Frau Biernat, die Gameshows sind zurück und mit „Ruck Zuck“ und „Familien Duell“ sind auch zwei Ihrer Klassiker dabei. Wie kam es dazu?

Mich hat Jan-Peter Lacher angerufen und gefragt, ob ich gut säße. Ich hätte doch immer jedem, der es hören wollte – oder auch nicht, vom Comeback der Gameshows erzählt – und jetzt wollte Jan-Peter sie tatsächlich zurück on Air bringen. Ich hab erst gedacht, er will einen Scherz auf meine Kosten machen, aber dann war klar: Er meint das ernst und hatte schon einige Überlegungen angestellt. Zum Beispiel die Idee, in einem Set vier verschiedene Shows zu produzieren.

Zögert man da erstmal?

Ich bin ja immer der Überzeugung gewesen, dass ein gutes Format entscheidend ist und ein Set eine Sendung weder besser noch schlechter machen könne. Die Grundidee einer Gameshow, die Kandidaten und die Moderation müssen stimmen. Es galt, ein Gesamtkonzept zu finden: Wie finden wir eine Finanzierung für die Produktion für einen Sender, den es noch gar nicht gibt, ohne sich gleich zu verheben. Wenn man das Ergebnis betrachtet, muss ich sagen: Die Set-Gestalter haben unfassbar gute Arbeit geleistet. Die Set-Idee ist großartig.

Aber jede Neuauflage muss sich mit der Erinnerung des Publikums an früher messen. Diese Hürde muss eine Neuauflage nehmen.

Ich habe im Laufe meines beruflichen Lebens die Erfahrung gemacht, dass ein Relaunch mit einer zynischen Auslegung viel schlimmer als eine preiswerte Produktion ist. Wenn man dem Kern einer Idee nicht gerecht wird oder sie nicht ernst nimmt und damit Fans auf die Füße tritt, geht das nach hinten los. Das war zum Beispiel beim „Gameshow Marathon“ damals so. Da haben wir alles gegen den Strich gebürstet und uns lustig gemacht über Formate, die viele Fans hatten. Das darf nicht passieren. Die Zahl der Scheinwerfer ist den Fans der Formate egal. Das sind Konzepte mit echten Leuten, die echten Spaß haben und darauf kommt es an.

Wenn die Grundidee einer Gameshow so wichtig ist, wie viele Gedanken muss man sich dann noch um die Moderation machen?

Wir haben lange überlegt, wer am besten passt. Man denkt sofort an Werner Schulze-Erdel und Jochen Bendel, die ihre Sache hervorragend gemacht haben. Der Gedanke ist allerdings verworfen worden.

Warum hat man das verworfen?

Dahinter stecken Überlegungen des Marketings. Es hilft, Köpfe aus dem Hauptprogramm bei RTLplus einzusetzen, weil man somit eine Verbindung zwischen den beiden Sendern schafft. Diese Überlegung konnte ich absolut nachvollziehen. Inka Bause und Oliver Geissen muss ich an dieser Stelle Respekt zollen: Sie haben sich sofort zurecht gefunden und sind den Kandidaten in jeder einzelnen Sendung schnell sehr nahe. Sie können einfach gut mit Menschen.

Jetzt laufen die Gameshows bei RTLplus. Taugt das Genre nur für die Nische?

Nachdem ich verschrien bin als Ute mit dem Gameshow-Spleen (lacht), wäre es vermessen, Chancen nicht zu ergreifen. Was nützt mir jedoch ein großer Sender, der zur besten Sendezeit eine einzelne Gameshow wagt, die aber verdorrt, weil sie kein adäquates Umfeld hat. Bei RTLplus sind die Gameshows wie früher daily programmiert.

Neben den Klassikern für RTLplus produzieren Sie mit „Risky Quiz“ auch eine Quizshow für ProSieben, die ebenfalls am Montag startet. Passt das Genre zur angepeilten Zielgruppe des Senders?

"Risky Quiz" ist eine moderne Quiz-Sendung mit einem großartigen Überraschungs-Gag. Das Schöne an der Show ist, dass sich zeigt: Auch über 500 Euro kann man sich sehr freuen. Wenn man ein klassisches Gameshow-Konzept mit einer Prise Comedy würzt und mit großem Spaßfaktor umsetzt, dann erreicht das Genre auch junge Leute. Zum Beispiel bei „Wer weiß denn sowas?“ im Ersten freuen wir uns auch über viele junge Zuschauer.

Der ARD-Vorabend hat nach Jahren der Sinnsuche einen echten Hit gefunden. Was waren hier die entscheidenden Zutaten?

