Jakob AugsteinDann wird es aber zur Gratwanderung, wenn man auf der einen Seite neuen Lesern einen möglichst großen Einblick in den „Freitag“ gewähren will, sie aber andererseits sagen, dass Ihnen nur bezahlte Print-Abos etwas wert sind?

Wie meinen Sie "etwas wert"? Unsere Community ist für uns ungeheuer viel wert. Sie gehört zum Kern unserer Identität. Auch wenn wir im Netz nichts verdienen. Das Nichtkommerzielle muss auch künftig zum Charakter des Netzes gehören. Darin liegt der große Vorteil dieses Mediums. Wir müssen aber Geld einnehmen und das geht vor allem über Print-Abos. Da haben Sie natürlich Recht, auf das Kannibalisierungsrisiko hinzuweisen. Ich habe darauf zwei Antworten: Die eine ist eine vernünftige, die andere eine des Gefühls. Für uns als kleines Medium ist es wichtig, unseren Inhalt so weit es geht zu verbreiten, damit die Leute uns überhaupt erst einmal kennenlernen und dann eines Tages auch zu Abonnenten werden. Andererseits glaube ich aber auch wirklich daran, dass das Netz gewissermaßen danach verlangt, Inhalte kostenlos zur Verfügung zu stellen. Das ist Chris Andersons Ideologie, die unter dem Schlagwort "Free" bekannt wurde.
 

 
Und Sie haben keine Angst, dass diese Überzeugung Print-Leser kostet?

Nein. Zunächst einmal kostet der „Freitag“ im Jahresabo nicht die Welt. Und dazu kommt, dass man eine Zeitung in ganz anderen Situationen liest als das Internet. Ich möchte gerne auf dem Sofa, im Zug oder im Flugzeug in Ruhe lesen. Ohne mich um Verbindungsqualität, Daten-Flatrate oder Akku kümmern zu müssen. Und ich stelle mir auch am Frühstückstisch keinen Computer hin. Deshalb sehe ich da keinen Konflikt, wenn man online die Inhalte frei zugänglich macht. Aber ich habe trotzdem die Hoffnung, dass auch wir im Internet Geld verdienen können.

So und jetzt bin ich gespannt wie Sie das anstellen wollen. An Werbung glauben Sie nicht und die Inhalte sollen kostenfrei bleiben...

Bei uns kann es nicht über den Content gehen. Wir haben tolle Artikel. Aber es gibt so viele gute Sachen kostenlos im Netz zu lesen. Das ist einfach eine nüchterne Beobachtung. Solange Spiegel Online oder Zeit oder die Nachdenkseiten oder Niggemeier oder der Guardian kostenlos im Netz zu lesen sind, kann ich mir nicht vorstellen, dass Leute für allgemein informierende Artikel zahlen. Das ist natürlich etwas anders bei Special Interest Themen.

Also kein Paid Content?

Paid ja, aber nicht für Content. Leser sind meiner Meinung nach dazu bereit für Bequemlichkeit zu zahlen oder für einen höheren Level der Partizipation. Wir können Möglichkeiten anbieten, an unserer Website mitzuwirken. Darum geht es ja bei uns. Die Leute sollen den "Freitag" zu ihrem eigenen Projekt machen können. Unser Weg wird der des Freemium-Angebots sein. Die Website des „Freitag“ so wie sie jetzt ist, wird so bleiben. Das bleibt kostenlos. Aber es wird Zusatzangebote und Services redaktioneller und technischer Art geben, die wir uns bezahlen lassen. Ob uns das gelingen wird? Ich weiß es nicht. Es erscheint mir aber als der für uns vernünftige Weg.