Herr Henssler, Vox benötigt gleich acht Köche, um Ihre Nachfolge bei "Grill den Henssler" zu klären. Wie sehen Sie das?

Es hat sich ja angedeutet, dass die Kollegen den Schritt zur ehemaligen "Kocharena" zurückgehen. Aus Sicht des Senders kann ich es nachvollziehen, weil es ein einzelner Nachfolger vielleicht etwas schwer gehabt hätte, vor allem wenn man nur wenig am Konzept ändert. Da muss sich jetzt erst mal wieder jemand herauskristallisieren, von dem man sich vorstellen kann, die Sendung dauerhaft zu übernehmen.

Auch Sie treten bei ProSieben nicht direkt die Nachfolge von Stefan Raab an.

Ich habe das Glück, dass Raab vor fast zwei Jahren seine letzte Sendung gemacht hat. Das ist im Fernsehen eine lange Zeit und macht es für mich sicher ein bisschen einfacher.

Bei Vox waren Ihnen gute Quoten sicher. Warum gehen Sie das Risiko eines Senderwechsels ein, wenn Sie doch eigentlich ein gemachtes Nest haben?

Ich hätte "Grill den Henssler" locker noch zwei, drei Jahre machen können. Aber wenn ich merke, dass mich eine Sache nicht mehr so richtig kickt und ich nicht mehr mit vollem Enthusiasmus dabei bin, dann lasse ich es lieber. Nach dem hundertsten Lammrücken ist man mit der Zeit ein wenig gelangweilt - und weil ich sehr extrovertiert bin, merkt man mir das auch schnell an. Daher war es für mich persönlich an der Zeit, meine Komfortzone zu verlassen. Der Grund, weshalb ich mit "Grill den Henssler" aufgehört habe, war ja nicht "Schlag den Henssler" - mein Entschluss stand schon viel früher fest. Das war viel mehr ein schöner Zufall.

Wer kam denn da auf wen zu?

Es gab schon seit längerer Zeit Gespräche mit ProSieben, weil ich es nicht so spannend fand, immer nur zu kochen. Irgendwann kam dann "Schlag den Henssler" auf den Tisch.

Haben Sie in diesem Moment erst mal geschluckt?

Eine Live-Show am Samstagabend, die den eigenen Namen trägt – was kann es Schöneres geben? Ich wusste sofort, dass ich das machen würde, habe mich aber erst mal geziert, um sicherzugehen, dass alles so sein wird, wie ich es gerne mag. (lacht) Die Show ist zwar nicht für mich erfunden, aber sie ist wie für mich gemacht. Natürlich kann das Ding auch in die Hose gehen, so wie damals beim "Restauranttester", aber ich glaube, dass die Zuschauer diesen Schritt mit mir gehen werden. In anderen Interviews habe ich ja schon mal gesagt, wie gerne ich eine Late-Night machen würde. Da würden sich die Leute allerdings vermutlich fragen, warum der Koch eine solche Sendung macht. Bei "Schlag den Henssler" sehe ich diese Gefahr nicht. Davon abgesehen davon passt die Show zu dem was, ich will: Weniger Sendungen, dafür aber noch etwas wertiger.

"Schlag den Henssler" wird weiterhin von Stefan Raab produziert. Haben Sie sich Ratschläge von ihm geholt?

Wir hatten ein sehr gutes gemeinsames Gespräch, aber ich kann letztlich gar nicht so viel anders machen als Raab. Wenn ich mit dem Auto um die Ecke fahren soll, dann muss ich das eben machen. Vielleicht kommt dann auch mal ein Spruch, den man bei einer Aufzeichnung im Schnitt eher rausgenommen hätte. Ich bin nicht gar nicht sicher, ob ProSieben weiß, worauf die sich mit mir eingelassen lassen haben. (lacht)

"Am Ende des Tages kann ich immer in mein Restaurant gehen und für meine Gäste kochen."
Steffen Henssler

Sie haben es schon angesprochen, es besteht die Gefahr zu scheitern. Woher kommt Ihre Furchtlosigkeit?

