Atmet man da vorher nochmal tief durch, wenn man weiß, dass es gleich offiziell werden wird?

Ja, es stimmt, vor so einem Moment hat man Bammel. Die Entscheidung „Wetten, dass..?“ zu machen, liegt ja in meinen Händen. Aber die Reaktionen darauf eben nicht mehr. Du weißt nie, wie die Resonanz ausfallen wird, und ich hatte mich eingestellt auf kübelweise Häme, auch aufgrund der Tatsache, dass so lange gesucht und auch schon mit anderen gesprochen worden war. Als vor einigen Wochen die ersten Meldungen kamen – damals noch nicht bestätigt und im Übrigen auch von meiner Seite nicht entschieden -, war ich gerade mit Rosi Gollmann und einem Reportage-Team in Indien. Es ging um die sogenannten Mitgiftmorde, wir hatten also ganz andere Probleme, als uns Gedanken über „Wetten, dass..?“ zu machen.

Aber Sie werden sich ja trotzdem mit den Reaktionen beschäftigt haben...

Wir kamen dann irgendwann von einem sehr anstrengenden und menschlich mitnehmenden Drehtag zurück, und als ich am Notebook saß, hab ich erst wieder mitbekommen, was bei all den drängenden Fragen dieser Welt scheinbar wirklich wichtig ist: Nämlich die Frage, wer macht „Wetten, dass..?“? Das war ein spannender Testlauf, der dafür sorgte, dass ich am Sonntagabend etwas beruhigter ins Bett gehen konnte.

Die neue Aufgabe ist Ihnen unter einem Aspekt ja auch gar nicht so fremd: Das Erben von etablierten Sendeplätzen und Formaten kennen Sie ja...

Ja, das fing schon bei „Explosiv“ an. Barbara Eligmann war eine Kultfigur und ein Star im Privatfernsehen mit jeden Abend sechs, sieben Millionen Zuschauern. Sie war übrigens wie Thomas Gottschalk auch damals so deckungsgleich mit dem Format, dass es hieß, niemand außer ihr könne die Sendung moderieren. Das war für mich damals ein schweres Erbe, und ich musste mir ähnliche Dinge anhören, die ich mir auch anhören musste, als wir mit dem Talk im ZDF angefangen haben: zu freundlich, zu nett, zu ich-weiß-nicht-was. Aber ich habe mich durchgebissen und mich irgendwann über die Inhalte und nicht das, was andere über mich schreiben, definiert. Das kann man bei RTL gut lernen. Da arbeiten ein paar sehr gute Leute.

Wenn man ein Format erbt, wie jetzt „Wetten, dass..?“ - ist es gefährlicher zu wenig oder zu viel zu verändern?

Wir müssen im Grunde ein ehrwürdiges Haus renovieren ohne dass die, die drin leben, überhaupt mitbekommen, dass renoviert wird und uns wegen Ruhestörung anzeigen (schmunzelt). Wobei es dann spannend wird, wenn man wirklich mal den Kern von „Wetten, dass..?“ freilegt.

Was ist denn ihrer Meinung nach der Kern von „Wetten, dass..?“?

Ich hab neulich mit Frank Elstner darüber gesprochen, der sagte, die eigentliche Idee war damals, ganz normalen Menschen mit außergewöhnlichen Talenten eine Bühne zu geben. „Die kriegen die besten 15 Minuten ihres Lebens“, so beschrieb er das. Und die Stars auf dem Sofa, die Stars auf der Bühne - das ist in Wahrheit das, was diesen Abend für die Wettkandidaten aufwerten soll. Das ist nichts anders als bei einer privaten Feier: Sie sorgen für Musik, Sie laden Gäste ein, aber all das tun Sie, um jemanden glänzen zu lassen - bei „Wetten, dass..?“ sind das eben die Kandidaten. Deren Heldenreise an so einem Abend ist doch eine tolle Geschichte. Und letztlich geht es doch immer darum, gute Geschichten zu erzählen.

Wobei das heutzutage leider fast schon einen faden Beigeschmack hat, weil bei Geschichten gerne nachgeholfen wird oder sie gleich ganz erfunden werden...

Das ist bedauerlich, ja. Aber ich rede von echten Geschichten. Als ich vor rund zehn Jahren anfing, mich intensiv mit Fotografie zu beschäftigen, da war es mein Traum, einmal eine Reportage für National Geographic zu fotografieren. Das hat funktioniert, und wir haben überdies einen Bildband über Grönland und die Arktis veröffentlicht. Und dann sind wir damit auf Tour gegangen, und plötzlich kamen 1.000 Menschen in Berlin zu einem Dia-Vortrag. Das hätt ich mir nie träumen lassen. Gut, es war ein etwas aufwändiger Dia-Vortrag, aber trotzdem. Was ich damit sagen will: Ich bin optimistisch, dass es ein Publikum für echte Inhalten gibt. Menschen wollen die Geschichten anderer Menschen hören und vergleichen sie dann mit den eigenen.