Herr Reichart, Sie haben vor einigen Monaten bereits angekündigt, nach der nächsten Vox-Serie suchen zu wollen. Wie weit sind Sie dabei?

Es gab relativ viele, zum Teil sehr schön ausgearbeitete Projekte, die man uns gepitcht hat. Mit einigen davon haben wir uns intensiv beschäftigt.

Waren das Ideen, die originär für Vox entwickelt wurden?

Sowohl als auch. Wenn jemand eine Idee aus der Schublade holt, die schon mal abgelehnt wurde, würde ich trotzdem nicht ausschließen, dass sie für uns passen könnte. Einem guten Stoff sollte das nicht zum Verhängnis werden. „Die Höhle der Löwen“ lag als Idee auch schon vielen vor und „Club der roten Bänder“ lief in Spanien bereits 2011. Es wäre überheblich und dumm zu sagen, wir möchten bitte nur Ideen, die vorher noch niemand präsentiert bekommen hat.

Klingt nicht danach als wären Sie schon fündig geworden.

Wir haben noch nichts auf den Weg geschickt – auch wenn wir große Lust hätten. Aber während wir im letzten Jahr ganz unbedarft in das neue Genre deutsche Fiction gestartet sind, stehen alle möglichen Folgeprojekte natürlich schon unter dem Einfluss unserer Erfahrungen mit „Club der roten Bänder“. Ideal wäre ein außergewöhnliches und auf den ersten Blick vielleicht auch wieder etwas nischiges Projekt, das thematisch weit weg vom „Club“ ist. Wir wollen uns schließlich auch in dem für uns neuen Genre breit aufstellen.

Haben Sie sich deshalb „Weinberg“ gesichert?

Genau! Ich freue mich sehr, dass wir die preisgekrönte Mystery-Serie „Weinberg“ von den Autoren und Machern von „Club der roten Bänder“ im Herbst im Programm haben. Das ist wieder ein Format, das ausbricht und etwas Überraschendes bietet.

Gibt es denn so etwas wie eine Vox-DNA nach der Sie bei neuen fiktionalen Ideen suchen?

So eine extrem emotionale Achterbahnfahrt mit allen Facetten wie bei  „Club der roten Bänder“ ist bei neuen Fiction-Projekten natürlich nicht leicht zu wiederholen. Wenn das aber zur VOX-DNA bei fiktionalen Serien werde könnte, wäre das ein Alleinstellungsmerkmal, das uns sehr gut zu Gesicht stünde.

Die Fernsehnutzung wandelt sich. Über das Tempo gibt es noch unterschiedliche Auffassungen. Wie zeitgemäß ist lineares Fernsehen?

Die aktuelle Entwicklung ist ja nicht ausschließlich eine technische. Wir erleben gerade einen andauernden Prozess, in dem deutlich wird, dass die Zuschauer ihre Zeit für Entertainment bewusster nutzen. Das ist eine große Chance, wenn man sie ergreifen kann. Denn die Zuschauer, die sich bewusst für ein Format entscheiden, fühlen sich auch viel damit viel verbundener und leben das Fantum wesentlich intensiver aus. Es bringt aber auch eine gegenteilige Konsequenz mit sich: Wer enttäuscht wird, ist weg. Aus Trägheit oder Gewohnheit wird immer seltener geguckt. Als Reaktion darauf müssen wir noch besseres Programm machen.

Die US-Serienabende tun sich schwer, besonders der Montag. Mit welchen Konsequenzen?

Wir werden am Montagabend zukünftig noch mehr eigenproduzierte Programme einsetzen. Im letzten Jahr hatten wir mit „Club der roten Bänder“ fünf und mit der Doku dann sechs Montagabende mit Eigenproduktionen bestückt. In diesem Jahr werden wir wahrscheinlich über 20 Slots mit Eigenproduktionen bespielen können. So wird es zum Beispiel zur Einstimmung auf Staffel zwei auch noch einmal die komplette erste Staffel von „Club der roten Bänder“ zur besten Sendezeit geben. Ab dem 18.7. können sich die Zuschauer am Montag auf die erste Staffel von „Kitchen Impossible“ freuen.

Geben Sie die Hoffnung auf starken Programmnachschub aus den USA auf?

Nein, wir hoffen auch weiterhin darauf, mit unseren Studio-Deals erfolgreiche Serien wie „Outlander“ ins Programm zu bringen. Die zweite Staffel war in den USA ein noch größerer Erfolg als Staffel 1 und wird im Herbst dann auch bei uns zu sehen sein. Wir werden aber auch noch genauer hinschauen, was der Independent-Markt fernab der großen Studios für VOX zu bieten hat.

Vor mehr als einem Jahr kündigten Sie einen Koproduktionsdeal zwischen NBC Universal, TF1 und der Mediengruppe RTL Deutschland an. Gibt es aus dieser Zusammenarbeit bald Resultate zu sehen?

Wir haben das Projekt in den letzten Monaten gemeinsam mit unseren Partnern sehr gut weiter vorangetrieben. Diese Zusammenarbeit wird zukünftig ein weiterer Weg sein, um den Bedarf an qualitativ hochwertigen Serien in der Mediengruppe zu decken. Bis wir konkrete Projekte nennen können, brauchen wir aber noch ein wenig Zeit.

Gab es denn bei den LA Screenings Serien, die Sie sich bei einem Erfolg in den USA gut bei Vox vorstellen könnten?

„Chicago Justice“ ist zum Beispiel so eine Serie. Nach „Chicago Fire“, „Chicago P.D.“ und „Chicago Med“ würde sich natürlich auch das vierte Spin-off aus der Dick-Wolf-Reihe hervorragend bei uns einfügen. Und nachdem ich den Piloten gesehen habe, würde ich fast sagen, dass „Chicago Justice“ das Zeug hat, die stärkste Serie dieser Chicago-Reihe zu sein. Das würde uns natürlich sehr helfen.