Herr Bahro, Sie spielen fast seit Anfang an bei GZSZ mit. Eine ganze Nation kennt Sie als Jo Gerner. Wie oft werden Sie auf der Straße so angesprochen?

Wolfgang Bahro: Sehr häufig, aber es hat sich in den letzten Jahren etwas gelegt. Inzwischen kennen viele Leute auch meinen echten Namen, das freut mich sehr. Aber natürlich gibt es genügend Menschen, die mich mit Jo Gerner ansprechen.

Ärgert es sich manchmal auch, dass Sie von vielen Menschen auf diese Rolle reduziert werden?

Ja, zum Teil. Ich kann es aber auch verstehen. Es gibt da ja viele Beispiele aus der Fernsehgeschichte: Götz George war für viele eben nur Schimanski, auch wenn er darüber hinaus ein toller Schauspieler war, der viele Fernseh- und Kinofilme gedreht hat. Oder Horst Tappert, der auch ein hervorragender Theater-Schauspieler war. Viele kannten ihn aber nur als Derrick. Und so ist das Fluch und Segen zugleich: Auf der einen Seite hat nicht jeder das Glück, so eine prägende und bekannte Rolle zu spielen. Andererseits wird man oft reduziert.

Sie haben mal in einem Interview gesagt, dass Sie immer wieder die Rolle des Bösewichts angeboten bekommen - und meist ablehnen, weil Sie das ja schon bei GZSZ immer sind.

Das stimmt und das ärgert mich schon ein bisschen. Man sollte ja davon ausgehen, dass ich als Schauspieler schon ein bisschen mehr auf dem Kasten habe als nur einen Bösewicht. Deshalb bin ich sehr dankbar, dass mir Dieter Hallervorden die Möglichkeit gibt, das Leben von Charlie Chaplin auf der Bühne des Schlosspark Theaters zu spielen. Das wird ab Oktober zu sehen sein.


Schauspielerei im Fernsehen und am Theater, dazu das Kabarett. Woran haben Sie die meiste Freude?

Die Mischung macht es aus. Der Beruf des Schauspielers ist für mich sehr vielseitig, ich mache auch wahnsinnig gerne Hörspiele. Beim Kabarett macht es mir am meisten Spaß, in viele verschiedene, unterschiedliche Figuren zu schlüpfen und die unmittelbare Reaktion des Publikums zu erleben. Eigentlich habe ich mein Hobby zum Beruf gemacht und ich liebe alles, was mit der Schauspielerei zu tun hat.

Für viele Menschen hört sich der Job des Schauspielers erstrebenswert an, er gilt als glamourös. Wenn man nicht zur absoluten Top-Riege des Landes gehört, muss man aber auch als Schauspieler sehen, wo man finanziell bleibt. Kann man von einer Rolle in einer täglichen Serie wie GZSZ leben?

Man kann davon wahrscheinlich eher leben, als wenn man als Schauspieler auf irgendwelche Fernsehauftritte angewiesen ist. Ich habe genügend Kollegen erlebt, die vom Theater kamen und versucht haben, im TV Fuß zu fassen: Viele hangeln sich mit kleinen Rollen und wenigen Drehtagen über das Jahr. Der Beruf des Schauspielers ist wirklich nicht einfach, man muss immer wieder Engagements kriegen. Jedem, der diesen Beruf erlernen will, sage ich: Schminkt es euch ab, Stars werden zu wollen. In erster Linie müsst ihr auf einer Bühne oder vor einer Kamera stehen wollen. Das Spielen ist die Hauptsache und deswegen muss man eine Ausbildung machen.

Würden Sie jungen Kollegen raten, die harte Schule einer täglichen Serie mal zu erleben? Sie stehen ja von morgens bis abends vor der Kamera und drehen pro Tag eine ganze Folge ab.

In jedem Fall. Ich habe auch ältere Kollegen erlebt, die Kinofilme gedreht haben, die früher mit der Nase gerümpft haben, wenn es um GZSZ ging. Als sie dann mal bei uns vor der Kamera standen, haben sie gemerkt, was da für eine Arbeit dahinter steht. Wir drehen 25 Minuten sendefähiges Material pro Tag. Zum Vergleich: Bei einem Fernsehfilm sind es pro Tag fünf bis sieben Minuten, bei einem Kinofilm drei Minuten. Die Belastung ist da eine ganz andere als bei uns.

Wie hat sich GZSZ denn in den vergangenen 25 Jahren verändert?

Man kann wirklich sagen, dass wir inzwischen erwachsen sind. Wir können auf eigenen Beinen stehen und geradeaus reden. Als die Serie anfing war es dann wirklich wie ein Säugling, der noch nicht richtig laufen konnte. Da wackelten die Kulissen, wenn man die Tür zu gemacht hat. Anfangs waren auch noch nicht alles Schauspieler, die mitgespielt haben. Viele waren sehr gut aussehende Models, die aber eigentlich mit der Schauspielerei nichts am Hut hatten - und das hat man leider Gottes auch oft gemerkt. Inzwischen hat sich die Serie in allen Belangen verbessert. Wir sind absolut Primetime-tauglich und können mit jeder deutschen Serie mithalten.

Wolfgang Bahro© RTL
Wolfgang Bahro als Jo Gerner in frühen "GZSZ"-Tagen.

Und was waren die großen Veränderungen in den letzten zehn Jahren?

Wir arbeiten heute enger mit den Storylinern und der Produktion zusammen, früher hat da jeder sein eigenes Ding gemacht. Jetzt haben wir ein enges Netzwerk, wir Schauspieler können auch Ideen einbringen und mitreden. Es wird zudem viel Wert darauf gelegt, dass die Geschichten stimmig und logisch sind. Die Figuren sind vielschichtiger geworden, auch Gerner. In den Anfangsjahren war er noch ganz plakativ der Bösewicht, jetzt ist er ein ganz anderer Mensch, der auch Ängste und Probleme hat und für den die Familie das wichtigste ist.

