Das Superwahljahr ist gestartet – und hielt am gestrigen Sonntag vor allem für die CDU, die durch die Corona-Pandemie zwischenzeitlich einen schon beinahe unheimlichen Höhenflug bei den Umfragewerten erlebte, gleich zwei herbe Enttäuschungen parat. Insofern mag es heute morgen tatsächlich noch als ganz gute Idee erschienen sein, die Lage in der Union noch einmal etwas eingehender aufzuarbeiten.
Ob das nun gleich ein "Brennpunkt" unter dem Titel "Beben in der Union" sein muss, sei mal dahin gestellt, denn mutmaßlich brennt den Deutschen die Frage nach dem Wohlergehen der CDU vielleicht doch nicht ganz so sehr unter den Nägeln wie den Politjournalisten des Landes. Spätestens im Lauf des Tages wurde die Entscheidung für diesen CDU-Brennpunkt aber durch die aktuellen Ereignisse überholt: Die Aussetzung der Impfungen mit dem AstraZeneca-Vakzin auch in Deutschland.
Es ist eine nicht unumstrittene Entscheidung mit weitreichenden Auswirkungen für die gesamte Bevölkerung, wird sie doch das im Vergleich zu manch anderem Land doch eher gemächlich erscheinende Impftempo nun noch einmal beträchtlich ausbremsen. Angesichts der unzähligen Corona-Sondersendungen, die insbesondere auch die ARD seit Beginn der Pandemie bereits gestemmt hat – nicht selten ohne wirkliche Neuigkeiten – wirkt es nun schon ein wenig seltsam, dass ausgerechnet am heutigen Montag kein "ARD Extra" zur Corona-Lage auf dem Programm steht, wo sich doch nun tatsächlich akute Fragen ergeben, selbst wenn das Thema AstraZeneca natürlich auch im CDU-Brennpunkt angesprochen wurde.
Immerhin: Die Redaktion von "Hart aber fair" hat kurzfristig reagiert und das Thema geändert. Im Rahmen des Talks will man Zuschauerfragen durch Experten und Politiker beantworten. Zu sehen gibt‘s das Ganze aber erst ab 21:15 Uhr – weil zuvor noch die Doku "Wildes China" ihren Platz im Programm findet. Wie sich Schwarzhalskraniche und Schwarze Stumpfnasen in Fernost so tummeln, dürfte zwar fraglos ein paar schöne Bilder produzieren – doch auch hier muss sich die ARD fragen lassen: Gäbe es kein Thema von gesellschaftlich höherer Relevanz, dem man diesen herausgehobenen Sendeplatz hätte überlassen können?
So wie vielleicht der Film "Kampf um jeden Atemzug". Carl Gierstorfer und Mareike Müller haben dafür über mehrere Monate auf einer der Covid-Intensivstationen der Berliner Charité gedreht und zeigen den dortigen Alltag: den täglichen Kampf der Ärztinnen und Ärzte, Pflegerinnen und Pfleger ums Leben der Patienten. Der Film gibt einen eigentlich nüchternen und gerade deswegen trotzdem um so bewegenderen Einblick in eine Welt, die man bei den Rufen nach Lockerungen gerne ausblenden möchte, solange man selbst nicht betroffen ist. Die Bilder sind es zumindest wert, mit bedacht zu werden in den Corona-Diskussionen.
In jedem Fall hätte der Film aus der Reihe "Die Story im Ersten" ein größeres Publikum verdient, als er es im Ersten um 23:05 Uhr bekommen wird. Bleibt zu hoffen, dass möglichst viele noch in der ARD-Mediathek darauf stoßen.