Also: Ich habe noch nie so viele Torten und Schampus für eine Redaktion gekauft, wie in diesem Jahr. Dieser Erfolg war so nicht abzusehen, weil das Umfeld schwierig und manche Produktionen vorher nicht funktioniert haben. Ich fand es toll, als Kai zu uns kam und sagte, er würde gerne ein Quiz machen. So hat alles angefangen. Wir haben dann unsere Ideen ausgetauscht und in mehrere Piloten investiert. Zunächst waren die Formate ernster und steifer. Wir haben sie analysiert und festgestellt: Das gibt es eigentlich alles schon.

Und dann?

Kai ist aber nicht nur seriös, sondern auch sehr schlagfertig. Also nutzen wir das doch. Und es gibt wenige Persönlichkeiten, die in ihrer Show Kollegen wie Elton und Bernhard Hoecker so viel Raum geben würden. Die drei nehmen sich nichts, das finde ich sehr angenehm. Dann geht noch ein großes Lob an Andreas Gerling, der ebenfalls viele Ideen und viel Herzblut in dieses Projekt gesteckt hat. Dass wir mit gleich 60 Folgen starten durften, war auch vernünftig. So haben wir das Publikum schnell erreicht. Die Sendung funktioniert gut, weil sie für ältere Menschen kein zu großes Kuddelmuddel mit zu viel Hektik darstellt. Und die Jüngeren fühlen sich durch den YouTube-Touch der Experimente unterhalten.

Bislang wechselt die ARD am Vorabend diverse Formate durch. Stehen Sie bereit falls die ARD  mit „Wer weiß denn sowas?“ durchprogrammieren will?

Jede Medaille hat zwei Seiten. Wenn es gut läuft, liegt es nahe, mehr zu machen. Aber „Wer weiß denn sowas?“ allein befriedigt die Seele auch nicht immer. Abwechslung tut gut und hilft uns ein besonderes Level an Qualität zu halten, was bei zu vielen Produktionen geopfert wird, um einfach mehr Folgen machen zu können. Die Vorbereitung der Sendung ist außerdem viel aufwändiger als ein reines Lexikon-Quiz. Die Einspieler wollen produziert werden und die Geschichten sollten nicht langweilen oder sich wiederholen. Wir sind derzeit in Gesprächen mit der ARD und würden uns sehr freuen, wenn es weitergeht.

UFA Show & Factual ist die deutsche Tochter von FremantleMedia für Showproduktionen. Warum produzieren Sie eigentlich dann nicht „Ninja Warrior Germany“?

Gute Frage, die ich aber nicht beantworten kann. Das ist eine Entscheidung von RTL und das Format gehört ja nicht FremantleMedia.

So viel Bewegung im Genre Gameshow macht sie unabhängiger von Castingshows...

Casting ist nicht mehr wegzudenken. Bei „DSDS“ bewerben sich heute die 16-Jährigen, die damals die Show mit 6 Jahren zu Hause verfolgt haben und jetzt ihre Chance ergreifen und dabei sein möchten. Das wird nicht einfach schlagartig aufhören. Ganz im Gegenteil: Menschen, die etwas präsentieren, was sie besonders gut können, die überraschen, lustig sind, denen etwas peinliches passiert oder die einfach Spaß haben, sich zu zeigen, wird es on Air immer geben. Viele tun gerne so, als ob Casting ein sterbendes Genre sei, aber da bin ich ganz anderer Ansicht. „DSDS“ und „Das Supertalent“ werden gerne tot gesagt, erreichen aber immer noch starke Marktanteile von mehr als 21 Prozent im Schnitt und das ist nach über 10 Jahren eine erstaunliche Leistung. Das schafft heute kaum ein anderes Format.

Kurz noch zu einem weiteren Standbein: Factual, also Dokusoaps…

Im Factual-Bereich setzen wir auf Köpfe, die ein Thema interessant machen. Bei "Schrankalarm", das wir für VOX produzieren, haben wir beispielsweise mit Miyabi Kawai und Manuel Cortez die passende Besetzung gefunden. Mode ist genau ihr Thema, das sie auch im Alltag leben – und ganz wichtig: sie gehen auf die Kandidaten zu und sind im Umgang mit ihnen ganz unverstellt. Die beiden sind ein gutes Beispiel für genau solche Köpfe, deren Leidenschaft für ein bestimmtes Thema ansteckend ist und mit denen wir arbeiten möchten.

Frau Biernat, herzlichen Dank für das Gespräch.