Standortpolitik ist das eine Thema, aber mal naiv gefragt: Was haben die Mitglieder im Tagesgeschäft vom VFFV?
Im täglichen Geschäft sicherlich sehr viele kleine, organisatorische, netzwerkbedingte Fragen. „Wer ist wann, wofür zuständig? Kennt ihr jemanden, den ich für eine Drehgenehmigung ansprechen kann?“ - also wirklich sehr praktische Themen. Bei der Lobbyarbeit sind es eher die Gespräche mit Sendern, also mit Auftraggebern über Arbeitssituationen und Vertragsregularien oder Rechte bis hin zu solchen Fragen: „Warum gibt es eigentlich einen festgesetzten Satz Handlungskosten und Gewinnkalkulation. Warum hat er sich seit ca. 22 Jahren nicht geändert? Wie kommt man überhaupt auf diese Zahl?“ Stellen Sie als einzelner Produzent ihrem Auftraggeber diese Frage, dann wird er im Zweifelsfall fragen, ob sie den Auftrag wollen, oder nicht. Stellt man diese Frage hingegen als Verband oder über die Stimme im Rundfunkrat, muss zum Beispiel das öffentlich-rechtliche Fernsehen darauf antworten.
Wie haben sich die Mitgliederzahlen entwickelt in den vergangenen Jahren?
Die haben sich dank der neuen Besetzung der Geschäftsstelle in den letzten anderthalb Jahren positiv entwickelt. Die Krise im Markt war sicher, wenn sie für etwas gut war, dann ein Augenöffner für die Notwendigkeit einer gemeinsamen Interessensvertretung wie eben angedeutet. Und wir haben uns für WebTV-Produzenten geöffnet. Das ist nicht der neue Markt, aber ein neuer Markt, der die Produktionslandschaft bereichert und der sicher besonders im Bereich Special-Interest wachsen wird und ähnliche Bedürfnisse hat – auch wenn vom Wohnzimmer und nicht aus dem zweieinhalbtausend Quadratmetern Studio produziert wird.
Sie sprachen vorhin schon mal von der Notwendigkeit besserer Ausbildung im Medienbereich. Was steht da auf der Agenda des VFFV?
Wir sind momentan in der Vorbereitung zur Schaffung eines neuen Ausbildungsberufes aus dem redaktionellen Content-Bereich. Wir haben schon vor vielen Jahren den bundesweiten Piloten für den „Mediengestalter Bild und Ton“ in Köln mitentwickelt und verantwortet. Als Partner nehmen wir da erst mal jeden, der nicht bei drei auf den Bäumen ist. Wir reden mit den öffentlichen Stellen, mit den Kommunen, dem Land, den Kammern. Denn das muss dann auch die geregelten rechtlichen Rahmenbedingungen erfüllen. Wir reden mit Beratungsfirmen, die im Bereich Aus- und Weiterbildung unterwegs sind und haben da unter anderem schon ein Curriculum für ein Berufsbild erarbeitet und gucken jetzt, mit wem wir das umsetzen können.
Lässt sich in einer sich so schnell wandelnden Branche überhaupt eine zeitgemäße Ausbildung entwickeln, die nicht schon wieder bei Einführung überholt ist?
Jein, auch da gibt Handwerkszeug. Das haben Sie genauso beim Journalismus. Da gehört es nicht nur dazu den Bleistift zu spitzen und die Korrekturtaste zu kennen, sondern es gibt unterschiedliche Formen des Schreibens, es gibt Methoden der Recherche und der Verifizierung der Recherche – das sind alles Handwerksmittel. Das ist genauso auch im redaktionellen Bereich. Es gibt bisher keine richtige Ausbildung im Fernsehen im redaktionellen Bereich, beziehungsweise neudeutsch Producer-Bereich. Aber da brauche ich auch allgemein anerkannte Grundlagen. Ich muss heutzutage etwas über Dramaturgie wissen, über Technik und auch Verständnis für Budgets haben, ich muss Recherche betreiben können. Ich muss über Dinge wie Abläufe, Sendungsbau etc. Bescheid wissen – das kann man alles lernen, das ist alles kein Wunderwerk. Der eine kann es besser, der andere kann es schlechter, aber im Moment macht jeder wie er will. Wenn man so etwas standardisiert, dann schafft man, einen Grundsatz an Know-How , der dann speziell in dem jeweiligen Betrieb, egal ob der jetzt auf Quiz oder Doku-Soap spezialisiert ist, anpassen kann.
Also weg von einer Branche der Quereinsteiger hin zu gezielterer Ausbildung?
Quereinsteiger wird es immer geben, weil Kreativität und Talent in einigen künstlerischen Bereichen gefragter sind als eine Ausbildung. Aber wir müssen ein Bewusstsein für Standards setzen, an denen man sich orientieren kann. Viel zu oft können neue Firmen gerade für TV-Produktion nur entstehen, weil sie sich durch Preisdumping am Markt platzieren. Das ist gefährlich und lässt ja schon vermuten, dass da dann nicht nach Standards und Qualität gefragt wird. Dann doch bitte lieber stattdessen einen Burger-Laden aufmachen, wie es ein Kollege in Köln mit „Die fette Kuh“ getan hat.
Herr von Ahlefeld, herzlichen Dank für das Gespräch.