Sat.1 hatte mit „Der Tag“ doch erst ein Magazin am Vorabend versucht und ist krachend gescheitert. Was ist anders bei „Endlich Feierabend“?

Alles. Die Tonalität ist anders, es wird mehr Show und Infotainment als Magazin. Die Fläche ist größer, also die Sendezeit um 18 Uhr mit 60 Minuten länger, damit wir eine Anlaufstelle für den Feierabend werden können. Die Live-Sendung bekommt eine Doppelmoderation, Gäste und sie wird lockerer als ein durchgetaktetes Magazin mit anmoderierten Beiträgen. Wir sind das Wohnzimmer, auf das man sich nach getaner Arbeit freuen kann.

Kurze Nachfrage beim Thema Magazin: Wie zufrieden sind Sie mit der „Akte“?

Die Kollegen arbeiten hart daran, dass es ihnen wieder häufiger gelingt, mit echten Scoops für Aufmerksamkeit zu sorgen. Für einen Sender der Größe und des Standings von Sat.1 ist es wichtig, ein solches Magazin zu haben.

Aber nochmal zurück zum Vorabend: Neben „Endlich Feierabend“ wollen Sie wieder seriell erzählen?

Richtig. Wir wollen dem Sat.1-Publikum wieder eine tägliche Serie geben. Auch damit legen wir gerade los und machen etwas, was meines Wissens noch keiner gemacht hat: Wir lassen im März Pilot-Episoden von vier verschiedenen täglichen Serien produzieren, mit sehr unterschiedlichen Ansätzen. Eine klassische Telenovela, eine Telenovela mit einer etwas dramatischeren Prämisse, eine Kriminalgeschichte und eine Serie mit einer gehörigen Portion Humor.

Wie kamen Sie auf diese Idee der vierfachen Pilotierung?

Das ist ein Ergebnis der Erfahrungen, die Sat.1 gesammelt hat. Was kann besser zeigen, ob Charaktere und Geschichten wirklich die erhoffte Neugier wecken können, als eine erste Folge? Mit diesem „Pilotprojekt“ können wir sicherstellen, auch wirklich die beste Idee zur neuen täglichen Serie von Sat.1 zu machen, die dann im Herbst starten soll.

Welcher Sendeplatz kommt für die tägliche Serie in Frage?

Da sind verschiedene Konstellationen vorstellbar. Wir wollen uns so frühzeitig noch nicht in die Karten schauen lassen, denn es spielen ja verschiedenen Faktoren eine Rolle. Unter anderem auch, welche der Serien wir letztlich in Auftrag geben werden.

Deutsche Fiction ist erklärtermaßen eine Priorität. Wie sieht es da über den Vorabend hinaus aus?

Im Seriellen haben wir „Einstein“, die zweite Staffel startet in wenigen Tagen. Dann einen gerade fertigen Piloten für „Good Cop, Fat Cop“, der in der Bewertung ist. Und wir pilotieren in den nächsten Monaten noch drei weitere Serien. Zwei Kriminalgeschichten, einmal sozusagen mit Columbo 3.0 im Fokus, also einem total unterschätzten Kommissar. Die andere stellt ein Frauen-Duo auf dem Kiez in den Mittelpunkt – ich will es mal so beschreiben: „Rizzoli & Isles“ trifft „Taffe Mädels“. Und dann gibt es noch eine Familienserie rund um eine Hausmeisterin. Sie sehen, wir haben Lust auf Serie und werden uns den Dienstagabend nicht nehmen lassen. Eine der Neuentwicklungen soll im Herbst kommen, eine weitere dann Anfang 2019.

Wie viel Schadenfreude gehört eigentlich zu Ihrem Job?

Schadenfreude?

Mit einer gezielt platzierten „Fack Ju Göhte“-Wiederholung sind Sie der neuen RTL-Serie ja ordentlich in die Parade gefahren...

Schadenfreude liegt mir hier fern. Ich gehe ja davon aus, dass es bei allen Sendern Kolleginnen und Kollegen gibt, die mit Herzblut an die Arbeit gehen. Ich tue mich grundsätzlich schwer damit, mich zu freuen, wenn jemand anderes auf die Nase fliegt.

Das klingt so diplomatisch. Die Gegenprogrammierung haben Sie ja schon bewusst gewählt.

