Herr Zmeck, wann haben Sie den Entschluss gefasst, als CEO der Mainstream Media AG aufzuhören?

Gottfried Zmeck: Der Entschluss ist seit einem halben Jahr gereift. Das war ein längerer Prozess, der in eine Zeit fällt, in der wirtschaftlich alles im grünen Bereich ist. Dazu kommt die persönliche Sicht: Ich fühle mich noch fit und motiviert, will aber nicht so lange mit dem Aufhören warten, bis jeder sagt: "Warum ist der denn noch da?"

Mussten Sie lange überlegen, ob Sie den Posten antreten wollen, Herr Werner?

Tim Werner: Nein, diese Chance wollte ich mir nicht entgehen lassen. Für mich es ein großer Schritt, ein so großes Team führen zu können, nachdem ich zehn Jahre lang in der zweiten Reihe agiert habe. Auch in dieser Zeit trug ich finanzielle Verantwortung und konnte im Ausland autark agieren. Nun die Gesamtverantwortung zu tragen, ist eine besonders spannende Ausgabe – erst recht, weil die Situation durchaus herausfordernd ist. Für mich geht es jetzt darum, für Kontinuität zu sorgen, aber auch an der einen oder anderen Stelle noch etwas dazuzubringen.


Wie sehen Sie den heutigen Pay-TV-Markt in Deutschland?

Werner: Der Markt ist besser aufgestellt als es öffentlich diskutiert wird. Wir haben es mit stabilen Zahlen zu tun, gerade in unserer speziellen Zielgruppe. Mit Romance TV und dem Heimatkanal besitzen wir starke Brands, die stets im Top-Bereich der Nutzung liegen. Natürlich gibt es, insbesondere in der jüngeren Zielgruppe, durch die neuen OTT-Angebote eine starke Gegenbewegung, aber auch hier haben wir in meinen Augen die richtigen Schritte eingeleitet.

Sie meinen die App "Fernsehen mit Herz", die Sie gerade gelauncht haben.

Zmeck: Das "Fernsehen mit Herz" ist ein ganz wichtiger Schritt, weil es uns die Möglichkeit gibt, unsere Sender im Stile einer Mini-Plattform über die verschiedensten Verbreitungswege anzubieten. Davon erwarte ich mir eine sehr dynamische Entwicklung. 

Werner: Der erste Aufschlag hat bereits sehr gut funktioniert. Gerade haben wir erstmalig unter dem Label "Fernsehen mit Herz" eine Wiesn stattfinden lassen, die von vielen Medien aufgegriffen wurde. Jetzt gilt es, das Angebot in den Markt zu transportieren. Mit dem Sky-Ticket-TV-Stick haben wir schon das erste Device am Start, in den nächsten Wochen sollen weitere folgen, über die das "Fernsehen mit Herz" abonniert werden kann. Das schließt explizit auch die Plattformen ein, mit denen wir im Satelliten- und Kabelbereich schon seit vielen Jahren erfolgreich zusammenarbeiten. 

Wie wichtig sind überhaupt noch die einzelnen Sendermarken, wenn es eine übergeordnete Marke gibt? 

Zmeck: Die Sendermarken besitzen auch in der non-linearen Weg eine wichtige Funktion, weil sie Orientierung und Vertrautheit bieten. Schon mit Brian Sullivan habe ich über die non-lineare Nutzung gesprochen. Die gemeinsame Erkenntnis war, dass die Sender eine Persönlichkeit und eine Aura haben – und unter diesen Gesichtspunkten ist es egal, auf welche Weise sie konsumiert werden. Am wichtigsten ist es daher, die Sendermarken richtig zu führen. 

Werner: Diejenigen, die unsere Sender über die klassischen Wege sehen wollen, werden dies auch weiterhin tun können. Aber es gibt sicher so manchen Zuschauer, der kein großes Senderpaket mit 30 Sendern abschließen möchte, sondern sich vorwiegend für Schlager und deutsche Serien interessiert. Diesen Zuschauern können wir ab sofort eine individuelle Lösung anbieten.

"Unser Vorteil war es stets, dass wir mit unseren Programmen die Mitte der Gesellschaft angesprochen haben – nicht die Ränder, das können andere besser."
Gottfried Zmeck

Wie schwer ist, sich als Einzelkämpfer am Markt zu behaupten?

Zmeck: Diese besondere Stellung als kleines mittelständisches Unternehmen, das nicht in einem Studio-Verbund verankert ist, ist schwierig, da haben Sie recht. So etwas lässt sich auf Dauer auch nur mit unserer besonderen Positionierung aufrechterhalten. Wir sind stark in der heimischen Branche verankert und können uns in diesem Umfeld sehr gut bewegen. Aber natürlich spürt man mit der Zeit auch Grenzen.

Wo haben Sie die festgestellt?

Zmeck: Vor allem in der Verbreitung und Ausweitung auf den internationalen Märkten. Wenn Sie sich die großen internationalen Unternehmen wie Disney oder Turner ansehen, die mit ihren Sendern überall auf der Welt vertreten sind und eigene Produktionen anbieten können, dann merkt man schnell, dass Sie da nicht mithalten können. Diese Grenzen muss man respektieren.

Werner: Allerdings sind wir längst nicht in allen Bereichen Einzelkämpfer. Mit unserer neuen Immobilie in der Betastraße in Unterföhring sind wir unseren Partnern wie Sky oder Vodafone auch räumlich näher als je zuvor. Das ist ein wichtiges Zeichen, auch in Richtung unserer Mitarbeiter, und wir erhoffen uns davon auch in Zukunft sehr viele Synergien. 

Was war in den vergangenen beiden Jahrzehnten die größte Herausforderung? 

Zmeck: Wenn ich 20 Jahre zurückblicke, dann standen wir mehrfach vor der Herausforderung, die Existenz des Unternehmens zu sichern. Ich darf an das Jahr 2002 und die Kirch-Pleite erinnern. Damals konnte bei Premiere das Steuer noch einmal herumgerissen werden. Das war sicher die größte punktuelle Herausforderung. Unser Vorteil war es stets, dass wir mit unseren Programmen die Mitte der Gesellschaft angesprochen haben – nicht die Ränder, das können andere besser.

Heute ist Ihr letzter Arbeitstag als CEO der Mainstream Media AG. Verspüren Sie so etwas wie Wehmut? 

Zmeck: Es ist eine emotionale Komponente dabei, aber Wehmut verspüre ich nicht, zumal ich als Vorsitzender des Aufsichtsrates weiter dabei bleiben werde. Gleichzeitig bin ich immer noch der Hauptaktionär des Unternehmens und daher an der wirtschaftlichen Entwicklung höchst interessiert. Daneben besitze ich noch kleine Investmentfirmen, habe als Unternehmer also auch in Zukunft ausreichend zu tun. 

Herr Zmeck, Herr Werner, vielen Dank für das Gespräch.