Einer der Texte, die in dem Buch "1000 Peitschenhiebe, weil ich sage, was ich denke" erscheinen, stammt nun sogar direkt aus dem Gefängnis. Geht das denn so einfach?

Es ist tatsächlich zum ersten Mal gelungen, dass Badawi einen Text aus dem Gefängnis nach draußen übermittelt hat. In mehreren Telefongesprächen konnte er den Text seiner Ehefrau diktieren.

Kann Badawi die Veröffentlichung seine Textes nicht gefährlich werden?

Diese Frage haben wir auch gestellt, allerdings ist seine Frau der Ansicht, dass alleine die Öffentlichkeit ihren Mann vor weiteren Schlägen bewahren oder ihm sogar die Freiheit bringen kann. Auch aus diesem Grund finde ich es empörend, wenn manche Politiker wie Herr Gabriel verlauten lassen, Badawi sei am besten zu helfen, indem man nicht darüber spricht.

Dabei geht es doch um Meinungsfreiheit...

Genau deshalb ist es so absurd! Badawi selbst schreibt ja in seinem Text, dass er aus der Veröffentlichung dieses Buches neue Kraft schöpfen könne. Er selbst sah sich übrigens immer als kleinen Aktivisten, der selbst nicht mit einer so großen Reaktion des Staates gerechnet hat - und schon gar nicht damit, zu einem solchen Symbol zu werden.

"Es ist wichtig, das Thema in der öffentlichen Wahrnehmung zu halten."
Constantin Schreiber

Sehen Sie Anzeichen dafür, dass sich für Raif Badawi etwas zum Positiven verändert?

Das Verfahren wird neu aufgerollt. Meine Prognose ist, dass der Fall gerade etwas runtergekocht wird. Da die Weltöffentlichkeit so genau hinschaut und Badawi ja sogar für den Friedensnobelpreis gehandelt wird, halte ich die im Raum stehende Todesstrafe für unwahrscheinlich. Einen solchen Imageschaden möchte Saudi-Arabien sicher nicht auf Dauer mit sich herumtragen.

Generell scheint es, als sei es die Meinungsfreiheit im arabischen Raum zunehmend schlecht bestellt.

Die gesamte arabische Welt befindet sich diesbezüglich aktuell in einer Abwärtsspirale. Auch in eigentlich liberalen Ländern wie dem Libanon sehen wir, dass die positive Entwicklung an ihre Grenzen stößt. In Saudi-Arabien ist das nicht anders. Es wird immer konservativer, gerade auch nach dem arabischen Frühling.

Was kann das Buch bewirken?

Es ist wichtig, das Thema in der öffentlichen Wahrnehmung zu halten. Dabei kann das Buch helfen. Und natürlich bekommt Frau Badawi auch Geld dafür. Das macht sie nicht reich, wird aber helfen, eine Geldstrafe, die sie zu bezahlen hat, ganz oder zumindest zum großen Teil begleichen kann. Wir reden da immerhin von über mehr als 200.000 Euro. Der Ullstein-Verlag verdient an diesem Buch jedenfalls nichts und ich selbst bereichere mich nicht an dem Projekt, sondern habe nur eine sehr geringe Aufwandsentschädigung bekommen. 

Constantin Schreiber© privat

Das Buch erscheint am 1. April. Da Sie ja nun gerade vor Ort gedreht haben, stellt sich die Frage, was genau man davon im Fernsehen zu sehen bekommen wird.

Die Reportagen laufen an diesem Dienstag in "Punkt12", "Explosiv" und "Nachtjournal", sowie bei n-tv im "Auslandsreport".

Letzte Frage: Woher kommt eigentlich Ihr Interesse für die arabische Welt?

Ich habe mir das gar nicht so bewusst ausgesucht. Durch meine Familie hatten wir schon immer enge Verbindungen in diese Region. Die habe ich gepflegt - auch zu einer Zeit, in der Leute gesagt haben, China sei viel wichtiger. Tatsächlich war die arabische Welt trotz des Nahost-Konflikts vor dem 11. September in keiner Weise so interessant wie sie es anschließend wurde.

Herr Schreiber, herzlichen Dank für das Gespräch.