Frau Maischberger, vor der Sommerpause haben Sie in Ihrer Sendung ein verändertes Konzept mit mehreren Themen pro Ausgabe probiert, jetzt steht erneut "Maischberger. Die Woche" an. Haben Sie keine Lust mehr auf die klassische Talkshow?

Wir sind schon sehr lange Zeit mit dem bisherigen Konzept auf Sendung – und wir waren damit sehr erfolgreich. Allerdings kann man nicht übersehen, dass wir in der ARD drei Sendungen haben, die das Ziel verfolgen, das eine Thema zu besetzen, das in der jeweiligen Wochen am meisten politisch interessiert. Das führt manchmal dazu, dass wir ähnliche oder gar gleiche Themen mit ähnlichen Gästen zu besprechen. Gleichzeitig entwischen uns viele Themen, weil sie sich nicht eignen für eine Sendung, die 75 Minuten lang ist. Diese Beweggründe haben uns dazu gebracht, uns noch einmal zu verändern.

Welche Schlussfolgerungen haben Sie daraus gezogen?

Der Ausgangspunkt der Überlegungen war die Frage, wie wir es schaffen können, aus der Vorgabe, nur ein Thema pro Sendung zu besprechen, herauszukommen. Dadurch ist die Idee entstanden, die Sendung aufzuteilen in ein Solo-Gespräch, ein zweites Gespräch, das sich als Duell oder Duett lösen lässt – vielleicht mit Beteiligung des Publikums – sowie einer Runde von Kommentatoren. Dezidierte, meinungsstarke Journalisten, Publizisten, aber auch Kabarettisten und Wissenschaftler diskutieren die drei oder vier wichtigstem Themen der Woche. Im besten Fall dient gerade dieses Element den Zuschauern zur eigenen Meinungsfindung.

Bislang war explizit von einer Sommer-Staffel die Rede. Wie ist dieser Begriff überhaupt definiert? 

Die Sommer-Staffel umfasst zunächst sechs Folgen, zwei vor der Sommerpause und vier danach. Diese Zeit haben wir uns mit dem WDR gegeben, um zu sehen, ob das, was wir uns in der Theorie ausgedacht haben, auch im Praktischen funktioniert. Es ist ein Test. Die ersten Ergebnisse haben uns sehr positiv überrascht. Wir haben neue Zuschauer gefunden, sehr gute Kritiken bekommen und sind jetzt in den sozialen Medien deutlich präsenter. Außerdem waren sämtliche Gäste sehr angetan und empfanden die Möglichkeit der Einzelgespräche als gute Alternative zu den herkömmlichen Runden.

"Ich lasse mich nicht von denen kirre machen, die sagen, dass man gerade in diesen aufgeheizten Zeiten keine Kontroversen in Talkshows führen sollte."
Sandra Maischberger

Eigentlich erstaunlich, dass es so viele Talkshows gibt, aber kaum Eins-zu-Eins-Gespräche.

Unsere Sendung läuft in der Stunde vor Mitternacht und hat eine Länge von 75 Minuten. Es ist sehr schwer, jede Woche den einen Gast zu finden, der das Interesse der Zuschauer über eine Stunde lang wach hält. Und wer sich für diesen Gast nicht interessiert, der schaltet gar nicht erst ein. 

Vermissten Sie in den letzten Jahren dennoch das Einzelgespräch, so wie Sie es in der Vergangenheit etwa bei n-tv häufig führen konnten?

Ich habe in meiner Karriere schon immer beides gemacht – und auch in der ARD haben wir desöfteren auf Einzelgespräche gesetzt, beispielsweise mit Horst Seehofer oder Sebastian Kurz. Ich würde nicht beides gegeneinander aufwiegen wollen. Der Vorteil einer großen Runde liegt darin, eine breit gefächerte Meinungskonfrontation hinzukriegen. Das finde ich in der heutigen Zeit wichtig, weil sich viele Menschen in Foren oder Blasen bewegen, in denen ihnen niemand widerspricht. Ich lasse mich auch nicht von denen kirre machen, die sagen, dass man gerade in diesen aufgeheizten Zeiten keine Kontroversen in Talkshows führen sollte. Im Gegenteil: gerade heute ist diese Form der direkten Konfrontation immens wichtig. Allerdings machen das Anne, Frank und Maybrit in ihren Sendung eben auch. Deswegen versuchen wir es jetzt mit Einzelgesprächen und kleineren Runden. 

Haben Sie persönlich jemals eine Sendung moderiert, in der am Ende ein Gast einer anderen Meinung war als zu Beginn?

Ich kenne diese Erwartungshaltung, finde sie aber ein Stück weit naiv, wenn ich mir das erlauben kann. Wir laden Menschen ein, die ein gefestigtes Werte- oder Weltbild haben und dieses einem Kontrahenten gegenüber verteidigen. Dass so jemand nach einer Stunde Diskussion einen völlig anderen Standpunkt einnimmt, fände ich eher unglaubwürdig. Punktuell passiert es aber natürlich, dass sich jemand in einer einzelnen Frage überzeugen lässt. Aber unser Ziel ist nicht, im Laufe einer Sendung einen CDU-Menschen zum Grünen zu machen oder einen SPD-Politiker zum AfD-Mann. Wir wollen den Zuschauern zeigen, wie breit das Meinungsspektrum ist. 

Wie verhält es sich bei Ihnen persönlich?

Ich habe meine Meinung durchaus schon geändert. Das passiert allerdings nicht am Ende der Sendung, sondern bereits während der Vorbereitung. Meine Arbeit besteht ja nicht darin, abends für eine Stunde ins Studio zu gehen und das war's. Für mich ist die Vorbereitung der wichtige Teil. Bei manchen Themen habe ich anfangs eine oberflächliche Meinung. Wenn ich dann aber anfange, mich mit den unterschiedlichen Sichtweisen und den Fakten, aber auch mit den Menschen, die es betrifft, auseinanderzusetzen, dann ziehe ich mitunter andere Schlüsse.