Und wo sehen Sie Schnittpunkte Ihrer neuen Sendung und dem erfolgreichen Format „Lesen!“?

Das betrifft natürlich die Auswahl der Bücher. Es ist klar, dass ich politisch interessiert bin und deshalb haben die ausgewählten Bücher immer auch ein politisches Thema. Ich bin tatsächlich der Meinung, dass jeder große Roman auch irgendwo ein politischer Roman ist. Aber auch die Darstellung ist wichtig. Ich rede sehr konkret und real über Sachen und bin weniger emotional als Elke Heidenreich. Das will ich gar nicht kritisieren, weil sie überaus überzeugend war und ist. Wenn ich überzeugend sein will, muss ich andere Mittel anwenden. Ob ich die Mittel finde, müssen andere beurteilen. Dabei gibt es auch einen deutlichen Unterschied zu „aspekte“. Dort musste ich mich als Moderator nicht mit den Stücken identifizieren, weil ich sie bloß anmoderierte. Das einzige Stück beim „Blauen Sofa“ ist das, was ich erzähle. Ich bin dreißig Minuten auf dem Schirm – das ist ein großer Unterschied.

An Bestseller-Listen orientieren Sie sich daher wohl nicht, oder?

Nein, Sie kriegen jeden Tag einen Stapel belletristische Neuerscheinungen auf den Tisch. Das meiste lese ich ja schon, wenn es noch gar nicht auf dem Markt ist, das heißt, man muss sehr früh wissen, was in der Pipeline ist und welche interessanten Autoren worüber schreiben, was zum journalistischen Handwerkszeug gehört. Das letzte und entscheidende Kriterium ist, ob mich ein Buch packt. Wenn es mich kalt lässt, kann es noch so begründet gut sein, aber dann fehlt etwas. Es muss das wichtigste Kriterium sein, dass ich selbst von diesen Büchern wirklich überzeugt bin.

Man hat aus Verlegerkreisen gehört, dass es Kritik an der Sendezeit und der Frequenz gab. Sind sechs Sendungen pro Jahr nicht ein bisschen wenig?

Dazu kann ich nur sagen, dass ich das nehmen muss, was ich vorfinde. Die Anzahl ist ja nicht für mich reduziert worden, sondern es ist das, was Elke Heidenreich auch schon hatte. Natürlich wünschte ich mir mehr Zeit und vielleicht auch einen anderen Sendetag – aber den gibt es eben nicht.

Ich erinnere mich an den 5. Dezember 2008, als Sie nach der fristlosen Entlassung von Elke Heidenreich kurzfristig den noch ausstehenden Sendetermin mit einem einmaligen Literatur-Special gefüllt haben. Warum blieb es damals bei der einmaligen Sonderausgabe?

Ich war nur ein Einspringer und wollte „aspekte“ zu diesem Zeitpunkt auch nicht aufgeben.  Innerhalb weniger Tage musste die Sendung stehen und mit dem, was wir damals gemacht haben, kann ich mich jetzt nicht identifizieren. Es war in den paar Tagen auch gar nicht möglich, ein eigenes Format zu entwickeln. Ich habe die Sendung mit Christine Westermann zusammen gemacht. Damals, als es so schnell gehen musste, war ich froh, dass ich es zu zweit machen konnte, jedoch würde ich das jetzt nicht mehr machen.

Sehen Sie in der Doppelmoderation auch die Gründe für das Scheitern der „Vorleser“?

Ja, Amelie Fried und Ijoma Mangold passten einfach nicht zusammen. Man hat damals wohl gedacht, dass eine junge Schriftstellerin und ein interessanter Kritiker gut zusammenpassen würden - der eine Part ein bisschen frech und der andere ein bisschen cool. Man kann sich eine interessante Mischung zwar theoretisch ausdenken, aber am Ende muss die Chemie zwischen den beiden auch stimmen, was hier jedoch nicht der Fall war. Keinem der beiden ist dabei ein Vorwurf zu machen, es war ein Problem der Konstellation.

Herr Herles, vielen Dank für das Gespräch.