Thomas Kausch: Der neue SAT.1-Anchor über Anspruch und Erwartungen
DWDL: In den letzten Wochen häuften sich die Schlagzeilen über die Nachrichtenmüdigkeit der Deutschen. Jetzt haben sie bei SAT.1 die Möglichkeit daran zu arbeiten. Was muss sich denn bei der Nachrichtenvermittlung ändern?
Thomas Kausch: Vielleicht ist das Rezept ganz einfach: Weniger ist mehr. Man muss den Mut haben zu sagen, was ist wesentlich und was ist unwesentlich. Es bringt offenbar nichts, wie es klassischerweise gemacht wird, so viele Nachrichten wie möglich zu präsentieren. Da rauscht einfach viel zu viel an den Zuschauern vorbei. Man muss eine Vorauswahl treffen und dabei berücksichtigen, was die Zuschauer vielleicht auch in seinen Konsequenzen betrifft. Beim Thema Hartz IV kann man z.B. auch in einem B-Stück verdeutlichen, wie sich die große Politik dann konkret auf den Zuschauer auswirkt.
DWDL: Also schon ein Stück weit in Richtung Infotainment und „news to use“?
Thomas Kausch: Hartz IV halte ich nicht für Infotainment.
DWDL: Wenn ich mir aber die „Tagesschau“ oder die „heute“-Nachrichten anschaue, dann wird mir dort nichts - über die reine Nachricht hinaus – erklärt…
Thomas Kausch: Einordnung und Erläuterung von Information halte ich nicht für Infotainment. Wichtig ist nach meiner Ansicht, und das ist auch das was wir mit den neuen SAT.1 News erreichen wollen, eine Sendung zu sein, die schon am frühen Abend einordnet, Position bezieht und deutlich formuliert was von dem, was heute in der Politik passiert ist, vernünftig und unvernünftig war - ohne dabei natürlich im Bereich der Parteipolitik die Neutralität zu verlassen.
DWDL: Das klingt nach einem neuen Anspruch der SAT.1-Nachrichten. Bislang wirkt „18:30“ wie eine Pflichtübung. Mit welchem Ehrgeiz gehen sie die neuen „SAT.1 News“ an?
Thomas Kausch: Unser Anspruch ist, unabhängig davon wie die SAT.1-Nachrichten bislang aussahen, in Sachen Kompetenz auf gleiche Augenhöhe mit „Tagesschau“, „heute“ und „RTL aktuell“ zu kommen. Das muss nicht bedeuten, dass man seine Nachrichten im gleichen Stil macht, aber wichtig ist das die Glaubwürdigkeit, Zuverlässigkeit, Schnelligkeit und der Informationsgehalt auf dem Level der Konkurrenz liegen. Dann können wir auch unseren Zeitvorteil ausnutzen: Wir sind die ersten Hauptnachrichten am Abend.
DWDL: Ihr ehemaliger ZDF-Kollege Wolf von Lojewski hat neulich in einem Gespräch mit der „Welt“ gesagt, die Aufgabe des Journalisten sei auch die Aufgabe eines Dolmetschers. Müssen sie bei den neuen „SAT.1 News“ anders „übersetzen“ als bei „heute nacht“?
Thomas Kausch: Dolmetschen bedeutet für mich, etwas zu übersetzen und verständlich zu machen. Die Übersetzung ist im Prinzip eine Einordnung und damit genau das, was ich ja bereits sagte. Es geht darum etwas verständlich zu machen, was irgendwo auf sehr fachspezifischer Ebene passiert ist. Das kann man als Moderator in der Anmoderation oder eben in einem B-Stück zum Thema, welches über die reine Nachricht hinaus erläutert.
DWDL: Wie sieht es, bezogen auf die neuen „SAT.1 News“, mit der Zusammenarbeit mit N24 aus?
Thomas Kausch: Die Zusammenarbeit mit N24 wird wie bisher weiter laufen. Es wird keine eigene Nachrichtenmannschaft bei SAT.1 geben. Wieso sollten wir dies auch tun? Wir haben mit N24 einen kompletten Nachrichtensender als Redaktion im Rücken, mit allen Möglichkeiten die es da gibt.
DWDL: Bill Clinton wurde vor einigen Wochen von N24-Chefmoderator Alexander Privitera interviewt und SAT.1 hat das Interview dann nur übernommen. Fallen solche Interview-Aufgaben künftig in ihre Zuständigkeit?
Thomas Kausch: Was SAT.1 betrifft: Ja, definitiv.
DWDL: Jetzt sind sie nicht nur der neue SAT.1-Anchorman, sondern auch generell für das Nachrichten-Angebot des Senders verantwortlich. Deshalb die Frage: Jeder größere deutsche Fernsehsender hat auch am Mittag Nachrichten im Programm…
Thomas Kausch: …werden wir künftig auch haben. Allerdings nicht als einstündiges Magazin, sondern in Form von kurzen Newsflashes von drei oder vier Minuten Länge, in denen ich dann mittags aus dem Newsroom heraus sage, was bisher passiert ist. Also nicht aus einem Studio, sondern wirklich mitten aus der Arbeit heraus. Das wird es auch am späteren Nachmittag noch einmal geben. Und um 18:30 Uhr kommen dann die großen Abendnachrichten.
DWDL: Woran messen Sie eigentlich kurzfristig den Erfolg der neuen SAT.1 News? Nachrichtensendungen sind Gewohnheitssendungen, da wird sich die Sehgewohnheit und entsprechend die Quote nicht innerhalb von Tagen ändern, nur weil SAT.1 neue Nachrichten präsentiert.
Thomas Kausch: Man kann sicherlich nicht nach ein paar Wochen bereits feststellen können, dass man es geschafft hat. Es wird sich vielleicht auch aus einer Baustelle die nächste ergeben und man wird immer noch hier und dort verbessern. Mein Ziel ist es, dass die Zuschauer sagen, die Nachrichten sind von der Qualität her mindestens genauso gut, wie die der Konkurrenz und die Art und Weise wie sie präsentiert werden, mag ich. Es geht also um die Kompetenzsicherstellung und eine neue erfrischende Präsentation.
DWDL: Was ist da entscheidender: Inhalt oder Präsentation?
Thomas Kausch: Das spielt zusammen. Das eine funktioniert nicht ohne das andere.
DWDL: Dann sind wir auch schon bei der letzten Frage, einem Klassiker bei DWDL. Wie würden Sie unser Kürzel frei übersetzen?
Thomas Kausch: Die Welt der Liebenden?
DWDL: Okay…die Welt der Liebenden. Dann herzlichen Dank für das Interview
Thomas Kausch: Gerne.