Herr Hörner, im Herbst 2013 haben sie nach mehr als 20 Jahren die ProSiebenSat.1 Media AG verlassen. Womit haben Sie sich in den vergangenen zwei Jahren die Zeit vertrieben?

(lacht) Ich habe erstmal ein kleines kreatives Päuschen eingelegt, aber nach kurzer Zeit kriegt man dann ja doch wieder Lust, was zu machen. Ich habe im vergangenen Jahr die Euvid One GmbH gegründet, deren Geschäft auf drei Säulen basiert: Das ist einmal Beratung und zum Zweiten die TV-Produktion besonders im Bereich Factual Entertainment. Da wird es im nächsten Jahr etwas zu sehen geben. Die dritte Säule ist Distribution - so habe ich es mal genannt. Gemeint ist damit die Vernetzung von Plattformen mit passendem Content. Es gibt Plattformen, die mehr aus sich machen könnten und wiederum Inhalte, die weitgehend ungenutzt sind.

Also das klassische Lizenzgeschäft?

Es geht nicht um das klassische Lizenzgeschäft sondern viel mehr darum, Programmmarken zu kreiieren, die eine einhaltliche Klammer haben. Wir arbeiten bei unserem ersten großen Projekt mit dem Kindersender RiC zusammen. Ein Kanal, der aus Ravensburger heraus entstanden ist und zur Your Family Entertainment AG gehört. Der Sender pausiert sein reguläres Programm bislang ab 20.15 Uhr - und daraus ergab sich eine Gelegenheit. Zur besten Sendezeit fehlt dem Sender das passende Programm.

Und das kommt künftig von Ihnen?

Richtig. Da kommt die neue Sendermarke ins Spiel, die ich entwickelt habe: eoTV. Das E und O steht dabei für European Originals. Der Slogan des Programms wird nicht überraschen: Die besten Filme und Serien aus Europa. Wir starten am 22. Dezember und sind täglich von 20.15 bis 01.00 Uhr frei empfangbar auf Sendung.

Ein Sendestart in fünf Wochen. Ein sportlicher Plan.

(lacht) Ja, aber wir starten bewusst vor Weihnachten, weil zu der Gelegenheit viele neue Geräte unter den Bäumen liegen - egal ob Fernseher oder Tablet. Die werden ausprobiert, da werden Programme eingerichtet. Und über die Feiertage und zwischen den Jahren haben viele Menschen mal die Zeit, in Ruhe in tolle Geschichten einzutauchen.

Sie gehen mit eoTV also abends auf der Frequenz von RiC auf Sendung?

eoTV ist eine Programmfenster auf der Sendelizenz von RiC. Wir gestalten das Programm von eoTV; die redaktionelle Abnahme bezüglich Jugendschutz etc. erfolgt entsprechend der Sendelizenz durch RiC. Wir haben damit vom Start weg die technische Reichweite von RiC. Das sind derzeit 32 Millionen Haushalte in Deutschland, Österreich und der Schweiz. In Deutschland liegt die Verbreitung bei etwa 70 Prozent, hauptsächlich gestützt durch die Verbreitung via Astra und Unitymedia. Dazu gibt es den Sender auch via Zattoo, Magine und die TV Spielfilm-App.

"Auch das europäische Fernsehen erlebt sein New Golden Age of Television."

Wie sieht es mit einer eigenen Online-Präsenz aus?

Wir gehen da sogar weiter als viele andere Sender. So wie RiC sein Kinderprogramm im Netz zeigt, wird auch eoTV auf der eigenen Website als frei empfangbarer Livestream zu sehen sein - und eine umfangreiche Mediathek bieten, die bei uns vielleicht eine höhere Priorität haben wird als bei manch anderem frei empfangbaren Fernsehsender. eoTV ist ein Programmversprechen, das wir linear wie non-linear einlösen wollen. Wir haben beim Rechte-Einkauf auch darauf geachtet, dass die ein odere andere Produktion lang genug zur Verfügung steht, damit Fans auch bingewatchen können. Eine App steht auch auf der Agenda.

Sie sprachen von inhaltlichen Klammern. Bei eoTV sind das europäische Produktionen. Ist die Nische denn groß genug und markttauglich?

Auch das europäische Fernsehen erlebt sein New Golden Age of Television. Da sind „Borgen“, „Sherlock“, „Broadchurch“ oder „Occupied“ sehr prominente Vertreter, aber das europäische Fernsehen ist auch weit darüber hinaus voll von guten neuen Produktionen, weil eine neue Generation von Fernsehmachern Programm macht, die mit ihren Produktionen höhere Ambitionen verfolgen. Und auch rückblickend gab es immer schon herausragend erzählte Geschichten.

Das ist zweifelsohne richtig. Aber ist die Nische groß genug? Gibt es einen europäischen Geschmack?

Wir kaufen in den gleichen Läden ein, wir kennen die gleichen Marken, wir schauen die gleichen Blockbuster und hören die gleiche Musik. Der europäische Markt ist in vielen Belangen schon sehr intensiv zusammengewachsen, nur im Fernsehen existieren noch so viele unentdeckte Schätze in anderen Fernsehmärkten, die bislang selten über die Grenzen hinaus verbreitet wurden. Im deutschen Fernsehen liegt der Anteil von nicht-deutschem sowie nicht-US-Programm bei noch unter fünf Prozent.