Herr Krause, 2015 haben Sie gesagt, "Fernsehen wird es immer geben". 2017 haben Sie diese Aussage dazu geändert, "dass das Fernsehen nicht sterbend ist, sondern tot". Was sagen sie jetzt, noch einmal zwei Jahre später?

Das war im Kontext einer Dozententätigkeit, wo ich feststellen musste, dass das Fernsehgerät in der Studenten-WG heute keinen Platz mehr beansprucht. Ich bleibe dabei, dass es Fernsehen immer geben wird. Was ist denn Fernsehen? Fernsehen ist nicht dieses Gerät, auf dem um 20 Uhr die Tagesschau läuft, sondern der Inhalt. Wo und wie der konsumiert wird, ist letztlich eine formale, eine technische Frage. Da bin ich mir sicher: Inhalte wird es immer geben. Ich glaube außerdem, dass das ganz klassische Fernsehen noch eine ganze Weile existieren wird. Davon bin ich alleine deswegen überzeugt, weil viele schon davon überfordert sind, bei Netflix einen Film oder eine Serie aussuchen zu müssen. Damit wird inzwischen mehr Zeit verbracht, als einfach zwei Filme anzuschauen. Da kann man auch gleich Zappen. Das passive Wahrnehmen eines Angebots wird seinen Reiz nicht gänzlich verlieren. Zappen ist doch immer noch eine schöne Reise durch Wahnsinn und zeitgleich Perlentaucherei. Die umfassende Bedeutung wie in den goldenen Zeiten hat das Fernsehen natürlich nicht mehr. Da wurde eben auch viel verschlafen.

Sie haben lange Zeit sehr verpönend reagiert, wenn es um YouTube und das Internet ging – war das die Angst vor Konkurrenz, oder wie würden Sie das heutzutage reflektieren?

Da verlaufen unsere Erinnerungen nicht ganz kongruent. Ich habe das Internet bzw. YouTube nie als Ganzes verpönt. Bestimmte Inhalte sicherlich – klar, das gehört zum Berufsbild. Ob ich jetzt einen YouTuber oder ein Fernsehformat parodiere, ist egal. Da bin ich für Gerechtigkeit. Ich habe keine Angst vor Konkurrenz. Jedes Sendeprodukt findet sein Publikum. Das hat zum Beispiel Netflix früh erkannt und statt der großen Masse, viele Nischen bedient. Ein cleveres und richtiges Modell. Und funktionieren tut es auch noch. Ich denke in Inhalten, nicht in Ausspielwegen. Ob man meine Sendung bei YouTube, in der Mediathek oder im Ersten Deutschen Fernsehen schaut, ist mir zunächst einmal nicht so wichtig. Ich habe also keine Angst davor, dass mich das Internet um die Ecke bringt. Im Gegenteil.

Im Vergleich: Wie viele kreative Ansätze holen Sie sich aus dem Internet, und wie viele aus dem echten Leben?

Ich bevorzuge die echte Welt. Da finde ich echte Menschen und echte Situationen. Echte Inspiration findet man nur dort. Natürlich bin ich als Freund guter Inhalte auch im Internet ein Vielschauer diverser neuer Formate und verfolge, was da so passiert. Klar, das Internet ist als Inspirationsquell sicherlich interessant. Am Ende reflektiert es aber auch nur das echte Leben. Und das war schon vorher da.

"Mein Ehrgeiz nach Popularität ist nicht besonders ausgeprägt."
Pierre M. Krause

Und wie gehen Sie damit um, wenn einfach keine frischen Ideen für die kommende Sendung aufkommen möchten?

Dann mache ich irgendwas, was ich vor 15 Jahren schon gemacht habe. Ich sehe zur Zeit oft Beiträge anderer, wo ich mir denke: „Ach guck mal, das hab ich doch vor zehn Jahren auch schon mal gemacht...“ Nur mit dem Unterschied, dass das damals niemand gesehen hat. Ich meine es gar nicht überheblich, ich denke Wiederholung gehört zum Prinzip des Unterhaltungsgeschäftes. Irgendwann wurde eben jede Esoterik-Messe schon bespielt, jeder Gag schon gedreht. Dann fangen wir eben wieder von vorne an. Oder ich improvisiere. Ich mache im Grunde Jazz ohne Instrumente.

Sie haben also keinen bösen Blick für die Konkurrenz übrig?

Nein. Konkurrenzdenken ergibt für mich keinen Sinn, so funktioniere ich nicht. Ich bin grundsätzlich lieber Kollege als Konkurrent und schätze Klaas und Jan. Die beiden haben hervorragende und wesentlich größere Teams. Wenn da zwischen zwei Aufzeichnungen mal ein Urlaub der Protagonisten fällt, kann man sich dennoch auf gut vorbereitete Shows freuen. Das geht mit meiner Minimal-Ausstattung beim SWR so nicht. Vergleiche sind da also ungerecht. 

Damit abgeschlossen, dass sie nicht den gleichen Bekanntheitsgrad wie ein Klaas Heufer-Umlauf erreichen, haben Sie auch?

Es ist schlicht nicht meine Priorität. Mein Ehrgeiz nach Popularität ist nicht besonders ausgeprägt. Er weicht jedenfalls immer dem Inhaltlichen. Manchmal finde ich es natürlich schade, dass manch guter Inhalt nur einer kleinen Rezipienten-Gruppe dargeboten werden kann. 

Auf der zweiten Seite spricht Pierre M. Krause über einen potenziellen Senderwechsel und tägliche Late-Night in Deutschland.