Natürlich. Aber wir sind doch nicht die ersten, die zum Start eines Formats bei der Konkurrenz gegenhalten. Wir haben lediglich auf die Kampagne der Kollegen – „Den Dienstag übernehmen wir“ – mit dem Signal „Der Dienstagabend gehört uns“ reagiert und einen Kinoerfolg, den Sat.1 übrigens kofinanziert hat, gezeigt. Der Dienstag ist seit über 20 Jahren der Deutsche-Fiction Sendeplatz in Sat1. Den geben wir so leicht nicht auf.

Lässt sich die Bedeutung der deutschen Fiction bei Sat.1 quantifizieren, wenn es eine erklärte Priorität für Sie ist?

Wir werden 2018 so viele Erstausstrahlungen haben, wie zuletzt vor fünf Jahren. Unser Angebot an Filmen – unsere beliebten Romantic Comedys – werden wir mit Filmreihen ergänzen. Hier setzen wir auf Bestseller-Verfilmungen und sind dabei durchaus kantiger und gewagter in der Tonalität, wie im vergangenen Jahr mit „Das Nebelhaus“. Wir starten mit den Beststellern von Michael Tsokos, in denen Tim Bergmann den Titelhelden Dr. Fred Abel spielen wird. Außerdem wollen wir die „Julia Durant“-Reihe von Andreas Franz verfilmen. Eines unserer großen Events in diesem Jahr wird der Zweiteiler „Der Staatsfeind“ mit Henning Baum in der Hauptrolle. Und wir drehen Sebastian Fitzeks „Amokspiel“. All das stärkt unser Ficton-Angebot am Dienstagabend.

Wie sieht es mit US-Serien aus?

Der Montagabend lief gut für uns im vergangenen Jahr. Mit „Lethal Weapon“ und „MacGyver“ haben wir zwei echt starke neue Serien etabliert, die zur besten Sendezeit funktionieren und natürlich beide mit neuen Staffeln wiederkommen. Um 20.15 Uhr sind wir also gut versorgt. Wir werden aber noch im ersten Halbjahr zwei neue US-Serien am späteren Montagabend starten, „Wisdom of the Crowd“ und „Seal Team“.

"Es kommt weniger auf den Einkauf von Formaten an als um die Pflege und den Aufbau der richtigen Köpfe"

Welche Rolle spielt Sport noch für Sat.1? Das ist kein kurzfristiges Thema, weil es an Rechtevergaben hängt, aber vielleicht auf mittelfristige Sicht gesehen?

Wir schauen uns immer alle verfügbaren Rechte an – und natürlich war Sat.1 in der Vergangenheit hier auch immer wieder gut für Überraschungen. Aber die Wirtschaftlichkeit ist bei Sportrechten eben auch ein großes Thema. Deswegen schauen wir mit der Sendergruppe auch immer nach interessanten Rechten abseits der großen fürs deutsche Publikum naheliegenden Wettbewerbe, um auch neue Wege zu gehen. Das ist uns in der Gruppe ja mit American Football hervorragend gelungen. Für Sat.1 haben wir uns die Rechte an der DTM gesichert und werden ab Mai am Wochenende unter der Marke „ran“ viel Rennsport bei uns im Programm haben. Konkret sind das 20 Rennen an zehn Wochenenden.

Letzte Frage: Wenn die Branche nach Cannes fährt bzw. nach Ideen im Ausland sucht – wonach suchen Sie? In welchen Genres würden Sie sich mehr Ideen wünschen?

Ich denke gar nicht so sehr in Genres. Es geht mir immer um die Geschichten, die sich erzählen lassen. Wir brauchen ungewöhnliche Geschichten, die laut sind ohne deswegen unbedingt krawallig zu sein. Also so etwas wie „Hochzeit auf den ersten Blick“. Es geht um eine Prämisse, die auffällt, aber dann auch die Neugier mit Inhalt füllt. Das gilt auch für „Hotel Herzklopfen“. Wir gucken international aber auch immer nach Inspirationen für neue Serien, die wir selbst erzählen könnten. Fiction ist eines der aufwändigsten Genres, da macht es Sinn, sich inspirieren zu lassen. Für den Sonntagabend schaut man natürlich nach den ganz großen Formaten, nach dem Besonderen. Da gab es international aber bekanntlich nicht so viel Auswahl in den vergangenen Jahren. Und wenn es um Comedy geht, zeigt unsere Erfahrung: Es kommt weniger auf den Einkauf von Formaten an als um die Pflege und den Aufbau der richtigen Köpfe, wie wir es mit Luke gemacht haben. Neues holen ist spannend, aber Kontinuität haben und erfolgreiche Formate pflegen und weiterzuentwickeln, ist für uns mindestens genauso wichtig.

Herr Pflüger, herzlichen Dank für das Gespräch.

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