dann nicht auf dem Weg, dass der Massengeschmack noch viel stärker bestimmt, was auf den Bildschirm kommt?
 
Das sehe ich zumindest für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht so. Wir haben einen klaren Programmauftrag, den es zu erfüllen gilt, in den klassischen Medien Fernsehen und Hörfunk genauso wie im Internet. Da sind wir dann vielleicht auch als inhaltliches sowie geschmackliches Korrektiv gefragt.
 
Wird das Fernsehen nicht endgültig zum Spiegel des Massengeschmacks oder kann es noch eigene Akzente setzen?
 
Es muss sogar eigene Akzente setzen, und es kann das auch. Das gilt sowohl in den Bereichen Information und Kultur. Es gilt aber auch bei fiktionalen Angeboten. Ich sehe nicht, warum im öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht auch zukünftig hochwertige Produktionen wie „Das Leben der Anderen“, „Contergan“ und „Die Flucht“ realisiert werden sollten.
 
Aber haben Sie künftig noch die Möglichkeiten, Kultur, Bildung und Geschmack mitzubestimmen oder hecheln Sie nicht auch schon heute viel zu sehr dem Massengeschmack hinterher?
 
Ich sehe nicht, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk dem Massengeschmack hinterher hechelt. Es ist sehr wohl möglich massenattraktive Programmangebote zu machen und trotzdem ein hohes Niveau zu erreichen. Ob das bei der kommerziellen Konkurrenz auch so ist, mögen andere beurteilen.