Wenn Bert Habets neulich erklärt hat, dass Fremantle enger mit den eigenen Sendern zusammenarbeiten soll - und Sie stets stolz darauf waren, mit der UFA 70 Prozent des Umsatzes außerhalb der RTL Group zu machen - geht das zusammen?

Das muss zusammengehen, denn wir sind stolz darauf, dass die UFA in Deutschland als unabhängiger Player wahrgenommen wird und für die Öffentlich-Rechtlichen ebenso produziert wie für alle deutschen Privatsender. Die Aussage von Bert Habets ist vor dem Hintergrund zu betrachten, dass Fremantle international aufgestellt ist und ca. 10-15 Prozent seines Gesamt-Umsatzes mit RTL-Sendern/-Plattformen erzielt. Hier gibt es also noch sehr viele Entwicklungsmöglichkeiten. Natürlich liegt mir viel daran, das Programmportfolio bei der Mediengruppe RTL permanent zu verbessern. Das gilt für „Das Supertalent“ wie für „DSDS“, "Sankt Maik“ oder „Gute Zeiten, schlechte Zeiten.“ Wir wollen natürlich auch für TV Now herausragendes Programm produzieren, da haben wir durch erste Meetings einen sehr großen Appetit bekommen. Dennoch bleiben herausragende Produktionen wie „Charité“ oder „Ku’damm 59“ selbstverständlich im öffentlich-rechtlichen Portfolio.  Die UFA bleibt in ihrer Partnerwahl unabhängig und unvoreingenommen.


 
Wie konkret sind die Gespräche über UFA-Produktionen für TV Now?

TV Now hat als neue Plattform unendliche Chancen. Es geht um alle Genres, wir reden über Factual, wir reden über Show, über Kinderprogramm und Highend-Fiction. Ich bin da wirklich elektrisiert von den Möglichkeiten, die auch RTL Group-CEO Bert Habets so begeistern. Mit der Neuaufstellung von TV Now ist auch innerhalb der Mediengruppe RTL die Neugier in einer größeren Vielfalt an Genres gegeben, so dass man mit gewissen Programmen nicht automatisch woanders hingehen muss. Und kämen wir heute noch einmal mit „Deutschland83“ zu RTL, dann wäre es sicherlich eine Ko-Produktion für TV Now geworden. Aber anderseits: „Charité“, um ein anderes erfolgreiches Beispiel unseres Hauses zu nennen, war eben wie gemacht für die ARD.

Gehören fiktionale Produktionen zum Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks?

Über die Rolle unterhaltender Programme wird gerade ja wieder aktiv diskutiert.

„Charité“ und die hohen Einschaltquoten der ersten Staffel sind ein Ausdruck dessen, was öffentlich-rechtliches Fernsehen bewegen kann. Im Durchschnitt lag die Serie in der linearen Ausstrahlung bei über sieben Millionen Zuschauern, die sich mit Geschichte unterhalten lassen wollten und dazu kommen noch die Online-Abrufe im Millionenbereich. Das ist für mich auch angesichts andauernder Debatten über die Legitimation von Unterhaltung beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen ein Paradebeispiel dafür, welchen Beitrag fiktionale Serien zum öffentlich-rechtlichen Auftrag liefern können. Das gilt auch und insbesondere für „Ku’damm“, das Programm hat in der ZDF Mediathek die höchsten Abrufzahlen für das Jahr 2018 erzielt. Und ich habe auch Christine Strobl von ganzem Herzen gratuliert zu dem unglaublichen Erfolg von „Babylon Berlin“ im Ersten nach der Ausstrahlung bei Sky. Ich hätte nicht gedacht, dass solche Zahlen mit einem solch riskanten Projekt möglich sind, jetzt gibt der Erfolg der ganzen Branche Mut: Wir können radikaler werden, wenn wir nur wollen. Das Publikum ist da. Es hat Lust auf außergewöhnliche Projekte.

Also alles halb so schlimm mit Netflix und Co.?

