Jakob AugsteinSie haben doch im vergangenen Herbst selbst auf der Website des „Freitag“ eine PaidContent-Diskussion angeregt. Wie fiel da denn die Bereitschaft aus?

Es fanden sich viele, die unter bestimmten Bedingungen zahlen würden. Aber da kommen wir zu den zwei großen Herausforderungen für PaidContent im Internet: Wenn Sie Zigaretten kaufen, dann legen Sie Geld auf den Tisch und nehmen dafür eine Schachtel mit. Da weiß man was man bekommt. Im Internet sind die Hürden zu hoch, die beim Bezahlen genommen werden müssen. Kreditkartendetails, Einzugsermächtigungen, Paypal-Konten - das setzt immer noch ein hohes Maß an Vertrauen voraus.

Der Axel Springer Verlag gilt derzeit als Vorreiter bei Paid Content-Experimenten. Das dürften Sie demnach auch mit Spannung beobachten...

Ich finde den Weg von „Bild“ und „Welt“ sehr interessant. Das Netzangebot ist frei verfügbar. Aber für die iPhone Application muss man etwas zahlen. Soweit ich das mitbekommen habe, läuft das ziemlich gut. Das ist ein wichtiger Schritt weil er vielleicht den Weg in eine Zukunft weist, in der die Verlage endlich Geld für ihre Leistungen im Netz bekommen. Andererseits kann dadurch die Kultur des Netzes grundlegend verändert werden. Apple bringt neuerdings hermetische Produkte auf den Markt: iPhone und iPad sind für Entwickler und Nutzer nicht mehr "offen". Apple behält die Kontrolle, was mit den Produkten geschieht. Das erleichtert das Geld verdienen, für Apple und für die Verlage. Aber es geht zu Lasten der Freiheit im Netz. Es könnte eines Tages damit enden, dass das Netz zwar kostenlos bleibt – aber leer ist. Und dass alle Inhalte nur noch über bestimmte kostenpflichtige Apps abzurufen sind.
 

 
Ich entnehme Ihren Ausführungen zu den Internet-Plänen, dass die Entwicklung des „Freitag“ eher online als gedruckt zu erwarten ist. Oder ist der Eindruck falsch?

Der ist falsch. Das Augenmerk für journalistische Qualität liegt auf der Zeitung. Wir haben auch beim gedruckten „Freitag“ viel vor. Wir müssen uns inhaltlich weiter öffnen. Die Zeitung muss offen sein für neue Leser. Grundsätzlich müssen wir an der Zeitung nichts ändern, aber bei den Inhalten aufpassen, dass wir nicht immer nur auf unsere Abonnenten schauen und denen gefallen. Das würde nicht reichen. Wir müssen wachsen und dafür brauchen wir den Mut auch Themen zu entwickeln, mit denen man ganz andere Leserschichten erreicht. Wir können uns nicht ausruhen und zufrieden sein ...

Wenn ich da mal unterbrechen darf. Besteht nicht die Gefahr der Gelassenheit a la „Na, der Augstein zahlt das schon“?

Das wäre ein Irrtum. Wir müssen wachsen. Wenn wir nicht wachsen, dann funktioniert der „Freitag“ auf Dauer nicht. Wir kennen die Kosten, wir kennen die Einnahmen - und sehen dazwischen den Spalt, der sich schließen muss. Das ist ein Prozess über den sich alle Mitarbeiter im Klaren sind. Selbstzufriedenheit ist nicht das Risiko.

Worin sehen Sie das größte Risiko?

In einem zu engen Blick auf unsere Leser, in einem zu engen Verständnis davon, was der "Freitag" ist und an wen er sich wendet.

Werden Sie den Geburtstag mit dem Team in irgendeiner Art und Weise begehen?

Natürlich werden wir feiern. Wir haben ja schon viel geschafft.

Herr Augstein, herzlichen Dank für das Gespräch