Wie stellen Sie sich Ihre Zielgruppe vor und welche würden Sie sich wünschen?

Ich habe keine Zielgruppe im Blick. Ich nehme jeden, das ist doch klar (lacht). Ich habe die letzten elfeinhalb Jahre „aspekte“ auf dem selben Platz gemacht. Das ist eben der Unterschied zwischen einem Spezialprogramm im Dritten und dem Hauptabendprogramm. Da hat man ungefähr die Hälfte Stammzuschauer und die andere Hälfte muss man sich mit interessanten Themen auf dem freien Markt zusammensuchen, wie am Kiosk. Das ist am Freitagabend nicht signifikant anders als an jedem anderen Tag. Ansonsten ist es der Sendeplatz, den es immer schon gab, den auch Elke Heidenreich hatte, und da gibt es nicht die eine Zielgruppe, sondern ein Massenpublikum.

Spricht man mit einer Literatursendung nicht immer nur ein Nischen-Publikum, bestehend aus einem kleinen literarisch interessierten Kreis, an?

Das könnte ich machen, wenn ich im Kulturkanal liefe oder auf 3sat, dann könnte ich versuchen, eine Nische zu finden, aber damit kriege ich nicht 800.000 Zuschauer. Ich darf gar nicht probieren, in eine Nische hineinzugehen.

Das heißt, die Herausforderung besteht darin, die Balance zwischen einem Massenpublikum und einem intellektuellen Kulturpublikum zu finden?

Das ist es. Einen Fehler darf man ganz sicher nicht machen – man darf den Zuschauer nicht unterschätzen. Ich glaube, dass Unterhaltung nicht nur Zerstreuung sein darf, womit ich optimistischer bin als die meisten Kollegen, die beim Fernsehen arbeiten. Unterhaltung darf auch anregen, provozieren, geistig fesseln und fordern. Das heißt jetzt nicht, dass ich aus der Sendung einen Literaturunterricht machen möchte, aber man darf auch von einer anspruchsvollen Sendung erwarten, dass sie ein bisschen unterhält und im Gegenzug von Unterhaltung erwarten, dass sie ein bisschen beansprucht.

 

Besteht die Sendung eigentlich nur aus Buchempfehlungen oder wird es auch Verrisse geben?

Ja, sowohl als auch. Von den sechs Büchern in der ersten Sendung sind beispielsweise zwei davon deutliche Verrisse. Ich werde mich mit zwei Büchern auseinander setzen und genau sagen, warum sie mir nicht gefallen. Das werde ich meinem Temperament gemäß deutlich machen. Generell wird es im Schnitt zwei Gespräche geben und dazwischen noch Solo-Kritiken, Empfehlungen, aber eben auch Verrisse.

Kommt es Ihnen zugute, dass Sie auch in der Vergangenheit schon mit Literaturformaten auf Sendung waren?

Ganz bestimmt. Aus meiner Sachbuch-Sendung „Auf den Punkt“ habe ich gelernt, Soli zu machen. Ich habe sozusagen trainiert, ohne zu wissen, dass es ein Training ist.

Sie treten auch das Erbe von Elke Heidenreich an. Was können Sie von ihr lernen?

Ich kann von Elke Heidenreich, wie übrigens auch von Marcel Reich-Ranicki, lernen, dass ich alles machen darf, nur nicht imitieren. Diese Sendungen waren so erfolgreich, und die beiden werden in der Erinnerung geradezu zu Legenden verklärt, weil die Protagonisten so starke Persönlichkeiten waren und das auch zeigen durften. Diese Sendungen müssen sich ganz und gar an denen, die sie machen, ausrichten. Auch wenn ich mich nicht mit Elke Heidenreich und Marcel Reich-Ranicki vergleichen will, so muss auch ich in dieser Sendung schauen, dass ich etwas mache, was mir ganz und gar entspricht. Ich darf mich nicht in irgendein Konzept reinzwängen lassen. Es kann nur etwas werden, wenn die Sendung so ist, wie ich bin....

...dass Herles drin ist, wenn Herles drauf steht?

Das heißt jetzt nicht, dass das allen gefallen wird, aber ich kann es nur so gut machen, wie ich bin, wenn ich es so mache. Authentisch zu bleiben, das ist mein starkes Bemühen und ich hoffe, dass man das erkennen kann. Mir ist es wichtig - und das habe ich vielleicht mit Elke Heidenreich gemeinsam  -,  dass ich mich nicht als Literaturkritiker verstehe, sondern als Autor. Ich habe vier Romane geschrieben und der Literatur gegenüber eine Haltung, die nicht aus diesem hochgestochenen feuilletonistischen Verständnis von Berufskritikern kommt, sondern es ist eine andere Beschäftigung mit Literatur, und das wird man der Sendung auch anmerken.