RTL II-Programmdirektor Holger AndersenHerr Andersen, wie fällt Ihr erstes Fazit nach dem Wechsel von RTL zu RTL II aus? Was waren Ihre ersten Eindrücke?

Es gab wenig Überraschungen. RTL II ist ein gewachsener Sender mit einer gewachsenen Programmstruktur. Auch intern sind es gewachsene Redaktionen, die seit Jahren erfolgreich die Programme betreiben. Und RTL II hat mir zu RTL-Zeiten auch manchmal die ein oder andere Sorgenfalte ins Gesicht getrieben, wenn man sich beispielsweise die erfolgreichen Spielfilme am Freitag ansieht.

Aber die Arbeitsweise dürfte eine andere sein. Von Aus-dem-Vollen-schöpfend zu Auf-die-Zahlen-guckend?

Auf die Zahlen wurde auch bei RTL schon sehr genau geschaut. Die Arbeitsweise unterscheidet sich tatsächlich weniger als man denkt. Es geht nach wie vor darum gute Programmideen mit den richtigen Leuten gemeinsam on air zu bringen. Was natürlich stimmt: Der Budget-Rahmen ist ein anderer. Da muss man sich genau anschauen, ob man bestimmte Programme machen kann oder nicht. Wenn man sie nicht vernünftig umsetzen kann, sollte man's lieber sein lassen. Ich sehe das dann als Herausforderung, eben etwas Neues zu kreieren, das umsetzbar ist.
 

 
Neben "Big Brother" war das Genre Dokusoap lange Zeit offenbar die einzige finanzierbare Programmfarbe. Jetzt wollen Sie Comedy und Show bei RTL II etablieren...

RTL II steht natürlich eindeutig für Dokusoaps und hat das Genre in Deutschland etabliert. Dennoch gab's auch immer schon große Showformate wie "Popstars" oder auch "Big Brother". RTL II hat sogar schonmal Filme gemacht, man erinnere sich an "Der Sandmann". Was wir jetzt machen ist gar nicht wirklich radikal. Wir versuchen derzeit drei Dinge: Zum einen das Programm um Genres zu erweitern, die bislang bei RTL II noch nicht heimisch sind. Zum zweiten wollen wir neue Gesichter aufbauen und die Gesichter stärken, die RTL II ohnehin im Programm hat.

So viele gibt es da aber ja bislang nicht...


Da muss ich widersprechen. Da wären unsere News-Leute zu nennen oder Aleks Bechtel, die "Neue Hitparade" und auch wieder "Big Brother" moderiert.  Wir sind auch sehr glücklich, dass Ingo Appelt als Gallionsfigur den "Fun Club" übernommen hat. Aber wir setzen auch auf neue Gesichter. Und drittens haben wir auch den Kreis an Produktionsfirmen, mit denen wir Entwicklungen angehen, erweitert. Die neuen Genres gehen auch damit einher, dass wir versuchen, die Tage noch stringenter thematisch zu organisieren.

Das heißt konkret?


Man hat ja zum Beispiel gesehen, dass sich die neuen "Kochprofis" am Montagabend nicht so recht beim Zuschauer etablieren konnten, somit haben wir jetzt den "Wir helfen Dir"-Dienstag kreiert und die "Kochprofis" im Anschluss an "Zuhause im Glück" gesetzt. So haben wir ein viel logischeres Line-Up, das sich auch positiv in den Quoten niedergeschlagen hat. Gleichzeitig wurde der Sendeplatz am Montag um 20:15 Uhr frei, was uns die Möglichkeit bietet, zielgerichtet dafür Programme zu entwickeln, die eher ein junges, dynamisches Publikum ansprechen. Ein Beispiel ist die "Mädchen-Gang" oder auch die Doku "Außergewöhnliche Menschen", die bislang eher ein verstecktes Dasein geführt hat und teilweise unter dem Label "Schicksalsreportage" lief.