Ich habe keine Angst vor Flops. Als ich damals vom NDR zu Vox gegangen bin, um die Nachfolge von Tim Mälzer anzutreten, wurde meine Sendung nach dreieinhalb Monaten abgesetzt. Ich habe also relativ schnell mal richtig einen vor den Karton gekriegt. Inzwischen mache ich mir nicht so viele Gedanken darüber, ob am nächsten Tag bei DWDL steht: "Elf Prozent für Henssler – Desaster!" Damit muss ich leben. Am Ende ist es eben doch nur Fernsehen, es geht nicht um Leben und Tod.

Aber ganz egal ist Ihnen die Quote vermutlich nicht.

Natürlich nicht. Ich mag ich das Spiel und schaue selbstverständlich um 8:30 Uhr auf die Quoten. Das ist wie der Zeugnistag. Aber weshalb sollte ich Angst davor haben? Wenn mich ProSieben irgendwann vor die Tür setzen sollte, dann muss ich mir eben etwas Neues suchen. Am Ende des Tages kann ich immer in mein Restaurant gehen und für meine Gäste kochen.

Wie wichtig ist das Standbein Fernsehen für Sie im Vergleich zum Kochen?

Fernsehen ist nicht unwichtig. Die Restaurants haben durch die TV-Präsenz eine wesentlich höhere Frequenz, speziell durch "Grill den Henssler". Aber es wäre jetzt keineswegs so, dass ich anfangen müsste zu kämpfen, sollte ich mal ein fernsehfreies Jahr einlegen – dafür ist unsere Qualität einfach zu gut. Aus diesem Grund kann ich mir auch erlauben, mit "Grill den Henssler" aufzuhören.

Sehen Sie sich denn auch in fünf Jahren noch im Fernsehen?

Ich glaube schon, denn es macht mir Spaß. Sollte "Schlag den Henssler" gut laufen, wird man sich am Ende des Jahres sicher zusammensetzen und überlegen, ob auch darüber hinaus eine Zusammenarbeit vorstellbar ist. Einen großen Masterplan gibt es allerdings nicht.

Mit einer Late-Night-Show haben Sie bereits kokettiert. Haben Sie schon mal mit ProSieben darüber gesprochen? Da könnten Sie ja theoretisch ein weiteres Mal die Raab-Nachfolge antreten.

Stefan Raab hat von "TV total" aus sein Imperium aufgebaut, ich fange gleich mit der großen Samstagabendshow an. (lacht) Nein, im Ernst: Wir haben lose darüber gesprochen, weil ich wirklich Bock auf Late-Night habe. Aber zunächst muss "Schlag den Henssler" funktionieren. Wenn das nicht klappt, kann ich mir kaum vorstellen, dass noch weitere Sendeplätze auf mich warten.

Was reizt Sie an Late-Night-Shows?

Es ist diese besondere Mischung aus aktuellen Themen, Gesprächen mit Gästen und Spontaneität. In Deutschland ist Late-Night in der Regel sehr satirisch, sarkastisch und extrem politisch. Die Amis zeichnet dagegen oft eine unfassbare Leichtigkeit aus, wie es sie in Deutschland in meinen Augen noch nicht gegeben hat.

In Amerika ist durch Trump allerdings gerade vieles im Wandel. Der Mann der Stunde ist Stephen Colbert, der sich sehr stark gegen den Präsidenten positioniert.

Auch Böhmermann ist oft ja sehr politisch. Ich finde ihn wirklich toll, aber um alle Anspielungen zu verstehen, musst du als Zuschauer rund um die Uhr Twitter offen haben. Bei mir ginge es wahrscheinlich ein bisschen lockerer zu.

Herr Henssler, vielen Dank für das Gespräch.