Die Enttäuschung über das Aus von „Roche & Böhmermann“ ist allenthalben groß. Über die Hintergründe schweigen alle Beteiligten hartnäckig. Dadurch hielten sich Gerüchte um das Aus als ironischer PR-Gag. Warum diese Geheimnistuerei?

Schulz: Es gab einen Punkt, an dem klar war, es geht nicht weiter. Ab diesem Punkt war das Spiel zu Ende und Ironie wäre von da an nicht mehr fair gewesen. Die Tatsache, dass wir bei unserer Sprachregelung geblieben sind hat auch damit zu tun, dass alle mit großem Respekt vor der Arbeit des jeweils anderen auseinander gegangenen sind. Da sind alle eingeschlossen: das ZDF, Charlotte, Jan und wir. Man ist nicht sauer aufeinander und alle finden es gleich schade. Wir sind Jan und Charlotte sehr dankbar, dass sie mit der Idee der Sendung zu uns gekommen sind. Sie haben uns an ein Medium herangeführt, an das wir uns vorher nicht so richtig rangetraut haben.

Käßbohrer: Es ist ein bisschen so, wie wenn man sich von seiner Freundin trennt und beide sagen, dass es doch eigentlich gut war. Man weiß aber auch, dass man sich schmutzig fühlen würde, wenn man jetzt noch mal miteinander schläft. Aber wer weiß, vielleicht begegnet man sich in zehn Jahren nochmal und dann geht es besoffen auf dem Hotelzimmer richtig rund.

Neben ZDFkultur hat die bildundtonfabrik auch bei den Privaten schon neue Akzente gesetzt. Die liebevoll verspielten Themen-Einspieler bei Stefan Raabs Polittalk „Absolute Mehrheit“ kommen auch von Ihnen. Wie stark ist das Zuliefern solcher Elemente für Sie ein Thema?

Käßbohrer: Es hält sich in Grenzen. Das macht uns Spaß und zeigt etwas, das man sonst nicht im Fernsehen sieht. Es ist für uns aber immer schwierig, wenn unsere Sachen nicht aus einer in sich geschlossenen Einheit kommen, bei der alles zusammengehört. Im Fernsehen gibt es ja keinen Regisseur wie beim Film, der ästhetisch auf allem den Daumen hat. Wir haben zum Beispiel keinen Einfluss darauf, wie unsere Einspieler eingebunden sind und welches Publikum das sieht. Tendenziell wollen wir primär eigene Sachen machen.

Wenn man es wirtschaftlich betrachtet, ist ihnen mit „Roche & Böhmermann“ ein wichtiger Produktionsauftrag verloren gegangen. Was steht bei Ihnen in den kommenden Monaten an?

Schulz: Zur Zeit entwickeln wir ein paar freshe, junge Internetsendungen für die digitale Sparte mit Jan Böhmermann. Nein, im Ernst: Es wird in diesem Jahr auf jeden Fall noch Fernsehen von uns geben. Außerdem arbeiten wir noch an mehreren freien Kurz- und Animationsfilmen, die eher in Richtung Festivals und Kulturkanäle zielen. Das sind Herzensprojekte, bei denen wir frei sind und viel experimentieren. Die Dinge, die wir dabei lernen, können wir dann wiederum in die kommerziellen Projekte einbringen.

Käßbohrer: Die Grundidee der ‚bildundtonfabrik’ ist es, nur zu 60 bis 70 Prozent kommerzielle Projekte zu machen und den Rest der Zeit eben freie, nicht-kommerzielle Arbeiten. Für diese freien Arbeiten versuchen wir so eine Querfinanzierung hinzubekommen. Die kommerziellen Arbeiten profitieren wiederum davon, da wir in unserer kreativen Entwicklung nicht stehen bleiben.

Zählt „Roche und Böhmermann“ für Sie zu den kommerziellen Produktionen?

Schulz: Die Sendung war ein guter Hybrid. Sie hat unseren künstlerischen Drang befriedigt und ließ sich trotzdem kommerziell verwerten. Im Unterschied zu einer Kunstinstallation haben die Leute, die daran gearbeitet haben, ein bisschen Geld verdient.

Wie groß ist denn der Raum, den Kunst im Fernsehen hat.

Schulz: In Deutschland kommen die Menschen im Fernsehen eher aus journalistischen Studiengängen, sind BWLer oder Leute, die irgendwie reingerutscht sind. Es gibt nur wenige die im Fernsehen das Medium gefunden haben, um sich selbst auszudrücken. Darum geht es schließlich in der Kunst. Alexander Kluge macht das beispielsweise.

Käßbohrer: Auch Jan Böhmermann macht Kunst im Fernsehen. Er ist Autor, Moderator, Bühnenfigur und vieles mehr. Es gibt relativ wenige, die im Fernsehen so umfassend arbeiten wie zum Beispiel Ricky Gervais. Hier in Deutschland sind die Aufgaben sehr strikt verteilt. Im Medium gibt es zwar theoretisch viel Raum für Kunst. Aber die Branche lässt es nicht zu, weil sie den Raum lieber mit kontrollierbarem Content füllt.

Nach rund einem Jahr Fernsehen: Was ist für Sie die wichtigste Erkenntnis?

Käßbohrer: Wir haben mittlerweile gelernt, dass man beim Fernsehen in Minutenpreisen rechnet – also ein bisschen wie beim Metzger in Gramm. Fernsehen arbeitet also auch mit dem System des gemischten Hackfleisches. Der Minutenpreis wird im Schnitt kleiner, wenn man etwas Schlechtes unter ein gutes Produkt mischt.

Schulz: Am besten noch ein bisschen Pferdefleisch.

Wer ist das Pferdefleisch im Fernsehen?

Käßbohrer: Eindeutig „Günther Jauch“.

Herr Käßbohrer, Herr Schulz, vielen Dank für das Gespräch.