Eine klassische Vorabend-Serie, wenn auch nicht täglich, produziert Producers at Work jetzt mit „Monaco 110“ für die ARD. Jetzt ist "Heiter bis tödlich" auch kein einfaches Label, wirklich funktioniert hat bislang kaum etwas. Ist das nicht von vornherein ein bisschen desillusionierend?

Christian Popp: Der Vorabend ist für alle Sender eine echte Herausforderung. Aber wir machen immer ein Programm, bei dem wir der Überzeugung sind, dass es auf einem bestimmten Sendeplatz bei einem bestimmten Sender erfolgreich sein kann.. Produzenten sollten keine Hasenfüße sein. Und um das klar zu sagen: Das ist ein toller Auftrag. Der ARD-Vorabend ist momentan die einzige fiktionale, serielle Spielfläche, die intensiv bestückt wird. Schauen Sie sich sonst um: Es gibt ja kaum noch andere Programmplätze. Insofern sehe ich den Auftrag als riesige Chance für uns. "Monaco 110" hat kantige Charaktere – es gab ja gerade wieder eine Studie, dass Zuschauer sich genau das wünschen. Also bin ich guter Dinge, dass das gut funktionieren wird.

Der Vorabend ist also schwierig, aber auch in der Primetime kann ich mich in jüngerer Vergangenheit kaum an einen erfolgreichen Neustart einer deutschen Serie erinnern. Woran hapert's denn?

Christian Popp: Nirgendwo werden die Misserfolge so aufmerksam und nachhaltig betrachtet wie im fiktionalen Programm, weil hier die Investments größer sind. Sie haben nicht automatisch eine höhere Erfolgsquote, weil etwas fiktional ist. Aber wenn Sie eine Serie machen, haben Sie in der Zwischenzeit 15 Shows und 20 Reality-Formate im deutschen Fernsehen gestartet. Mit der gleichen Erfolgsquote können Sie da natürlich immer eher mal einen Erfolg präsentieren. Außerdem habe ich manchmal das Gefühl, dass wir als Produzenten ebenso wie die Verantwortlichen in den Sendern den daraus resultierenden Druck auf dem Fiktionalen spüren und erst recht alles richtig machen wollen. Wir trauen uns nicht, einfach mal etwas „rauszuhauen“, ohne dass zuvor jede Einzelheit mehrfach durch den Wolf gedreht worden ist. Es ist ein intuitives Geschäft, das wir betreiben. Die Leichtigkeit, die man für den Erfolg braucht, ist unserer Branche vielleicht ein bisschen abhanden gekommen. Außerdem vermisse ich manchmal den Heißhunger von Autoren und Regisseuren auf serielles Erzählen. Wenn man eine Serie schreiben will, dann ist man im deutschen Fernsehen fast immer auf Krimi festgelegt – dass das deprimierend ist und für Frustration sorgt, kann ich nachvollziehen. Dafür gibt es in Deutschland den geschickten „Umweg“ über 90-Minüter, den bei uns Christian Rohde bedient. Da kann man natürlich auch andere Geschichten erzählen und zudem noch gut davon leben.

Christian Rohde: Ich stelle in meinem Autoren-Umfeld schon fest, dass der Heißhunger da ist – aber dass sie oft von wirtschaftlichen Notwendigkeiten davon abgehalten werden. Autoren, die sich das leisten können, entwickeln mittlerweile auf eigene Faust Konzepte, teils in Autorenteams, um vorbereitet zu sein, wenn wieder Nachfrage besteht. Ich bin nicht der Meinung, dass der Fernsehfilm ein Auslaufmodell ist, sondern dass er sich zum Teil verändert. Eine Serie wie „Top of the Lake“ ist ein episch breiter erzähltes Drama, dessen erzählerischer Kern auch in 90 Minuten erzählt werden könnte, aber hier eben mehr Raum erhält – und diesen auch locker ausfüllt. Und mit solchen Erzählformen beschäftige ich mich selbstverständlich auch.

Apropos Vertriebsweg: Da sind inzwischen ja Anbieter wie Netflix aufs Feld getreten, hierzulande hat Watchever eine eigene Serie angekündigt. Sehen Sie da die Zukunft?

Christian Rohde: Das ist ganz klar ein Trend, mit dem man sich beschäftigen muss. Man merkt ja bei sich selbst, wie man sein Konsumentenverhalten ändert. Darauf muss man vorbereitet sein. Dass diese Anbieter kurz- und mittelfristig in der Lage sind, die öffentlich-rechtlichen und privaten Sender als Auftraggeber zu ersetzen, glaube ich nicht. Aber es ist reizvoll, dass sie als potentielle Partner hoffentlich den Markt erweitern.

Christian Popp: Das ist auch ein Grund, wieso wir die internationalen Koproduktionen für uns entdeckt haben. Uns war klar: Wenn diese Entwicklung kommt, dann kommt sie in relevanter Größe zuerst im englischsprachigen Raum – und da ist sie ja auch tatsächlich schon Realität. Diese Dienste sind international aufgestellt, damit müssen wir auch auf englisch produzieren, Partnerschaften entwickeln und andere Stoffe anbieten. Das ist spannend, interessant und bestimmt auch nicht ganz einfach. Ich empfinde das aber als Chance.

Herr Popp, Herr Rohde, herzlichen Dank für das Gespräch.