Dürfen denn Kommissare in anderen „Tatort“-Filmen Mörder sein?

Das ist in der Tat eine spannende Frage, weil die Antwort nicht verbrieft ist. Ein Großteil der Zuschauer würde das allerdings nicht akzeptieren – es ist kaum vorstellbar, dass Dietmar Bär an einem Sonntag den Kommissar in Köln und am nächsten Sonntag den Mörder beim hessischen „Tatort“ gibt. Ich empfinde das als Regelverstoß. Ein Schauspieler kann und darf natürlich alles spielen, aber die Identifikation mit den Rollen innerhalb einer derart erfolgreichen Reihe geht so weit, dass man darauf besser verzichten sollte.

Kürzlich gab es allerdings mal den Fall, dass ein Schauspieler in zwei „Tatort“-Folgen hintereinander in unterschiedlichen Rollen zu sehen war. Ist das auch kritisch?

Diese Fälle besprechen wir im Vorfeld. Wir wollen derartige Dopplungen selbstverständlich vermeiden, aber manchmal können nicht alle planerischen Gesichtspunkte, wie der Rhythmus der Teams, thematische Entzerrungen und Fertigstellung optimal berücksichtigt werden. Wir können die „Tatorte“ einerseits sehr hochkarätig auch in den Episodenrollen besetzen, doch andererseits fallen die Entscheidungen hierfür oft sehr kurzfristig. Ein Beschäftigungsverbot für Schauspieler wollen wir natürlich auch nicht aussprechen. Sie müssen bedenken, dass wir pro Jahr inzwischen weit mehr als 30 „Tatorte“ produzieren.

 

Eine Art Mindestabstand, der zwischen den Einsätzen von „Tatort“-Ermittlern liegen muss, gibt es aber nicht, oder?

Nein. Meist ergibt sich die Ausstrahlung durch den Produktionsrhythmus. Selbstverständlich achten wir auch darauf, die Ermittler über das Jahr zu verteilen oder dass ein kleinerer ARD-Sender, der nur zwei „Tatorte“ pro Jahr hat, beide Filme nicht in zu kurzem Abstand zueinander zeigt. Auch Jahreszeiten spielen eine Rolle. Ein Film, der im Sommer spielt und Schwimmszenen beinhaltet, wird in der Regel nicht im Dezember gezeigt. Und einen „Tatort“, der im Karneval spielt, können Sie eben nur zu Jahresbeginn ausstrahlen. Wie zum Beispiel der „Tatort“ mit Martin Lüttge, der im Düsseldorfer Karneval spielt. Der wird jedes Jahr an Karneval in verschiedenen Sendern wiederholt.

Fortsetzungs-Geschichten sind bei so wenigen Fällen pro Jahr wohl eher schwerer...

Grundsätzlich gehört es zum „Tatort“-Konzept, dass die Fälle in sich geschlossen sind und auch der Fall in derselben Folge aufgelöst werden. Mit Maria Furtwängler werden derzeit zwei „Tatorte“ produziert, die den inhaltlichen Faden weiterspinnen. Auf der linearen Ebene hatte Kommissarin Lindholm das bereits: Als sie Mutter wurde oder einen Geliebten hatte, der dann erschossen wurde, entstand eine Fortsetzungsdramatik. Wenn man diese Zusammenhänge als Zuschauer aber nicht kennt, ist es nicht leicht, dem zu folgen – nicht zuletzt wenn ein Film wiederholt wird, was wir ja in der Tat häufig tun.

Demnach sollte es auch einen Zweiteiler, wie er an Ostern zu sehen war, nicht allzu häufig geben?

In diesem speziellen Fall haben wir, also der MDR und der WDR, sehr genau darauf geachtet, dass beide Folgen voneinander unabhängig geschaut werden können. Der erste Teil war im Prinzip abgeschlossen. Dass das Verbrechen von Leipzig nach Köln führte, war ein zusätzlicher und weiterführender Aspekt.

Ist denn schon ein neuer Zweiteiler geplant? Die Quoten waren ja sehr gut...

Das machen wir bestimmt wieder. Viele Anregungen zu solchen Experimenten kommen auch von den Schauspielern, die sich gut kennen und schätzen. Das ist das Schöne am „Tatort“: Es gibt große Kontinuität bei den Teams und in der täglichen Arbeit. Wenn Schauspieler zehn, fünfzehn oder zwanzig Jahre mitwirken, sind sie hinsichtlich ihrer Rollenprofile hoch kompetent. Sie befinden sich in einem tiefgehenden Arbeitsprozess und machen deshalb interessante Vorschläge zur Ausrichtung und Besetzung. Das ist wie in einer guten Beziehung: Man läuft erst zur Hochform auf, wenn man bestimmte Erfahrungen gemeinsam gemacht hat.