Apropos stimmige und logische Geschichten. Gerner saß mal im Rollstuhl und war nicht zeugungsfähig, beides davon ist heute nicht mehr aktuell. Er wurde mehrfach angeschossen und war Geschäftsführer diverser Unternehmen, unter anderem eines Restaurants und einer Fluglinie. Er hat diverse Ex-Frauen und unzählige Geliebte. Diese Liste könnte man noch ewig weiterführen. Inwiefern ist das noch logisch?

Normalerweise würde sich jeder normale Mensch, der das erlebt, was Jo Gerner in den letzten 25 Jahren erlebt hat, die Kugel geben oder in der Klapse sitzen (lacht). Aber das macht die Serie aus: Wir müssen Drama machen und das immer wieder verpacken. Wenn wir nur die heile Welt zeigen würden, wäre das langweilig. Also müssen wir dramatisch sein und eigentlich viele wahnsinnige Dinge in kurzer Zeit erzählen. Witzigerweise ist es so, dass das Publikum das goutiert und sagt: Das ist ja wie im echten Leben! Wobei ich mich da schon manchmal frage, wo die dann leben. Es ist wirklich sehr extrem, aber genau das macht die Serie aus. Trotz allem sind wir bei den einzelnen Geschichten immer sehr nah an der Wirklichkeit. Es geht um Liebe, Hass und Mord - da findet sich jeder wieder.

Sie spielen Jo Gerner nun schon so lange, wie viel von ihm steckt in Wolfgang Bahro?

Zum Glück nicht so viel (lacht). Wobei ich mir manchmal schon wünschen würde, dass mehr Gerner in mir stecken würde. Gerade was die geschäftlichen Dinge angeht. Gerner ist da ja gnadenlos und ich bin eher der, der zurücksteckt. Da wünsche ich mir die Chuzpe von Gerner (lacht).

In der Vergangenheit gab es immer wieder Verjüngungen. Alte, beliebte Charaktere wurden aus der Serie geschrieben. Wieso sind Sie noch dabei?

Das mit dem Rausschreiben hat nicht immer mit der Produktion zu tun, viele Kollegen wollen nach ein paar Jahren was anderes machen. Die Produktion hat ein Interesse daran, die Leute möglichst lange zu halten. Es hat sich gezeigt, dass die Zuschauer Konstanz sehr schätzen. Deswegen ist die Figur von Gerner auch so beliebt. Ich kann es jungen Kollegen aber nicht verübeln, wenn sie nach drei oder vier Jahren mal was anderes als GZSZ machen wollen.

Wollten Sie nie etwas anderes machen?

Ich habe mir immer die kleinen Freiräume geschaffen, um nebenbei auch etwas anderes machen zu können. Wahrscheinlich wäre es anders gewesen, wenn mir die Produktion sämtliche andere Projekte verboten hätte.

Ihr Vertrag wurde gerade um fünf Jahre verlängert. Das heißt wohl auch, Steven Spielberg oder Quentin Tarantino haben noch nicht angerufen? Sie haben in einem Interview mal gesagt, dass Sie bei den beiden schwach werden würden…

(lacht) Nein, sie haben leider noch nicht angerufen. Aber ich warte darauf!

Was würden Sie denn gerne mit Tarantino machen?

Ich würde wahnsinnig gerne so eine Rolle wie die von Christoph Waltz spielen, einen liebenswürdigen Bösewicht. Was ich außerdem wirklich mal gerne machen würde ist einen Kinofilm zu drehen, in dem ich die Hauptrolle spiele - und dann noch einen Preis dafür zu bekommen.

Ich habe auch schon einige Sachen gedreht, die sich durchaus vergleichen lassen mit emotionalen Höhepunkten von irgendwelchen Fernsehfilmen. Da wäre eine Anerkennung schön.

Wolfgang Bahro

Sind Ihnen Preise wichtig?

Es wäre schön. Weil die Schauspieler von GZSZ, obwohl sie wirklich gute Arbeit leisten, in der Branche oft immer noch belächelt werden, auch wenn es in den letzten Jahren schon besser geworden ist. Aber wir machen schon seit 25 Jahren richtig gute Arbeit und ich habe auch schon einige Sachen gedreht, die sich durchaus vergleichen lassen mit emotionalen Höhepunkten von irgendwelchen Fernsehfilmen. Da wäre eine Anerkennung schön.

Die Frage, wann Sie aussteigen, erübrigt sich nun vorerst nach Ihrer Vertragsverlängerung. Aber wie sieht eigentlich der Abgang aus, den Sie Gerner mal irgendwann wünschen?

Da ich ein großer Fantomas-Fan bin, würde ich es ganz gerne sehen, wenn Gerner mit seiner Yacht in Richtung Sonnenuntergang fährt. Und plötzlich explodiert die Yacht, weil ein Bösewicht eine Bombe dort platziert hat. Und wenn alle denken, Gerner sei tot, sieht man aus dem Meer ein Periskop herauskommen und weiß, dass Gerner sicher in einem U-Boot sitzt (lacht).

Das hört sich interessant an. Ich bin gespannt, ob RTL und UFA Ihnen eine Explosion auf einer echten Yacht spendieren, das dürfte teuer werden.

Ich denke, das macht unserer FX-Abteilung, heutzutage kann man ja alles animieren. Ansonsten frage ich bei den Kollegen von "Alarm für Cobra 11" nach, da habe ich gute Kontakte. Die können mir sicher was in die Luft sprengen (lacht).

Herr Bahro, vielen Dank für das Gespräch!