Ist das Geschäft im Laufe der Jahre denn härter geworden?

Definitiv.

Woran machen Sie das fest?

Die verkürzte Formel lautet: Es wird immer mehr erwartet, bevor überhaupt Interesse an einem Format, an einer Geschichte oder an einer Doku geweckt werden kann. Es geht noch nicht mal um einen Vertragsabschluss, sondern um die Frage, für welches Thema sich ein Sender interessiert. Da muss man heutzutage im Vorfeld deutlich mehr liefern als noch vor einigen Jahren.

Inwiefern sind denn eigentlich echte Geschichten noch gefragt? Man hat das Gefühl, dass der Anteil an gescripteten Formaten immer weiter zunimmt.

Vor zwei Jahren haben wir genau darüber eine große Diskussion innerhalb unserer Redaktion geführt, weil wir das Gefühl hatten, es wird um uns herum nur noch gescriptet. In meiner Person schlugen diesbezüglich zwei Herzen: Einerseits das Geschäftsführer-Herz, das zu Veränderungen rät, weil der Markt eben zunehmend gescriptete Geschichten fordert. Auf der anderen Seite schlägt mein redaktionelles Herz. Das sagt mir, dass gescriptete Formate nicht das wären, wofür Süddeutsche TV stehen will. Das haben wir kontrovers diskutiert. Komplett abgelehnt haben wir das Genre nicht, als Zusatzgeschäft wollen wir es aber nicht etablieren - auch weil das andere Firmen sicher besser können als wir. Das war vor zwei Jahren. Inzwischen ist es aus meiner Sicht aber so, dass echte Geschichten wieder verstärkt nachgefragt werden und wir damit gut zu tun haben. Lustigerweise ist es aber auch bei unseren früheren Formaten vorgekommen, dass die Sender dachten, unsere Charaktere seien gescriptet, weil die Geschichten so toll waren. Dabei waren sie echt.

Auch viele Zuschauer glauben mittlerweile, alles sei gescriptet. Irgendwie traurig, oder?

Da mögen Sie recht haben. Bei uns sehe ich diese Gefahr nicht. Ich hoffe, dass uns auch unsere Marke dabei hilft, die Glaubwürdigkeit zu wahren. Bei der Sendung "Wildes Kinderzimmer", die wir vor einiger Zeit bei Vox gezeigt haben, stand mal zur Debatte, die Geschichten stärker zu verdichten. Hätten wir den Protagonisten allerdings gesagt, was sie machen sollen, dann wäre es aus unserer Sicht ein anderes Format geworden. Jeder Produzent muss für sich entscheiden, ob er das machen will oder nicht. Am Ende entscheiden aber die Zuschauer, was sie sehen wollen. Ich bin allerdings davon überzeugt, dass die Zuschauer gerade in den Bereichen, in denen wir aktiv sind, wieder zunehmend echte Geschichten sehen möchten. Dafür stehen wir: überraschende, qualitätsvolle und unterhaltsame Stoffe.

Was ich mich aber in diesem Zusammenhang frage: Hat sich eigentlich eher die Branche verändert oder doch das Publikum?

Da ist die klassische Hühner-Ei-Frage. Die Zuschauer konsumieren das, was von den Sendern umgesetzt wird. Die Sender entwickeln aber wiederum Formate, von denen sie vorher schon in der Marktforschung testen, was ankommen könnte. Nehmen Sie "Berlin - Tag & Nacht". Das ist definitiv ein Format, bei dem sich RTL II an den sich ändernden Sehgewohnheiten orientiert hat. Das haben die Kollegen auch gerade in Bezug auf die Einbindung von Social Media super hinbekommen.

Wo Sie gerade von Social Media sprechen: Wie rüstet sich Süddeutsche TV denn für die Zukunft?

Innerhalb des Hauses denken wir verstärkt trimedial. Bei vielen unserer Ideen überlegen wir, wie wir eine Verzahnung zwischen den verschiedenen Medien möglichst gut hinbekommen können. Noch sind wir nicht auf der Stufe, gemeinsame Redaktionskonferenzen abzuhalten, aber bei einigen Projekten hat diese inhaltliche Verknüpfung bereits sehr gut funktioniert, etwa mit dem Film zum 11. September. Im Fall unseres Films über München 72 war das ähnlich. Das ist arbeitsintensiv, aber zeigt uns, was möglich ist.

Frau Glinski, herzlichen Dank für das Gespräch.