Frau Nosbusch, als Vox auf Sie zugekommen ist und gesagt hat: Wir würden Sie gerne für eine reine Gesprächssendung im Privatfernsehen gewinnen, bei der es nicht um Politik oder Krawall geht – wie lange haben Sie da die versteckte Kamera gesucht?

Désirée Nosbusch: Gar nicht. Talpa-Germany-Geschäftsführer Karsten Roeder ist zusammen mit Vox an mich herangetreten, und weil wir uns schon seit einiger Zeit kennen, hab ich geahnt, dass es keine versteckte Kamera gibt. Ich wusste aber sofort, dass mich „The Story of my Life“ reizt.

Wie haben Sie sich auf die Paare vorbereitet? Vieles lässt sich ja erst im Moment des Gesprächs beeinflussen.

Natürlich hab ich mir die Vita meiner Gäste sehr genau angesehen. Im Gespräch spielt dann das Bauchgefühl eine wesentliche Rolle. Ich führe am liebsten Interviews, in denen ich meinen Gästen Raum lassen kann. Es geht ja bei „The Story of my Life“ nicht darum, die eine große Schlagzeile zu produzieren. Dafür wäre ich auch die Falsche. Stattdessen hat mir die Redaktion sehr stark vertraut und mich laufen lassen. Im holländischen Original waren die Fragen zum Beispiel sehr viel stärker bestimmten Themen zugeordnet oder haben sich an allgemeinen Statistiken dazu orientiert, wie Menschen sich im Alter verändern. Davon haben wir uns komplett freigemacht. Meine Vorgabe war: Désirée, unterhalt dich! Das hätte natürlich auch schief gehen können.

Und – ist es?

Ich glaube nicht. Die Gespräche sind sehr verschieden. Bei einigen Gästen musste ich stärker dranbleiben, damit sie sich öffnen. Aber geklappt hat es, glaube ich, bei allen.

Ist es nicht ungewöhnlich, sich zu privatesten Angelegenheiten ausgerechnet im Fernsehen so zu öffnen? Warum machen Ihre Gäste das?

Da hat sicher jeder andere Beweggründe. Ich glaube, es hat die meisten Paare einfach gereizt, diese Reise zu unternehmen. Die Neugierde, was das mit ihnen macht, war vorrangig. Das Format geht ja auch behutsam mit dieser Privatheit um. Niemand wird zur Schau gestellt, alle werden respektvoll behandelt. Das war auch meine Voraussetzung. Ich weiß, wie es sich anfühlt, auf der anderen Seite zu stehen und bilde mir ein, dass das bei solchen Situationen ein großer Pluspunkt ist.

Ist man als Zuschauer nicht trotzdem ein Stück weit Voyeur?

Am Anfang vielleicht. Aber wer sich darauf einlässt, gerät sehr schnell in die Rolle, in der er sich dieselben Fragen stellt wie die prominenten Gäste. Das finde ich das Tolle an der Sendung: Alle, die daran mitgearbeitet haben, haben sich zwangsläufig selbst damit auseinander gesetzt, wie sie zum Älterwerden stehen. Ich glaube, jeder kann sich in „The Story of my Life“ wiedererkennen.

Was hat Sie an den Paaren am meisten beeindruckt?

Der Mut, mitzumachen – und sich zu öffnen, ohne Wenn und Aber.

Dazu kommt, dass die Aufzeichnungssituation relativ anspruchsvoll war: Die Drehtage haben morgens um 8 Uhr begonnen, die Maskenbildner zwischendurch für jede Alterungsstufe jeweils vier Stunden benötigt.

Ja, das war ein richtiger Marathon. Aber ich saß da ab einem gewissen Zeitpunkt gefühlt gar nicht mehr im Job, sondern im Wohnzimmer mit meinen Gästen und hab mich unterhalten.

"Ich bin ich ziemlich allergisch dagegen, Menschen in eine bestimmte Richtung zu drücken."

Désirée Nosbusch

Sind die Masken nicht von vornherein ein schmeichelndes Abbild – eines, von dem man hofft, dass es so eintritt? Sie haben ja niemanden in den Rollstuhl gesetzt.

Darum ging es aber auch gar nicht. Nur Gesicht und Hände wurden verändert. Und die Kleidung ist nach Vorsprächen ausgesucht worden, in denen die Redaktion sich mit den Gästen darüber unterhalten hat, wie sie sich selbst im Alter sehen.

Am Anfang dachte ich, das klingt alles sehr nach Happiness-Inszenierung, es wird ja sicher keiner sagen: 'Nee, wenn du später wirklich so aussiehst, überleg ich mir das nochmal mit uns.' Aber es gab bei Lilly Becker tatsächlich Zweifel im ersten Reflex.

Ja, tatsächlich haben mehrere Gäste frei heraus gesagt: Es macht mir auch Angst, das so zu sehen. Andere haben gefragt: Liebst du mich nicht, wenn ich so aussehe?

Ist das nicht eine große Verantwortung, als Moderatorin mit solchen Szenen umgehen zu müssen?

Nein, ich muss meine Gesprächspartner ja nur führen und ihnen die Zeit geben, ihre Gedanken zu äußern. Außerdem bin ich ziemlich allergisch dagegen, Menschen in eine bestimmte Richtung zu drücken. Ich hatte aber bei allen sechs Gesprächen nicht einmal das Gefühl, dass das notwendig gewesen wäre oder ich zu weit gegangen bin. Allerdings gab es Momente, die mir auch ziemlich nahe gegangen sind, und solche, in denen ich aufpassen musste, mich nicht auf eine Seite zu schlagen.

Warum war diese Art von Sendung im deutschen Fernsehen so lange nicht möglich?

Das kann ich schwer beurteilen. Ich kann nur sagen, dass an mich vorher kein Angebot herangetragen wurde, das mit „The Story of my Life“ vergleichbar gewesen wäre. Ich kam mir beim Fernsehen selten so frei vor. Und ich würde mich sehr freuen, wenn die Zuschauer das auch spüren.

Guido Maria Kretschmer sagt in der Sendung, er wünsche sich vor allem, im Alter „oben wach und unten dicht“ zu bleiben. Gibt es dem noch etwas hinzuzufügen?

Eigentlich nicht.

Frau Nosbusch, vielen Dank für das Gespräch.