Ich weiß, Sie machen mehr als Magazin-Journalismus. Aber eine Nachfrage trotzdem an Sie als langjährigen Magazinmacher: Hat das Genre noch eine Zukunft oder ersetzt das Netz das Infotainment?

Was im Magazin-Geschäft immer schwieriger wird, sind die Alleinstellungsmerkmale, die man braucht, um sich von dem zu unterscheiden, was jede Minute im Netz zum Beispiel via Social Media angeboten wird. Ich glaube noch immer daran, dass Zuschauerinnen und Zuschauer den qualitativen Unterschied zwischen einem Clip im Netz ohne Quellenangabe und einem recherchierten Beitrag von vertrautem Absender sehen und zu schätzen wissen. Das Problem von Magazin-Journalismus im Fernsehen ist nicht, dass es grundsätzlich schwieriger geworden ist, Themen zu finden. Aber anspruchsvoller Magazin-Journalismus braucht viel Recherche, und die wird selten ausreichend bezahlt. Seriöse Recherche läuft natürlich auch mal ins Leere. Früher konnte man diesen Mehraufwand bei gut bezahlten Produktionen dann querfinanzieren, aber wenn Einzelaufträge in vierstelliger Höhe vergeben werden, gibt es keinen Puffer. Dann bleiben nur noch Themen, die erwartbar und ohne Umwege umsetzbar sind, aber nicht wirklich Einschaltimpulse liefern. Ich bin aber froh sagen zu können, dass wir uns nie zu Ergebnissen haben drängen lassen, die sich nicht durch Recherche belegen ließen.



Sie expandieren jetzt also in die Primetime mit eigenen Formaten aber bleiben im Journalistischen zuhause? Erliegt man nicht irgendwann der Versuchung, andere Genres auszuprobieren?

Wenn ich etwas aus den weniger guten Zeiten gelernt habe, dann ist schnelles Wachstum etwas, das man sich sehr gut überlegen sollte und mit dem eine Firma in jeder Hinsicht Schritt halten muss. Wir haben uns jetzt eine hervorragende Basis erarbeitet, die uns die Luft gibt, viel in die Entwicklung zu stecken und uns deutlich vorzuwagen – in neue Genres und auf neue Plattformen, mit mehr Geduld und Fokus als zuvor. Dieser Versuchung erliege ich sehr gern.

Auf welche Produktionen der vergangenen zehn Jahre sind SIe besonders stolz?

(überlegt) Worauf ich sehr stolz bin, ist die Tatsache, dass ich persönlich mit voller Überzeugung hinter allen Produktionen von Meworks stehen kann und wir nichts Zweifelhaftes machen müssen. Das wiegt mehr als der Stolz auf einzelne Produktionen. Und das ist auch ein Luxus, den ich nur ungerne wieder verlieren würde.

Aber Sie sind ja nicht bei jedem Dreh oder Schnitt dabei. Wenn man dann mal Schlagzeilen über Verfehlungen von anderen Produktionsfirmen liest, wie sicher kann man sich dann sein, das fürs eigene Haus auszuschließen?

Wir sind sehr pingelig und haben intern schon Faktenchecks gemacht, als dieses Wort Fernsehzuschauern noch gar kein Begriff war. Das hat auch etwas mit beruflichem Ethos zu tun. Wie will man arbeiten? Dann geht es um die Qualität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und dem ihnen vermittelten Anspruch des Unternehmens. Wir sind zuerst einmal Journalistinnen und Journalisten und haben immer großen Wert darauf gelegt, dass wir selber ausbilden. Wir kommen in den ersten zehn Jahren auf 25 Volontäre, die dann unseren Standards folgen. Dazu kommen erfahrene Köpfe in den Führungsrollen, die einen verlässlichen Track Record haben. Wenn man alle einschwört und ihnen bewusst macht, welchen Schaden unsaubere Arbeit anrichtet, dann habe ich ein sehr gutes Gewissen.

Wie beurteilen Sie die aktuelle Personalsituation in der Produktionsbranche?

Es wird so unfassbar viel produziert, dass die Personalsituation zum Beispiel hier in Köln durchaus angespannt ist. Aber ich kann eigentlich nicht meckern über die Anzahl und Qualität unserer Bewerber. Vielleicht hilft der gute Ruf unserer kleinen Butze hier dabei. In jedem Fall höre ich aus der Branche mehr Sorgen als ich selber habe, auch weil wir immer lieber Verträge gemacht haben, die nicht an einzelne Formate gebunden waren und wir so mehr personelle Kontinuität haben. Ich habe ein großes Interesse daran, ein organisch wachsendes, stabiles Team zu formen.

Mit dem elementaren Umbruch nach sechs Jahren: Wann war Ihnen denn danach klar, dass das was Sie hier vorhaben, auch dauerhaft funktionieren würde?

Das Gefühl habe ich vielleicht seit zwei oder drei Jahren. Ich sage manchmal: Hätte man mir vor zehn Jahren gesagt, was alles auf mich zu kommt, hätte ich gesagt: „Auf gar keinen Fall mache ich das.“ Rückblickend auf die zehn Jahre aber würde ich jetzt sagen: „Jederzeit wieder!“ Seinen eigenen Regeln zu folgen, bringt zwar auch manche schlaflose Nacht mit sich, aber ist für mich - nachdem ich schon fast alles gemacht habe - die schönste Art Fernsehen zu machen.

Haben Sie abschließend noch einen Wunsch für die Branche?

Ich bin ja nachvollziehbarerweise Fan von Factual Entertainment und groß erzähltem Journalismus. Ich würde mir daher sehr wünschen, dass man Sendeplätze für diese Genres nicht automatisch erstmal als Gelegenheit sieht, niedriger zu budgetieren. Verschiedene Sendeplätze haben verschiedene Budgets, aber Factual oder Journalismus generell als Sparmöglichkeit zu betrachten, ist eine falsche Betrachtung. Die Streamingdienste zeigen uns gerade, wie Highend-Dokumentationen, RealCrime- und Factual-Programme mit ordentlichem Budget genauso Fans generieren können wie z.b. fiktionale Stoffe.

Herr Ebel, herzlichen Dank für das Gespräch.