Erinnern Sie sich an den Moment, in dem Sie gemerkt haben, dass sie Menschen unterhalten können?

Das ist schon lange her, als Kind habe ich schon Zaubershows gemacht und Witze gesammelt. Viele haben meinen Weg wahrscheinlich erst wahrgenommen, als ich im Fernsehen aufgetreten bin. De facto habe ich dafür über 20 Jahre Vorarbeit geleistet und bin entsprechend froh, dass ich eine Art Spätberufener bin, denn ich mache Primetime ja erst seit sieben Jahren. Auf diese Weise hatte ich Zeit zu studieren, das Schreiben zu lernen und Jahrzehnte live auf der Bühne zu stehen. In erster Linie bin ich Bühnenkünstler, da habe ich meine Improvisationsfähigkeit und meine Live-Festigkeit her. Das war eine Schule, die man niemals alleine durch Studiomoderation bekommt.

Viele, die so spät einsteigen, haben sich am Ende für einen Berufsweg entschieden. Sie jedoch haben bis heute geschafft, beides zu verbinden – die Medizin und das Fernsehen.

Manche unken gerne vom "omnipräsenten Hirschhausen". Ich mache zwei Mal pro Jahr "Frag doch mal die Maus", sechs Mal "Hirschhausens Quiz des Menschen" und jetzt neu drei Ausgaben von "Hirschhausens Check-up". Das ist doch keine Dauerpräsenz! Wir leben in einem freien Land und die Leute können umschalten, wenn sie wollen. Es gibt viele Möglichkeiten, seine Abende zu gestalten. Wer mir Dauerpräsenz vorwirft, dem werfe ich vor, dass er dauerpräsent vor dem Fernseher sitzt. Lesen Sie doch mal wieder ein gutes Buch!

Achten Sie dennoch darauf, dass sich Ihre Rolle im Fernsehen nicht abnutzt?

Das Tolle an wissensbasierten Sendungen: die Inhalte wachsen ständig nach, weil Neues entdeckt und erforscht wird. Die Themen gehen mir noch lange nicht aus. Ich habe Lust, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die mit Freude Staunen, Lachen und Werte schaffen. An der Stelle ein großes Dankeschön an das fantastische Team von WDR, SWR und Bilderfest und an meine Außenreporter, Lisa Weitemeier und Niko Wirth. Ich bin in der glücklichen Lage, dass ich dieses Jahr 50 werde und niemandem mehr etwas beweisen muss. Aber natürlich würde ich heute vieles nicht mehr machen, was ich früher gemacht habe.

Ja?

(lacht) Ich habe bei Harald Schmidt und Talkshows ein paar Jacketts getragen, die zu Recht in der Altkleidersammlung gelandet sind.

"Mich interessiert primär nicht, wie viele Leute bei einer Sendung hängen bleiben, sondern: wie viel bleibt bei den Leuten nach der Sendung hängen!"
Eckart von Hirschhausen

Verspüren Sie einen Quotendruck?

Nein. Publizistisch ist das Projekt schon vor der Ausstrahlung ein Erfolg. Der "Stern" druckt zwei große Reporterstücke darüber, von "Morgenmagazin", "Bild am Sonntag" bis Ärzteblatt wird darüber berichtet. Sendungen an ihrem Marktanteil in der werberelevanten Zielgruppe zu messen, ist für jene wichtig, die Werbung verkaufen müssen. Wieso sollte man eine Sendung, die zum ersten Mal läuft und sich 45 Minuten einem gesellschaftlichen Thema widmet, vergleichen mit einer Sendung, die 150 Minuten geht und seit 1999 erfolgreich ist? Das sind Äpfel und Birnen, AHA und ABCD, Sekundenkleber und Haftcreme. Mich interessiert primär nicht, wie viele Leute bei einer Sendung hängen bleiben, sondern: wie viel bleibt bei den Leuten nach der Sendung hängen! Im öffentlich-rechtlichen System sollte es eine Rolle spielen, ob man Relevanz schafft und Impulse gibt, ob man Orientierung liefert, indem man redaktionell gut recherchiert komplexe Themen so vermittelt, dass sie viele Menschen verstehen und emotional erreichen.

Wissen das die Fernsehmacher auch? Es ist ja keineswegs so, dass die Verantwortlichen von ARD und ZDF die Quote außer Acht lassen...

Die werden das hoffentlich lesen und auch so sehen. (lacht) Aber im Ernst: Gerade in Zeiten, in denen das öffentlich-rechtliche System und eine offene Gesellschaft von demokratiefeindlichen Parteien massiv in Frage gestellt wird, wäre es meiner Meinung nach höchste Zeit das, was wir leisten – für diese Demokratie, für die Wissensvermittlung, für die Gesundheitsbildung – viel selbstbewusster zu verteidigen und verfügbar zu halten. Ich arbeite mit an einem Konzept, im Gesundheitsbereich eine Plattform aufzubauen, damit die Zuschauer die ganzen tollen und unabhängigen Inhalte dann gut wiederfinden, wenn sie Fragen haben, unabhängig vom Ausstrahlungstermin. Das ist die Zukunft.

Wenn wir ein paar Jahre in die Zukunft schauen: Wo sehen Sie sich im Fernsehen?

(lacht) Darüber reden wir zu gegebener Zeit. Stefan Raab, Hape Kerkeling – viele haben in meinem Alter aufgehört, da mache ich mir schon mal Gedanken. Ich habe bisher nur Sendungen gemacht, die ich auch selber gucken würde. Und dabei möchte ich gerne bleiben.

Herr von Hirschhausen, vielen Dank für das Gespräch.