Meine Laune ist bestens, ich bin sehr zufrieden mit der Entwicklung der UFA und dem zurückliegenden Jahr: Die Konsequenz mit der „Ku’damm 59“ sich noch einmal neu erfunden hat, glücklich bin ich mit der gerade erfolgreich geendeten „Supertalent“-Staffel; ich fand auch „X Factor“ hervorragend produziert. Die Jury-Zusammensetzung von „Deutschland sucht den Superstar“ macht mich äußerst zuversichtlich für die neue Staffel. Auch Deutschlands erfolgreichstes Daily Drama „GZSZ“ ist unter Führung von Produzentin Petra Kolle heute wichtiger für RTL als je zuvor. Und im Kino geht „Der Junge..“ im wahrsten Sinne an die frische Luft: nämlich durch die Decke! All das mündete in ein wirtschaftlich sehr starkes Jahr 2018. Ich bin sehr stolz auf mein Team - 2019 gehen z.B. unsere RTL-Serien „Sankt Maik“ und „Beck is back!“ weiter, „Ein starkes Team“ feiert 25-jähriges Jubiläum und „Donna Leon“ läuft mit der 25. Folge. Hervorzuheben sind auch unsere Erfolge im Factual-Bereich: Das inhaltliche Engagement bei Programmen wie „Hartz und herzlich“ ist enorm.

Und im Februar kommt auch das eben angesprochene „Charité“ zurück.

Und Sie werden sehen, ist eine starke Weiterentwicklung. „Charité 2“ ist fast eine andere Serie geworden, aber wir wollten uns nicht wiederholen, sondern mit einem neu definierten Zeitabschnitt, der in die Zeit des Dritten Reiches ragt, lieber etwas Neues wagen. Ebenso im Februar läuft übrigens auch unser Film „Lotte am Bauhaus“, auf den ich extrem stolz bin. Das Projekt wurde angestoßen von Christoph Stölzl, dem Vater von Regisseur Philip Stölzl, der sich in der Stiftung Bauhaus engagiert hat und schon früh das Jubiläum im Blick hatte. Ich habe ihn damals vor 5 Jahren erst einmal für verrückt erklärt, wer sich das anschauen soll. Aber dann fanden wir bei näherer Betrachtung die Dynamik und Radikalität dieser Bewegung damals relevant und sehr spannend. Für beide Projekte haben wir im Übrigen mit Jana Brandt beim MDR eine kongeniale Partnerin gefunden.

Jetzt haben fiktionale Projekte einen langen Vorlauf. Sprechen wir noch über das, was über 2019 kommen wird und in Entwicklung ist. Können Sie da einen Überblick geben?

Wir gehen einerseits in die Finalisierung der „Siegfried & Roy“-Bücher, im März wird Michael Haneke sein pilotiertes Drehbuch für „Kelwins Buch“ abgeben. In London sitzen wir gerade an der Verfilmung von „Munich“, einem Robert-Harris-Roman. Im Februar fliege ich nach Australien, weil wir dort gemeinsam mit unseren Fremantle-Kollegen an zwei Projekten mit Chris Hemsworths Firma dran sind, über die ich jetzt noch nicht mehr sagen kann. Wir gehen natürlich in die Produktion von „Deutschland89“ und wir arbeiten an der möglichen Fortsetzung von „Ku’damm 59“. Im Frühjahr starten die Dreharbeiten unserer Literaturverfilmungen „Altes Land“ und „Unsere wunderbaren Jahre“. Ich gehe auch davon aus, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis wir die ersten hochkarätigen Aufträge für „Freder Fredersen“ vermelden können. Zusammen mit Ziegler Film und Mythos Film sind wir für Universal in der Endphase der Produktion des Udo Jürgens-Musicals „Ich war noch niemals in New York“, der im Oktober in die Kinos kommen wird. Und Wolf Bauer arbeitet weiterhin mit uns an „Der Medicus 2“.

Jeder fängt ja mal mit anderen Zielen an. Hat der Filmemacher und Regisseur Nico Hofmann seinen Frieden damit geschlossen, diese Vielzahl an Projekten jetzt als CEO der UFA zu betreuen? Man ist ja nicht mehr so nah dran wie einst…

Je länger ich die Geschäftsführung der UFA innehabe, desto mehr spüre ich, dass es der Firma guttut, wenn ich mich immer mehr zurückhalte und anderen die Bühne überlasse. Das hat Wolf Bauer einmal sehr früh zu mir gesagt: Man muss lernen, der Förderung anderer junger Kolleginnen und Kollegen Vorrang zu geben. Und ich glaube, dass ich da einen ziemlich guten pädagogischen Instinkt habe und mich schon früh darum bemüht habe, dass wir in der UFA aber auch durch die Zusammenarbeit mit der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg die nächsten Generationen fördern. Ich bin froh darüber, Talente entdecken und fördern zu können. Wenn man dabei erfolgreich ist, muss man gleichzeitig lernen, sich im Operativen der Produktionen zurückzuhalten. Das ist nicht immer leicht, aber ich habe es in den vergangenen Monaten mühsam gelernt und lerne immer noch.

Herr Hofmann, herzlichen Dank für das Gespräch.