Sie haben eingangs schon die US-Action-Serie "Arrow" erwähnt, die bei Vox ab 16. September den Montagabend eröffnet. Wollen Sie künftig mehr Serien jenseits des klassischen Crime-Genres zeigen?

Die Serien-Line-ups am Montag, Mittwoch und Freitag waren über Jahre hinweg auf Crime ausgerichtet. Die Entwicklung am Montag mit einer etwas kräftigeren, wuchtigeren, männlicheren Farbe, die ja schon mit "Grimm" erfolgreich begonnen hat, wollen wir weiterverfolgen. Diese Farbe können wir aus unserem Serien-Output langfristig gut bedienen. Das geht einher mit der Beobachtung, dass die US-Studios vermehrt massenattraktive Serien jenseits des klassischen Crime Procedurals liefern. Außerdem können sich die Zuschauer auf eine weitere Farbe bei Vox wieder freuen – auf die Anwaltsserie "Suits".

"Arrow" und "Grimm" sind immer noch stark episodisch erzählt. Welches Potenzial sehen Sie bei Vox für horizontal durcherzählte Serien?


Wir waren im Sommer sehr happy mit "Revenge". Das haben wir ganz bewusst in eine Zeit gesetzt, in der Erstausstrahlungen sonst nicht so üblich sind. Damit haben wir sogar mehrfach zweistellige Marktanteile geschafft. Ich glaube, das funktioniert am besten für einen überschaubaren, abgeschlossenen Zeitraum. Deshalb werden wir die zweite Staffel auch wieder als Event-Programmierung mit Doppelfolgen zeigen. So werden wir es auch mit Mark Burnetts zehnteiliger Miniserie "Die Bibel" machen. Wir haben am Donnerstag und Samstag ja gut funktionierende Spielfilm-Slots, die man durchaus mal in eine solche Event-Programmierung mit einbeziehen kann.



Und wie sieht es mit Sitcoms aus? "Anger Management" mit Charlie Sheen war bei Vox ja schon länger angekündigt, zuletzt haben Sie es gar nicht mehr erwähnt.


Grundsätzlich bin ich kein Freund davon, Serien lange im Regal liegen zu lassen. Dazu muss man allerdings sagen, dass wir noch gar nicht mehr als 30 synchronisierte Folgen im Haus haben. Wir könnten momentan also noch kein vollständiges Line-up bauen. Bevor wir eine solche Kugel voreilig verballern, ohne das richtige Programmumfeld zu haben, warten wir lieber noch auf einen passenden, ebenso starken Halbstünder. "Anger Management" an einem unserer Serientage um 20.15 Uhr kalt zu starten, wäre nicht gut fürs Produkt und auch nicht gut für Vox.

Dass ProSieben immer mehr zum Sitcom-Kanal wird, spielt bei Ihren Überlegungen keine Rolle?


Da das Genre derzeit beliebt ist, dürften sich viele Zuschauer grundsätzlich über frische Sitcom-Erstausstrahlungen bei einem anderen Sender freuen – als willkommene Abwechslung zu den drei, vier ewig gleichen Sitcoms, die man rund um die Uhr angeboten bekommt.

Vox soll weiter wachsen, haben Sie den Werbekunden verkündet. Wie viel ist denn noch drin?


Mit den neuen Formaten, über die wir vorhin gesprochen haben, bietet sich auch die Chance, unsere Zielgruppe ein bisschen zu erweitern. Wir wollen in der Wahrnehmung aller Zuschauer – nicht nur des Vox-Stammpublikums – einen Schritt nach vorn machen. Deshalb werden wir auch unsere Sendergesichter künftig noch stärker in den Vordergrund  stellen.

Was heißt das in Zahlen?


Ich bin zwar erst ein gutes halbes Jahr aus Spanien zurück, habe aber schon gelernt, dass es auch hier unvernünftig wäre, ein Marktanteilsziel hinauszuposaunen.

Dann versuchen wir's anders. Aktuell ist Vox die Nummer vier im Markt hinter RTL, ProSieben und Sat.1. Ist Platz drei für Sie denkbar?


Denkbar ist vieles. Wir wollen weiter wachsen und beklagen uns auch nicht, wenn uns jemand anders von oben entgegenkommt. Am wichtigsten finde ich aber, dass wir unser eigenes Ding machen. Und damit meine ich, dass wir immer wieder neue Trends setzen müssen, weil man Vox Me-too-Formate weniger verzeihen würde als anderen Sendern.

Mit "Kochbar" und "Frauenzimmer" hat Vox jenseits des klassischen TV Trends für digitale Themenwelten gesetzt. Haben Sie da weitere Ambitionen?


Da wollen wir auf jeden Fall nachlegen. Wenn man es schafft, über ein glaubwürdiges TV-Programm bestimmte Kompetenzen zu erwerben, liegt es ja nah, diese auch digital zu verlängern. Wir gewinnen jetzt immer mehr Kompetenz in Sachen Musik, nicht zuletzt durch unsere großen Musik-Dokus oder ein Format wie "Die besten Sänger". Zudem hat RTL interactive ja unlängst ein Musiklabel gestartet. Da fehlt uns bestimmt nicht die Fantasie, diese Kompetenz künftig auch mit einer eigenen digitalen Themenwelt zu bedienen. Insgesamt werden wir unseren Markenauftritt über alle Plattformen hinweg ein bisschen vereinheitlichen. Wir nehmen das neue On-Air-Design, das wir gerade gelauncht haben, als Ausgangspunkt, um unser Publikum auf allen Plattformen noch kohärenter anzusprechen, auch bei "Vox Now" und der in Kürze startenden "Vox Inside"-App.

Herr Reichart, herzlichen Dank für das Gespräch.